Vergütung für nebenberufliche Fahrer im Bereich der Altenhilfe

Fraglich ist, ob Vergütungen für nebenberuflich tätige Fahrer einer gemeinnützigen Einrichtung im Bereich der Altenhilfe nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sind.

Beispiel: Nebenberuflicher Fahrer für ein Seniorenzentrum

A ist nebenberuflich Fahrer für ein Seniorenzentrum, welches teilstationäre Tagespflege für ältere Menschen anbietet, welche in der Regel über 75 Jahre alt sind und größtenteils in Pflegestufen eingestuft sind. Teil der zu erbringenden Leistungen ist die notwendige Beförderung der Nutzer von der Wohnung zur Einrichtung und zurück. Die Fahrten werden von einem Fahrer durchgeführt, welcher den Nutzern beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung und auch beim Ein- und Aussteigen hilft. Der Fahrer erhielt hierfür eine Aufwandsentschädigung von 2.400 EUR.

Fahrtätigkeit mangels persönlichem Kontakt nicht begünstigt?

Im Rahmen einer Entscheidung des FG Baden-Württemberg (Urteil v. 8.3.2018, 3 K 888/16, Haufe Index 11653299) war ein Finanzamt der Auffassung, dass die Tätigkeit eines Fahrers nicht als Pflegetätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG anzusehen ist. Es müsse sich um Leistungen handeln, die im persönlichen Kontakt zum Empfänger erbracht würden. Des Weiteren müssten sie einen spezifischen, ihre Gemeinnützigkeit begründenden Inhalt haben. Daran fehle es, wenn sich die Tätigkeit fast ausschließlich auf die Leistung fahrerischer Verrichtungen beschränke und ein unmittelbarer Bezug zu den Fahrgästen im Sinne der Pflege nicht aufgebaut werden könne. Zwischen dem Fahrer und den Gästen entstehe kein persönlicher (pflegerischer) Kontakt, um die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Gäste zu fördern. Gelegentlich vom Fahrer geleistete Gefälligkeitsleistungen seien insgesamt von untergeordnetem Umfang, selbst wenn diese zeitlich einen nicht ganz untergeordneten Anteil der Tätigkeitszeit der Fahrer in Anspruch nähmen.

Finanzamt zieht auch Vergleich zum Betreuer beim Behindertentransport (nur Beifahrer begünstigt)

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung beim Behindertentransport die Auffassung vertritt (OFD Frankfurt a. M. v. 22.03.2018, S 2245 A-2-St 213, FMNR160310018), dass Fahrer und Beifahrer den Freibetrag bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für jeweils 50 % ihrer Vergütung erhalten, da ihre Tätigkeit in der Regel zu gleichen Teilen auf das Fahren des Behindertenfahrzeugs und die Betreuung behinderter Menschen entfällt. Ist eine Aufgabenverteilung verbindlich festgelegt, ist diese für die Einordnung der Tätigkeit maßgebend und nur der Beifahrer, der behinderte oder kranke Personen während der Fahrt betreut, erzielt nach § 3 Nr. 26 EStG begünstigte Einnahmen.

FG begünstigt auch Fahrtätigkeit

Das FG Baden-Württemberg ist aber dagegen der Auffassung, dass sich die Tätigkeit der Fahrer im Hol- und Bringdienst nicht in der reinen Beförderung erschöpft, sondern die Pflege alter Menschen beinhaltet. Die Norm des § 3 Nr. 26 EStG ist aus gesellschaftspolitischen Gründen eingeführt worden, um der für das Gemeinwesen wichtigen Tätigkeit der Pflege auch steuerliche Anerkennung zu gewähren. Dabei werde der Begriff der Pflege weit ausgelegt. Pflege umfasse "sämtliche persönlich zu erbringende Hilfeleistungen bei der Verrichtung des täglichen Lebens". Dazu gehöre auch die Hilfe zur Mobilität pflegebedürftiger Personen (vgl. hierzu Feststellung der Pflegebedürftigkeit in § 18 Abs. 5a Nr. 1 SGB XI außerhäusliche Aktivitäten: Verlassen des Bereichs der Wohnung oder der Einrichtung, Fortbewegen außerhalb der Wohnung oder der Einrichtung). 

Hilft ein Fahrer beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung sowie beim Ein- und Ausstieg, besteht auch ein unmittelbarer persönlicher Kontakt, so das FG. Auch der Umstand, dass der Hol- und Bringdienst - anders als Kranken- oder Behindertentransporte - von nur einem Fahrer durchgeführt wird, lässt nach Auffassung des FG nicht die Schlussfolgerung zu, diese Tätigkeit nicht mehr als Pflege, sondern als Sachleistung (Beförderung) anzusehen. Pflege verlange anders als die auch in § 3 Nr. 26 EStG genannten Tätigkeiten der Betreuer keine bestimmte Intensität der Betreuung im Sinne einer Einflussnahme auf die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der gepflegten Person.

Revisionsverfahren anhängig

Das FG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde. Vergleichbare Fälle sollten offen gehalten werden, bis der BFH (Az. VI R 9/18) entschieden hat.


Schlagworte zum Thema:  Pflege, Einkommensteuer