Hintergrund
Die A-GmbH u. Co.KG betreibt ein Bauunternehmen. Alleiniger Kommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war ursprünglich A. In 1998 übertrug A 90 % seines KG-Anteils sowie 25 % seiner GmbH-Anteile unentgeltlich auf seinen Sohn B. Das von A an die KG vermietete Betriebsgrundstück wurde im Sonderbetriebsvermögen des A erfasst. Es wurde nicht (teilweise) mitübertragen. Die A-KG führte die Buchwerte unverändert fort. In 2011 übertrug A das Betriebsgrundstück unentgeltlich auf die G-KG, an der er allein beteiligt ist.
Das FA ging davon aus, wegen der Übertragung des Betriebsgrundstücks an die G-KG in 2011 sei die Übertragung des Mitunternehmeranteils auf B nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert möglich. Wegen der Grundstücksübertragung in 2011 seien rückwirkend in 2008 die stillen Reserven in dem auf B übertragenen KG-Anteil zu besteuern. Eine Buchwertfortführung sei nur dann möglich, wenn das zurückbehaltene Wirtschaftsgut von dem Übertragenden innerhalb einer - aus § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG abzuleitenden - Frist von 5 Jahren nicht aus dem Betriebsvermögen entnommen oder veräußert werde. Dem widersprach das FG und gab der Klage mit der Begründung statt, die Behaltefrist lasse sich der Regelung nicht entnehmen.
Entscheidung
Der BFH bestätigt die Auffassung des FG. Die spätere Übertragung zurückbehaltener Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens steht der Buchwertprivilegierung für die unentgeltliche Übertragung (Schenkung) des Teilmitunternehmeranteils nicht entgegen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG erfolgt die Übertragung des Teilmitunternehmeranteils zum Buchwert auch dann, wenn der bisherige Betriebsinhaber (Mitunternehmer) Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von 5 Jahren nicht veräußert oder aufgibt. Die Übertragung des 90 %-Anteils wurde danach zwingend zum Buchwert durchgeführt.
Das Buchwertprivileg entfällt nicht rückwirkend dadurch, dass zurückbehaltenes Sonderbetriebsvermögen später in ein anders Betriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert überführt wird. Das lässt sich weder dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG noch der Gesetzessystematik entnehmen. Hätte der Gesetzgeber den Buchwertansatz unter die Bedingung stellen wollen, dass das zurückbehaltene Wirtschaftsgut zumindest für die nächsten 5 Jahre im Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft verbleibt, hätte es nahegelegen, dies durch eine Behaltefrist sicherzustellen. Das ist jedoch nicht geschehen. Der BFH verweist dazu auf seine bisherige Rechtsprechung (Urteile v. 2.8.2012, IV R 41/11, DStR 2012 S. 2118, und v. 9.12.2014, IV R 29/14, DStR 2015 S. 211). Er sieht - trotz des Nichtanwendungserlasses des BMF (Schreiben v. 12.9.2013, BStBl 2013 I S. 164) - keinen Grund, von dieser Auslegung abzuweichen.
Hinweis
Die bisherige Rechtsprechung weicht von der Verwaltungsanweisung des BMF v. 3.3.2005, (BStBl 2005 I S. 458, Tz. 7) ab. Auf das erwähnte Urteil v. 2.8.2012, IV R 41/11 (DStR 2012, 2118) hat das BMF mit dem o.a. Nichtanwendungserlass reagiert und bestimmt, dass die bisherige Verwaltungsanweisung weiterhin anzuwenden ist. Danach soll die gleichzeitige Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 einerseits und nach § 6 Abs. 5 andererseits nicht möglich sein. Nachdem der BFH in dem aktuellen Urteil seine bisherige Auffassung erneut bestätigt hat, dürfte das BMF an seiner Auslegung nicht mehr festhalten. Allerdings kündigt sich möglicherweise eine Gesetzesänderung an.
BFH, Urteil v. 12.5.2016, IV R 12/15, veröffentlicht am 6.7.2016
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