Scheidungskosten nicht mehr abziehbar
Hintergrund: Fallen die Kosten eines Scheidungsverfahrens unter das neu eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten?
Zu entscheiden war, ob Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach der Änderung des § 33 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) abziehbar sind.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machte eine Steuerpflichtige u.a. Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Ehescheidungskosten nicht. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Steuerpflichtige Klage, der das FG stattgab.
Entscheidung: BFH lehnt die Auffassung der Vorinstanz ab
Der BFH entscheidet, dass das FG die Scheidungskosten zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt hat. Nach Auffassung des BFH sind Scheidungskosten nach der Änderung des § 33 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Kosten eines Scheidungsverfahrens fallen unter den Begriff "Prozesskosten"
Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG trat mit Wirkung vom 30.6.2013 in Kraft (BGBl 2013 I S. 1809) und ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 - mithin für das Streitjahr 2014 - anzuwenden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG).
Entgegen der Auffassung des FG werden auch die Kosten eines Scheidungsverfahrens von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG erfasst. Denn es handelt sich um Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits. Der Begriff des Rechtsstreits bezeichnet im Allgemeinen die Auseinandersetzung zwischen 2 Parteien oder Beteiligten über ein Rechtsverhältnis in einem gerichtlichen Verfahren. Erfasst wird indes nicht nur das formale, kontradiktorische Verfahren zwischen Privatpersonen (Zivilprozess), sondern jedes gerichtliche Verfahren, insbesondere vor Verwaltungs-, Finanz- und Strafgerichten.
Demzufolge hat der BFH in langjähriger Rechtsprechung die Kosten sowohl einer Ehescheidung als auch von Scheidungsfolgesachen jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten als (Zivil-)Prozesskosten angesehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG abweichend hiervon nur Aufwendungen erfassen wollte, die in den jeweiligen Verfahrensordnungen ausdrücklich als "Prozesskosten", und nur Verfahren einbeziehen wollte, die hierin als "Rechtsstreit" bezeichnet werden.
Keine existenzielle Betroffenheit bei Scheidungskosten
Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG greift das grundsätzliche Abzugsverbot für Prozesskosten nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Prozesskosten für ein Scheidungsverfahren zählen nicht hierzu. Denn ein Ehegatte erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Kosten für ein Scheidungsverfahren sind daher regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, selbst wenn das Festhalten an der Ehe für den Steuerpflichtigen eine starke Beeinträchtigung seines Lebens darstellt.
BFH, Urteil v. 18.5.2017, VI R 9/16; veröffentlicht am 16.8.2017
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