Umsatzsteuerbare Leistungen eines Sportvereins
Hintergrund
Streitig war die Aufteilung der Vorsteuerbeträge eines Sportvereins. Ein gemeinnütziger Radsportverein überließ Sportanlagen an Vereinsmitglieder. Neben den Mitgliedsbeiträgen vereinnahmte der Verein Pachterträge sowie Entgelte für die Durchführung sportlicher Veranstaltungen und aus kommerzieller Werbung. Darüber hinaus erhielt er Zuschüsse von Dachverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie Spenden.
Der Verein war der Auffassung, die Mitgliedsbeiträge unterlägen dem ermäßigten Steuersatz. Die Vorsteuerbeträge seien mit Ausnahme geringer Beträge, die auf steuerfreie Umsätze (Wettkämpfe, Veranstaltungen) entfielen, abziehbar. Sie seien wegen der erhaltenen Spenden und Zuschüsse nicht zu kürzen. Demgegenüber wies das FA darauf hin, es handele sich mangels Leistungsaustauschs um nicht steuerbare echte Mitgliedsbeiträge und die Spenden und Zuschüsse fielen in den nichtunternehmerischen Bereich.
Das FG widerspricht dem FA. Es gewährt den beantragten Vorsteuerabzug und gab der Klage statt.
Entscheidung
Mit dem FG geht der BFH davon aus, dass der Verein seinen Mitgliedern steuerbare Leistungen erbracht hat. Denn ein Verein, der den Mitgliedern Sportanlagen zur Verfügung stellt, erbringt entgeltliche Leistungen, die die Mitglieder durch ihre Jahresbeiträge vergüten. Der BFH stellt sich damit gegen die Verwaltungsauffassung, nach der es bei echten Mitgliedsbeiträgen an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4. Abs. 1 USt-Anwendungserlass).
Sodann weist der BFH auf die Steuerfreiheit sportlicher Veranstaltungen gemeinnütziger Einrichtungen hin, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Diese Regelung widerspricht zwar dem Unionsrecht. Die unionsrechtliche Steuerfreiheit kommt allerdings nur zur Anwendung, wenn sich der Steuerpflichtige darauf beruft. Sie erfasst aber nicht bloße organisatorische Maßnahmen eines Vereins, die es aktiven Sportlern ermöglichen, Sport zu treiben.
Der BFH weist ferner darauf hin, dass steuerbare Leistungen eines Vereins durch Entgelte Dritter vergütet werden können. Subventioniert die öffentliche Hand Sportvereine, die steuerbare Leistungen gegenüber ihren Mitgliedern als Leistungsempfänger erbringen, kann es sich um ein Drittentgelt handeln, für das der Verein leistender Unternehmer ist. Davon kann z.B. dann auszugehen sein, wenn die Mitgliedsbeiträge im Hinblick auf die Zuwendungen Dritter nicht kostendeckend kalkuliert sind.
Erbringt ein Sportverein gegenüber seinen Mitgliedern steuerbare und - mangels Berufung auf das Unionsrecht - steuerpflichtige Umsätze durch die Überlassung von Sportanlagen, unterliegen diese Leistungen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie im Rahmen eines Zweckbetriebs erbracht werden. Eine begünstigte Vermögensverwaltung gemeinnütziger Sportvereine unterlag daher nach bisheriger Praxis dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 14 AO). Unter Hinweis auf das Unionsrecht legt der BFH den Begriff der Vermögensverwaltung für die USt nunmehr einschränkend dahin aus, dass es sich um nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten handeln muss. Damit ist die entgeltliche Überlassung an Mitglieder (z.B. auch in Form eines Mitgliedsbeitrags) nach nationalem Recht keine Vermögensverwaltung. Sie unterliegt daher dem Regelsteuersatz. Bei Berufung auf das Unionsrecht ist jedoch auch die Überlassung von Sportanlagen durch Einrichtungen ohne Gewinnstreben steuerfrei, so dass sich die Frage nach dem Steuersatz erübrigt.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat noch zu prüfen, in wieweit teilweise steuerfreie Leistungen vorliegen (Teilnahme an Wettkämpfen usw.) und ob die Zuwendungen und Spenden als Entgelt (Drittentgelt gegenüber den Vereinsmitgliedern oder auch Entgelt gegenüber dem Zuwendenden) zu erfassen sind. Schließlich hat das FG noch zu prüfen, ob die Leistungen des Vereins dem Regelsteuersatz oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Hinweis
Das BFH-Urteil ist nur für die Sportvereine bedeutsam, die ihre gegen Beitragszahlung erbrachten Leistungen versteuern (wollen), um dann auch den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können. Über den Sportbereich hinaus kann das Urteil auch dazu führen, dass steuerpflichtige Leistungen, die steuerbegünstigte Körperschaften - z.B. bei der Gestattung der Namensnutzung zu Werbezwecken oder als Duldungsleistungen - an Sponsoren erbringen, nunmehr dem Regelsteuersatz unterliegen.
Urteil v. 20.3.2014, V R 4/13, veröffentlicht am 23.7.2014
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