Das Vorliegen einer sog. Verrechnungsstundung setzt einen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehenden Erstattungsanspruch voraus.

Hintergrund:

Im Streitfall ging es (vereinfacht dargestellt) um die Frage, ab wann die Voraussetzungen für eine sog. Verrechnungsstundung vorlagen, mit der Konsequenz, dass ab diesem Zeitpunkt die entstandenen Säumniszuschläge zu erlassen waren. Der Steuerpflichtige hatte seine Steuererklärungen erst verspätet eingereicht und vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen für eine Verrechnungsstundung und damit für einen Erlass der Säumniszuschläge hätten aufgrund der sich ergebenden Steuererstattungen schon vor Eingang der Steuererklärungen vorgelegen. Dagegen erließ das Finanzamt nur die Säumniszuschläge, die ab dem Eingang der Steuererklärungen angefallen waren.

Entscheidung:

Das FG gab dem Finanzamt recht und verwies auf den Umstand, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen nur dann sachlich unbillig ist, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliert. Außerdem ist ein Erlass aus sachlichen Gründen geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Säumniszuschläge, nicht mehr zu rechtfertigen ist, weil die Erhebung den Wertungen des Gesetzgebers zuwider läuft. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn im Zeitpunkt ihres Entstehens die Voraussetzungen für die Gewährung einer Stundung erfüllt waren. Hierfür ist ein Steuererstattungsanspruch erforderlich, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alsbald zu erstatten sein wird. Im Regelfall (so auch im Streitfall) bedarf es daher der Vorlage der Steuererklärungen. Da diese erst verspätet eingingen, kam ein Erlass der bereits zuvor verwirkten Säumniszuschläge nicht in Betracht.

(FG München, Urteil v. 24.3.2011, 14 K 2963/09)

Praxishinweis:

Eine so genannte Verrechnungsstundung ermöglicht das Hinausschieben der Zahlungsverpflichtung gemäß § 222 AO, wenn der Steuerpflichtige mit einer Gegenforderung des Finanzamtes zwar noch nicht aufrechnen kann, diese aber besteht bzw. bestehen wird und auch alsbald fällig sein wird. Die ungewisse oder unbestimmte Aussicht auf Erstattung der Steuer genügt also nicht. Im Regelfall ist daher die Vorlage der Steuererklärung erforderlich. Dies gilt im Ausnahmefall nur dann nicht, wenn das Bestehen des Gegenanspruchs auf andere Weise, etwa durch Vorlage von Urkunden oder durch anderweitige Glaubhaftmachung mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen wird.