Kein Zufluss von Arbeitslohn bei Schuldübernahme einer Pensionsverpflichtung durch einen Dritten
Hintergrund
A war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A-GmbH. Diese hatte ihm eine Pensionszusage in Höhe von 50 % seiner letzten Vergütung zugesagt. Im Vorgriff auf die von ihm geplante Veräußerung seiner Geschäftsanteile gründete A die B-GmbH mit ihm als alleinigem Gesellschafter und Geschäftsführer. Da der Erwerber der Geschäftsanteile des A, die X-AG, die Pensionszusage nicht übernehmen wollte, vereinbarte A mit der X-AG, dass die Pensionsverpflichtung auf die B-GmbH übergehen sollte. Dementsprechend übernahm die B-GmbH die Pensionszusage des A gegen Zahlung von 467.000 EUR. A stimmte der Übertragung zu. Das FA und das FG werteten die von der A-GmbH an die B-GmbH gezahlte Ablöse für die Übernahme der Pensionsverpflichtung als Zufluss von Arbeitslohn an A und gewährte die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG. A wandte ein, ihm sei kein zu erfassender Vorteil zugeflossen, da er über das Kapital nicht habe verfügen können.
Entscheidung
Der BFH widerspricht dem FG. Die Ablöse ist nicht als Arbeitslohn zu erfassen. Arbeitslohn fließt dem Arbeitnehmer grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs zu, also wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. Mit der Zusage künftiger Leistungen fließt daher Arbeitslohn erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft. Ferner ist ein Zufluss zu bejahen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Auch in diesem Fall wird der Zufluss aber nicht bereits durch das Versprechen des Arbeitgebers herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses Versprechens in der Weise, dass ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Dritten (z.B. auf eine Versicherungsleistung) entsteht. Dementsprechend fließt Arbeitslohn dann zu, wenn - wirtschaftlich betrachtet - der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung stellt, die dieser zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet. Kein Zufluss liegt jedoch vor, wenn der Arbeitgeber eine Versorgung aus erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt. Dann unterliegen erst die späteren geleisteten Versorgungszahlungen der LSt.
Hiervon ausgehend hat weder die dem A erteilte Direktzusage noch die Ablösezahlung der A-GmbH im Rahmen der Schuldübernahme zu einem Zufluss von Arbeitslohn geführt. Denn die A-GmbH erfüllte keinen Anspruch des A, sondern einen Anspruch der B-GmbH aus der vereinbarten Übernahme der Pensionszusage. Durch die Vereinbarung wurde mit Zustimmung des A lediglich der Schuldner der Pensionsverpflichtung ausgetauscht. Die Schuldübernahme führt zu einem Schuldnerwechsel und bewirkt noch keinen Zufluss beim Pensionsberechtigten. Durch die Schuldübernahme wird der Charakter oder der Inhalt der Pensionszusage nicht geändert. A erwarb lediglich einen Anspruch auf die Zahlung der Pension nach der ihm zuvor von der A-GmbH erteilten Zusage.
Der Fall stellt sich wirtschaftlich nicht so dar, als ob die A-GmbH dem A den Betrag zur Verfügung gestellt und dieser ihn zum Erwerb der Zukunftssicherung verwendet habe. Das ergibt sich auch nicht daraus, dass A alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der B-GmbH war. Denn er hatte keine eigene Verfügungsmacht über den an die B-GmbH gezahlten Ablösebetrag. Die B-GmbH schuldete A zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über den Betrag, sondern lediglich die laufenden Pensionszahlungen. Einem weitergehenden Durchgriff durch die B-GmbH, insbesondere die Zurechnung der Verfügungsmacht der B-GmbH bei A, steht die eigene Rechtspersönlichkeit der B-GmbH entgegen.
Die Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage kann allerdings dann zum Zufluss von Arbeitslohn führen, wenn dem Arbeitnehmer das Wahlrecht eingeräumt wird, die Zahlung entweder an sich selbst (gegen Verzicht) oder an einen Dritten gegen Übernahme der Pensionsverpflichtung zu verlangen. Dann kann die in Ausübung des Wahlrechts auf Verlangen des Arbeitnehmers erfolgte Zahlung an eine "Pensions-GmbH" als vorzeitige Erfüllung der Pensionszusage und damit als Zufluss gewertet werden (BFH Urteil vom 12.04.2007 - VI R 6/02, BStBl 2007 II S. 581). Ein solches Wahlrecht hatte A indes im Streitfall nicht.
Der BFH wies den Fall an das FG zurück. Das FG hat zu prüfen, ob in der Ruhegehaltsvereinbarung zwischen A und der A-GmbH möglicherweise eine zum Zufluss führende verdeckte Einlage zu sehen ist.
Hinweis
Bei Übernahme einer Versorgungszusage nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) liegt lediglich ein Schuldnerwechsel und damit für den Arbeitnehmer kein lohnsteuerlich relevanter Vorgang vor (BMF v. 24.7.2013, IV C 3-S 2015/11/10002, BStBl 2013 I S. 1022, Rz. 328). A fiel als alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH zwar nicht in den Anwendungsbereich des BetrAVG. Die befreiende Schuldübernahme durch die B-GmbH war gleichwohl wirksam. Dabei ist es unerheblich, ob die B-GmbH neue Arbeitgeberin des A geworden ist.
Als alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH konnte A wohl weitgehend "faktisch" bestimmen, wie die A-GmbH das Problem beseitigen sollte, dass die Käuferin seiner Geschäftsanteile (X-AG) die Pensionszusage nicht übernehmen wollte. Unter Hinweis auf das Trennungsprinzip lehnt der BFH es jedoch ab, daraus auf ein zu einem Zufluss führendes Wahlrecht auf Auszahlung gegen entsprechenden Verzicht an sich selbst zu schließen.
BFH Urteil vom 18.08.2016 - VI R 18/13 (veröffentlicht am 09.11.2016)
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