Verdeckte Gewinnausschüttung bei mittelbarer Anteilseignerstellung
Hintergrund
Der komplizierte Sachverhalt stellt sich vereinfacht wie folgt dar: X gründete 1997 zusammen mit C und der I1-Ltd. die G-GmbH i.G. X und C leisteten ihre Einlagen, indem sie jeweils einen 50 %-Anteil an der A-GmbH und die I1-Ltd., indem sie ihre 100 %-Beteiligung an der inländischen I2-GmbH in die G-GmbH i.G. einbrachten.
Im April 2998 stellte die I2 GmbH Konkursantrag. Die Konkurseröffnung wurde abgelehnt. Da die Werthaltigkeit der Stammeinlagen auf Ebene der G-GmbH i.G. nicht nachgewiesen war, lehnte das Registergericht deren Eintragung in das Handelsregister ab.
Bei einer Außenprüfung wurde festgestellt: X habe 1997 im Namen der I1-Ltd. bei der I2-GmbH Zahlungen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten in Höhe von 1.700.000 DM eingezogen. Die Beträge wurden nach Durchleitung über ein Konto einer ausländischen Kapitalgesellschaft (K) einem Konto des X bei einer Bank in Prag gutgeschrieben. In 1998 seien auf Veranlassung des X Zahlungen bei der A-GmbH angefordert, einem Inkassokonto der I2-GmbH gutgeschrieben und anschließend aufgrund einer Anweisung im Namen der I1-Ltd. auf ein Konto der K überwiesen worden. Die I2-GmbH habe die Zahlungen in den Streitjahren in ihrer Bilanz jeweils als Rückzahlungen auf Verbindlichkeiten gegenüber der I1-Ltd. behandelt. X sei 1997/1998 Geschäftsführer der I2-GmbH gewesen.
Das FA behandelte die Mittelabflüsse bei der I2-GmbH als vGA an die G-GmbH i.G. Da diese nicht im Handelsregister eingetragen worden sei, handele es sich von Beginn an um eine Personengesellschaft (G-GmbH i.G. GbR). Die vereinnahmten vGA von der I2-GmbH rechnete das FA im Rahmen der Gewinnverteilung auf Ebene der G-GmbH i.G. allein X zu. Das FA erließ somit unter dem 11. August 2005 jeweils Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der "G-GmbH i.G. GbR" für die Streitjahre. Es stellte darin auf Ebene der Gesellschaft ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1 Mio. DM (Streitjahr 1997) und in Höhe von 700.000 DM (Streitjahr 1998) fest. Diese Einkünfte ordnete es im Rahmen der Gewinnverteilung auf Ebene der G-GmbH i.G. allein X als Einnahmen zu. Für die Mitgesellschafter C und I1-Ltd. stellte es demnach Einkünfte in Höhe von jeweils 0 DM fest. Das FA gab X die Feststellungsbescheide der Streitjahre im Wege der Einzelbekanntgabe bekannt.
Das FG gab der Klage statt und hob die X gegenüber ergangenen Feststellungsbescheide auf. Es hat die übrigen Gesellschafter der G-GmbH i.G. nicht zum Verfahren beigeladen.
