Haftung nach § 13c UStG bei Geldeingängen auf Kontokorrentkonto
Die insolvente D-GmbH unterhielt bei der A-Bank (Klägerin) drei Kontokorrent- und ein Avalkonto. Die Bruttoforderungen aus diversen Ausgangsrechnungen aus dem Haftungszeitraum hatte die D-GmbH einzeln an die A-Bank abgetreten. Im Rahmen der Abtretungen waren auf dem Hauptkonto diverse Zahlungen eingegangen. Das Hauptkonto war zu dieser Zeit deutlich im Minus.
Haftung einer Bank für Steuerschulden einer GmbH
Das Finanzamt nahm die A-Bank nach § 13c UStG für Steuerschulden der D-GmbH in Haftung und begründete dies mit der deutlich überschrittenen Kreditlinie der D-GmbH. Zudem scheine die Klägerin auf die Verwendung der eingegangenen Geldbeträge Einfluss genommen zu haben, denn die Betriebsausgaben hätten nur noch beglichen werden können, wenn zuvor eine Umbuchung von Einnahmen zwischen den Konten erfolgt sei.
Die A-Bank wandte sich gegen den Haftungsbescheid und vertrat die Auffassung, dass diese Dauer-Kontoüberziehung über mehrere Monate hingenommen worden sei und deshalb eine konkludente Kreditrahmengewährung darstelle. Die D-GmbH hätte somit weiterhin über die eingegangenen Gelder verfügen können, eine haftungsbegründende Vereinnahmung durch die Bank läge daher nicht vor.
Voraussetzung für die Haftung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Denn wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, hier die Klägerin als Abtretungsempfängerin von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 13c UStG, kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG ordnet eine Haftung des Zessionars für eine Steuerschuld des Zedenten an. Die Haftung greift unter weiteren Voraussetzungen u. a. dann, wenn der Abtretungsempfänger Gelder aus den abgetretenen Forderungen erhalten bzw. vereinnahmt hat.
Differenzierung bei Konotkorrentkonto
Bei auf einem Kontokorrentkonto eingehenden Gutschriften ist wie folgt zu differenzieren:
- Solange der abtretende Unternehmer aufgrund der Kreditvereinbarung (vereinbarte Überziehung) nicht daran gehindert ist, frei über den gutgeschriebenen Betrag zu verfügen, liegt noch keine haftungsbegründende Vereinnahmung durch den Zessionar vor.
- Ist die Kreditlinie hingegen bereits überschritten und kann das Kreditinstitut weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen, ohne dass dieser einen Rechtsanspruch auf eine eigene Verfügungsbefugnis hat, so ist demgegenüber von einer Vereinnahmung auszugehen.
Der Gesetzeswortlaut setzt für eine Inanspruchnahme mittels Haftungsbescheid nicht voraus, dass seitens der Bank eine endgültige Vereinnahmung der Beträge erfolgt ist. Soweit die Bank nach Eingang von abgetretenen Beträgen weitere Verfügungen über das Konto – trotz der rechtlich bestehenden Möglichkeit – nicht verhindert, so ändert dies nach Auffassung des Gerichts nichts daran, dass die Beträge zunächst von der Bank vereinnahmt worden sind.
Haftungstatbestand des § 13c UStG
Es besteht dem Grunde nach Einigkeit darüber, dass der Haftungstatbestand des § 13c UStG grundsätzlich alle Formen der Abtretung oder Pfändung umfasst. Insbesondere fällt unter § 13c UStG die Abtretung bestimmter künftiger Forderungen aus bestehenden Geschäftsverbindungen zugunsten eines Dritten in Zusammenhang mit Waren- oder Bankkrediten. Hauptfälle der Abtretung künftiger Forderungen sind u. a. die Sicherungsabtretung zugunsten eines Kreditgebers, einschließlich der sog. Globalzession (vgl. Abschn. 13c.1 Abs. 3 UStAE). Dem steht nicht entgegen, dass die Abtretungen im Streitfall nicht offengelegt wurden, da § 13c UStG auch im Falle der stillen Zession anzuwenden ist.
Rolle des Kreditrahmens
Das Finanzgericht verweist darauf, dass es die Bank selbst in der Hand hat, ob sie trotz Überschreitung des Kreditrahmens noch weitere Verfügungen des Schuldners duldet. Sie wird dies (natürlich) nur zulassen, wenn sie sich – insbesondere aufgrund von Erkenntnissen zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Kontoinhabers – hiervon per Saldo einen Vorteil verspricht. Gibt sie dadurch solche Beträge wieder aus der Hand, über die sie eigentlich hätte verfügen können, handelt sie womöglich zu Lasten anderer Gläubiger (insbesondere des Finanzamts). Sie hätte nämlich, um einer eigenen Haftung zu entgehen, auch die Möglichkeit gehabt, mit den „vereinnahmten Geldern“ Zahlungen auf die Steuerschuld des Abtretenden vorzunehmen (vgl. § 13c Abs. 2 Satz 4 UStG). Eine Erweiterung des Kreditrahmens könnte dazu führen, dass die Bank insoweit nicht nach § 13c UStG haftet.
Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat für vergleichbare Fälle in Abschn. 13c.1 Abs. 25 UStAE eine Vereinfachungsregelung getroffen. Danach ist nur insoweit von einem Entzug der Verfügungsbefugnis über eingehende Beträge durch das kontoführende Unternehmen auszugehen, als das Konto des leistenden Unternehmers den vereinbarten Kreditrahmen auch nach der Gutschrift des Forderungseingangs um 15 % überschreitet; nur insoweit muss der leistende Unternehmer davon ausgehen, dass er über den gutgeschriebenen Betrag nicht mehr verfügen können wird.
Revisionverfahren beim BFH anhängig
Ob der BFH im Revisionsverfahren, Az beim BFH V R 16/20, die Bank doch noch aus der Haftung entlässt, bleibt abzuwarten.
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