Verpflegungsleistungen als Nebenleistungen zur Unterbringung
Hintergrund:
Die Klägerin, eine GmbH, veranstaltete und vermittelte Reisen aller Art, insbesondere Omnibusreisen. Als sog. Paketreiseveranstalterin verkaufte sie neben der Busfahrt auch touristische Leistungen wie Hotelübernachtung, Verpflegung, Besichtigungen im In- und Ausland als Paket an Busreiseveranstalter. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Umsätze aus der Abgabe von Speisen und Getränken an Ort und Stelle in den Steuererklärungen mit einem fiktiven Margensatz berücksichtigt worden waren. Er vertrat die Auffassung, dass die Klägerin mit dem Verkauf von Reiseleistungen an andere Unternehmen im sog. Kettengeschäft keine Leistungen erbringe, die der Margenbesteuerung unterliegen.
Nachdem die Abgabe von Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle nach Umsetzung des Urteils des EuGH v. 2.5.1996, C-231/94, BStBl. 1998 II S. 282 durch das Änderungsgesetz vom 23.6.1998 ab dem 27.6.1998 keine Lieferung mehr, sondern eine eigenständige sonstige Leistung darstellt, hat deren Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu erfolgen.
Der Leistungsort bestimme sich insoweit auch bei Auslandsreisen nach § 3a Abs. 1 UStG, wonach der Sitz des Unternehmens maßgeblich sei. Der Prüfer ermittelte im Schätzungswege den auf die steuerbaren und steuerpflichtigen Restaurationsleistungen entfallenden Anteil mit 5 % des gesamten Auslandsumsatzes.
Entscheidung:
Das Finanzgericht gab der Reiseveranstalterin Recht. Durch die Umsatzbesteuerung der im Ausland erbrachten Verpflegungsleistungen sei sie in ihren Rechten verletzt, denn die Verpflegungsleistungen im Ausland seien als Nebenleistungen zur Unterbringung nicht in Deutschland steuerbar.
Mit Reisen verbundene Dienstleistungen, auf die im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Betrag entfalle und die zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören, stellen gewöhnlich für die Kundschaft das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung des Hoteliers in Anspruch zu nehmen, sodass es sich hierbei um Nebenleistungen handele (EuGH, Urteil v. 22.10.1998, Rs. C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin, Slg. 1998, I-6229, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1999, S. 129). Im Rahmen einer Busreise hat der Reisende in der Regel auch nicht die Möglichkeit, einzelne Leistungen auszuwählen und nur dementsprechend den Reisepreis zu bezahlen. Die für den Reisenden im Vordergrund stehende Hotelübernachtung wird durch die Verpflegungsleistung lediglich abgerundet.
Im Streitfall stellten die Verpflegungsleistungen deshalb Nebenleistungen zur Unterbringung in ausländischen Hotels dar und waren somit nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG am Belegenheitsort der betreffenden Hotels steuerbar.
(FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 22.11.2011, 2 K 1131/10)
Praxishinweis:
Die Verpflegungsleistungen teilen das rechtliche Schicksal der Übernachtungsleistungen, wenn es sich hierbei um Nebenleistungen zu den Hotelübernachtungen handelt. Grundsätzlich ist jede Leistung als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten. Im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung jedoch nicht künstlich aufgespalten werden. Um festzustellen, ob der Steuerpflichtige gegenüber dem Verbraucher mehrere selbstständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Urteil 9.6.2005 V R 50/02, BStBl. II 2006, 98, m.w.N.).
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