Teilwertabschreibungen auf Aktienanleihen sind nicht nach § 3c Abs. 2 EStG zu kürzen
Erwerb von Aktienanleihen
Die Klägerin erwarb am 14.7.2011 eine Aktienanleihe im Nennwert von 450.000 EUR zum Kurswert von 84 % (= 378.000 EUR). Als Basiswert diente eine Aktie, deren maßgeblicher Basiskurs am Bewertungsstichtag bei 20,53 EUR je Aktie lag. Vereinbart war ein Zinssatz von 7,4 %, die Aktienanleihe war zum 20.7.2012 endfällig.
Während sich der Kurswert der Aktie zum Zeitpunkt des Anleihekaufs auf 20,89 EUR je Aktie belief, fiel der Kurs in der Folgezeit. Am 31.5.2012 belief sich der Börsenschlusswert auf 12,10 EUR je Aktie; im Zeitpunkt der Endfälligkeit am 20.7.2012 betrug der Börsenschlusswert nur noch 10,60 EUR je Aktie. Die Emittentin der Anleihe übte schließlich im Hinblick auf die Entwicklung des Börsenkurses ihr Tilgungswahlrecht aus und lieferte zum 20.7.2012 insgesamt 18.090 Aktien zum Kurswert von 10,525 EUR je Aktie an die Klägerin. Der Wert der Aktien belief sich auf insgesamt 190.397,25 EUR. Im Vorgriff auf diese Abwicklung der Aktienanleihe nahm die Klägerin zum 31.5.2012 eine Wertberichtigung auf Wertpapiere in Höhe von 187.602,75 EUR (378.000 EUR abzüglich 190.397,25 EUR) vor.
Teilwertabschreibung für die Aktienanleihe
Nach einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Teilwertabschreibung dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG unterfällt, sodass sich nur 60 % gewinnmindernd auswirken dürfen. Das FG entschied, dass das Finanzamt die Teilwertabschreibung auf die Aktienanleihe zu Unrecht dem Teilabzugsverbot unterworfen hatte. Das Amt hat den Anwendungsbereich der Norm nach Auffassung des Gerichts überdehnt, indem es einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Teilwertabschreibung und möglichen späteren Einnahmen aus der Aktie gemäß § 3 Nr. 40 EStG bejaht hatte. Nach Gerichtsmeinung ist die Teilwertabschreibung vielmehr vorrangig durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst, denn Einkünfte aus einer Aktienanleihe unterfallen nicht der Regelung des § 3 Nr. 40 EStG
Aktienanleihen als Finanzinstrument
Aktienanleihen sind börsennotierte Inhaberschuldverschreibungen mit einem Tilgungswahlrecht des Emittenten bei Endfälligkeit – es handelt sich um festverzinsliche Wertpapiere. Am Ende der Laufzeit steht dem Anleger grundsätzlich – wie bei regulären festverzinslichen Anleihen auch – der Nominalbetrag zu. Wenn jedoch zu einem festgelegten Stichtag am Ende der Laufzeit der Basiswert der Aktie einen bestimmten Wert unterschreitet, besitzt der Emittent das Recht, anstelle des Nominalbetrags eine vertraglich festgelegte Anzahl der unterlegten Aktie zu liefern. Als Ausgleich für dieses eingegangene Risiko erhält der Anleger – wie im Urteilsfall – einen deutlich über dem Marktzins liegenden Anleihezins. Finanzökonomisch setzt sich die Aktienanleihe aus einer Anleihe und einer Verkaufsoption auf Aktien zusammen, die nur einheitlich gehandelt werden können. Die Aktienanleihe wird deshalb zu den sogenannten echten strukturierten Finanzinstrumenten gerechnet.
Hessisches FG, Gerichtsbescheid v. 27.12.2018, 10 K 688/16
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