Die bei der I2-GmbH abgeflossenen Geldmittel seien durch Veranlassung des X eigenmächtig auf Konten geleitet worden, die unmittelbar (Zahlung auf das Konto in Prag in 1997) oder mittelbar (Zahlung auf das Konto der K) seiner Verfügungsmacht unterlegen hätten. Die Voraussetzungen einer vGA seien jedoch in beiden Streitjahren nicht erfüllt. Denn die Mittelabflüsse bei der I2-GmbH seien weder von deren Gesellschafterin, der G-GmbH i.G., veranlasst worden noch hätten die Mittel X als einer der G-GmbH i.G. nahestehenden Person von dieser zugewendet werden sollen. X habe in seiner Funktion als faktischer Geschäftsführer die Mittelabflüsse bei der I2-GmbH veranlasst, ohne dass dies der G-GmbH i.G. oder deren Gesellschaftern bekannt oder in deren Interesse gewesen sei. Die Kenntnisse des X als Empfänger der Zahlungen und als Gesellschafter der G-GmbH i.G. könnten dieser nicht zugerechnet werden, da X an dieser nur zu 40,5 % beteiligt gewesen sei. Die Zuwendung der Mittel an X sei auch nicht im Interesse der G-GmbH i.G. GbR gewesen, weil hierdurch der Vermögensverfall der I2-GmbH beschleunigt worden und nach deren Konkurs die Gründung gescheitert sei.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Zunächst führt der BFH aus, das FG hätte die Mitgesellschafter des X an der G-GmbH i.G. notwendig beiladen müssen. Die Einkünfte der G-GmbH i.G. seien gesondert und einheitlich festzustellen, da die G-GmbH i.G. zwar als Vorgesellschaft entstanden sei, aber nicht als körperschaftsteuerpflichtige Vorgesellschaft sondern von Beginn an als Personengesellschaft zu behandeln sei. Denn die Eintragung als GmbH sei nach dem Konkursantrag der I2-GmbH fehlgeschlagen und von den Gesellschaftern nicht weiterbetrieben worden.
Sodann weist der BFH für den zweiten Rechtsgang vor dem FG auf Folgendes hin:
- Aufgrund der Einordnung der G-GmbH i.G. als vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Einkünften aus Kapitalvermögen ist X nicht als Gesellschafter der I2-GmbH für Zwecke der Prüfung der vGA zu behandeln. Gesellschafterin der I2-GmbH für Zwecke der vGA-Prüfung ist die G-GmbH i.G. Denn die dem Anteilseigner nahestehende Person (X) ist selbst kein Anteilseigner.
- Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden, wenn durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar dadurch zugewandt wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung einen Nutzen zieht, und zwar unabhängig davon, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an der Zuwendung hat. Voraussetzung für die Annahme einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist jedoch, dass der Gesellschafter von der Zuwendung Kenntnis hat und sie in seinem Interesse liegt. Das war hier der Fall. Denn X war nicht nur faktischer Geschäftsführer der I2-GmbH, sondern auch Gesellschafter und als solcher Geschäftsführer und Vertreter der G-GmbH i.G. sodass sein Wissen über die Zahlungen der I2-GmbH auf die ihm zuzurechnenden Konten der G-GmbH i.G. als deren Gesellschafterin zuzurechnen ist. Die Gesellschafterin (die G-GmbH i.G.) hatte somit von den widerrechtlichen Geldentnahmen des X zurechenbare Kenntnis und ließ ihn gewähren.
- Das FG hat ferner noch festzustellen, ob durch den Mittelabfluss die erforderliche Vermögensminderung bei der I2-GmbH bewirkt worden ist. Das könnte zweifelhaft sein. Denn die I2-GmbH hat die abgeflossenen Zahlungen als Rückzahlungen ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der I1-Ltd behandelt.
- Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass eine vGA vorliegt, wird es zu prüfen haben, ob diese Einnahme auf der Ebene der G-GmbH i.G. im Rahmen der Gewinnverteilung nur X zugewiesen werden kann.
Hinweis
Das Unterlassen notwendiger Beiladungen begründet einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der vom BFH von Amts wegen zu prüfen ist. Unterbliebene notwendige Beiladungen können jedoch vom BFH in der Revisionsinstanz nachgeholt werden, um eine Verfahrensverzögerung zu vermeiden (§ 123 Abs. 1 FGO). Die Nachholung steht im pflichtgemäßen Ermessen des BFH. Für den Streitfall war die Zurückverweisung an das FG ermessensgerecht. Denn der BFH musste die Sache ohnehin zur Nachholung tatsächlicher Feststellungen zurückverweisen.
Zu den Voraussetzungen einer vGA verweist der BFH auf den Fall, für den eine vGA verneint wurde, in dem sich ein Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter war, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH verschafft hatte. Der Geschäftsführer stand zwar einem Gesellschafter nahe, diesem waren aber die eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt und erfolgten auch nicht in seinem Interesse.
BFH, Urteil v. 21.10.2014, VIII R 22/11, veröffentlicht am 8.4.2015
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