Schuldzinszahlungen von einem Ehegatten-Gemeinschaftskonto bei Insolvenz
Hintergrund
Der Ehemann (M) erzielte im Streitjahr 2007 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Ehefrau (F) war geringfügig beschäftigt. Bis März 2006 hatte F einen Einzelhandel betrieben. Am 15.3.1996 war über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nachdem bei der Schlussverteilung in 2008 den gegen F gerichteten Forderungen (1.1 Mio. EUR) keinerlei Verteilungsmasse gegenüberstand, wurde das Insolvenzverfahren im April 2009 aufgehoben.
F machte für 2007 nachträgliche Betriebsausgaben bei ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend, und zwar u.a. Schuldzinsen für verschiedene Bankdarlehen. Drei Darlehen hatten die Eheleute gemeinsam als Gesamtschuldner aufgenommen. Bei drei weiteren Darlehen war M alleiniger Darlehensnehmer gegenüber der Bank. Für diese Darlehen des M hatten die Eheleute intern vereinbart, dass M den Betrag an F als Darlehen weiterreicht.
Die streitigen Schuldzinszahlungen an die verschiedenen Banken erfolgten von einem gemeinsamen Bankkonto der Eheleute, das als Oder-Konto (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis) geführt wurde. Die Darlehenszinsen wurden durch Abbuchung unter dem Namen des M entrichtet. Der Insolvenzverwalter hatte die Zahlungen nicht - auch nicht nachträglich - genehmigt.
Das FA ließ den nachträglichen Betriebsausgabenabzug nicht zu. Das FG bestätigte die Nichtabziehbarkeit damit, F habe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Zinszahlungen mehr im Sinne des Eigenaufwands geleistet und dies nach insolvenzrechtlichen Maßstäben auch nicht wirksam tun können. Demnach seien die Zahlungen von M vorgenommen worden, mit der Konsequenz, dass steuerlich unbeachtlicher Drittaufwand vorliege.
Entscheidung
Die Zinszahlungen auf die von den Eheleuten gemeinsam als Gesamtschuldner aufgenommenen Darlehen sind dem Grunde nach als Betriebsausgaben der F abziehbar, nicht jedoch die Zahlungen auf die von M allein aufgenommenen Darlehen.
F hat durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nicht generell die Befugnis verloren, von ihr getätigte bzw. ihr zurechenbare Aufwendungen als Betriebsausgaben abzuziehen. Aufgrund der Feststellungen des FG ist ein Abzug der Zinszahlungen unter dem Gesichtspunkt eines betrieblichen Eigenaufwands der F nicht möglich. Es fehlt insoweit auf im Innenverhältnis der Eheleute beruhenden entsprechenden Zahlungspflichten und ferner an der Voraussetzung, dass eine tatsächliche Inanspruchnahme wahrscheinlich oder gar sicher ist. Dies schied nach der Vermögenssituation der F aus.
Eine Zurechnung an F kommt lediglich in Bezug auf die von den Eheleuten gemeinsam aufgenommenen gesamtschuldnerischen Darlehen in Betracht. Haben Ehegatten gemeinsam ein gesamtschuldnerisches Darlehen aufgenommen, das den betrieblichen Zwecken nur eines von ihnen zu dienen bestimmt ist, sind die darauf entfallenden Schuldzinsen bei Zahlung von einem Gemeinschaftskonto, zu dessen Guthaben beide Ehegatten beigetragen haben, in vollem Umfang als für Rechnung desjenigen Ehegatten aufgewendet anzusehen, mit dessen Erwerb das Darlehen in Zusammenhang steht. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind (BFH v. 23.8.1999, GrS 2/97, BStBl II 1999, 782; BFH v. 2.12.1999, IX R 45/95, BStBl II 2000, 310). Diese Zurechnungsgrundsätze haben durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der F keine Einschränkung erfahren. Das gilt auch dann, wenn man aufgrund eventueller Absprachen unter M und F über die Veranlassung bzw. Autorisierung der Abbuchungen zu dem Ergebnis kommen müsste, dass die Schuldzinszahlungen von dem Oder-Konto der Eheleute unwirksam wären. Denn die Beteiligten haben das wirtschaftliche Ergebnis jedenfalls bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO). Auf Seiten des M bedurfte es keiner über die Einrichtung und Führung des Ehegatten-Oder-Kontos hinausgehenden Betätigung seines "Drittleistungswillens". Die im Streitjahr erfolgten Abbuchungen für gemeinschaftliche Zinsschulden der Ehegatten sind einkommensteuerrechtlich F zurechenbar.
Das FG hat allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, die die Ermittlung etwaiger Überentnahmen i.S. von § 4 Abs. 4a EStG ermöglichen. Diese können auch dann den Abzug von an sich der betrieblichen Sphäre zuzuordnenden Schuldzinszahlungen beschränken, wenn es sich bei den Aufwendungen um nachträgliche Betriebsausgaben handelt.
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses wird festzustellen haben, zu welchem Zeitpunkt die Betriebsaufgabe der F bzw. ab wann ein eventueller Übergang zur Liebhaberei erfolgt ist und ob in Bezug auf die drei gemeinsamen Darlehen möglicherweise Investitionsdarlehen i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG vorliegen.
Hinweis
Hinsichtlich der von M allein aufgenommenen Darlehen hat das FG die Klage zu Recht abgewiesen. Eine Zurechnung der Schuldzinszahlungen an F kommt weder unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Zahlungswegs noch unter dem Aspekt des abgekürzten Vertragswegs in Betracht. M hat nicht im Einvernehmen mit F deren Schuld getilgt bzw. für Rechnung der F an deren Gläubiger gezahlt. Denn M war alleiniger Darlehensnehmer und Schuldner der geleisteten Zinszahlungen. Durch die Abbuchungen wurden ausschließlich seine eigenen Verbindlichkeiten beglichen. M war auch nicht im Rahmen eines echten oder unechten Vertrags zugunsten Dritter in die Darlehensvereinbarung einbezogen.
BFH, Urteil v. 3.2.2016, X R 25/12, veröffentlicht am 16.3.2016
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