Verbilligte Überlassung von GmbH-Anteilen als Arbeitslohn
Hintergrund
A war Geschäftsführer der X-GmbH. An der X-GmbH waren die Y-GmbH und u.a. auch A beteiligt. In 2000 gründete A die H-GmbH und übernahm deren Stammkapital in voller Höhe. Gegenstand der H-GmbH war das Halten von Beteiligungen und die Ausübung von Leitungsfunktionen. A brachte seine bisher im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der X-GmbH in die H-GmbH ein. In der Folge verhandelte A mit der Y-GmbH über den Erwerb weiterer Geschäftsanteile an der X-GmbH. In 2003 erwarb die H-GmbH von der Y-GmbH einen weiteren Geschäftsanteil von 10 % an der X-GmbH.
Das FA ging aufgrund eines Wertgutachtens davon aus, der tatsächliche Wert des von der H-GmbH erworbenen 10 %-Anteils an der X-GmbH habe erheblich über dem vereinbarten Kaufpreis gelegen. Das FA sah in der verbilligten Überlassung eine Lohnzahlung an A und setzte entsprechende Einkünfte des A aus nichtselbständiger Arbeit fest. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, der H-GmbH sei aufgrund ihrer Eigenschaft als Mitgesellschafterin der X-GmbH ein von dem Arbeitsverhältnis des A bei der X-GmbH unabhängiges eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Aufstockung ihrer Beteiligung zuzubilligen.
Entscheidung
Arbeitslohn kann auch bei Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Ist dies der Fall, kann auch die Zuwendung an einen Dritten als Arbeitslohn des Arbeitnehmers anzusehen sein. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewährt wird. Ob das vorliegt, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung anhand der wesentlichen Umstände des Einzelfalls.
Das FG hat die Anforderungen, die an die Feststellung des erforderlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Vorteil und Dienstverhältnis bei Drittzuwendungen zustellen sind, überspannt. Der Veranlassungszusammenhang muss bei Drittzuwendungen nicht "eindeutiger" sein als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber. Das FG hat folgende Indizien für eine Veranlassung durch das Dienstverhältnis nicht gewürdigt:
- Die Y-GmbH hat den Erwerb von Anteilen der X-GmbH nur deren Angestellten und der H-GmbH - als einer von einem Geschäftsführer der X-GmbH beherrschten Gesellschaft - angeboten.
- Nach den vertraglich vereinbarten Andienungsrechten und Veräußerungspflichten der H-GmbH waren die Übertragung und das Halten der Beteiligung an der X-GmbH vom Fortbestehen des Arbeitsvertrags des A bei der X-GmbH abhängig.
- Für A bestand kein Verlustrisiko.
- Es bestand (was das FG allerdings nicht festgestellt hat) möglicherweise ein großer Wertunterschied zwischen Kaufpreis und Verkehrswert, was - entgegen der Auffassung des FG - zunächst die Vermutung für das Vorliegen von Arbeitslohn rechtfertigt.
Der BFH verwies den Fall an das FG zurück. Dieses hat Feststellungen zu der Höhe der Verbilligung sowie zum Anlass und zu den Begleitumständen des Geschäftsanteilserwerbs nachzuholen. Sollte die Y-GmbH der von A beherrschten H-GmbH den verbilligten Erwerb nicht aus im Dienstverhältnis des A (dann Zuwendung von Drittlohn), sondern aus im Gesellschaftsverhältnis zur X-GmbH wurzelnden Gründen gewährt haben, wäre eine Einlage der Y-GmbH in die X-GmbH anzunehmen.
Hinweis
Arbeitslohn wird im Regelfall durch den Arbeitgeber gezahlt. Die Zahlung durch einen Dritten stellt eine Ausnahme dar. Daraus kann jedoch - entgegen der Auffassung des FG - nicht der Schluss gezogen werden, bei Drittzuwendungen sei im Gegensatz zu Zuwendungen durch den Arbeitgeber, ein "eindeutiger" Veranlassungszusammenhang erforderlich. Die Veranlassung ist in beiden Fällen nach gleichen Kriterien zu prüfen. Entscheidend ist, ob sich der Vorteil als "Frucht" der nichtselbständigen Arbeit darstellt. Das ist anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Indizien durch Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Anforderungen an die Feststellung des erforderlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Vorteil und Dienstverhältnis bei Drittzuwendungen dürfen nicht überspannt werden.
BFH, Urteil v. 1.9.2016, VI R 67/14, veröffentlicht am 9.11.2016
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