Vorsteuerabzug bei Einwerbung von Kapital für einen Beteiligungserwerb
Hintergrund
Streitig war der Vorsteuerabzug einer Holding aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaften, in deren Verwaltung sie durch das Erbringen administrativer, finanzieller, kaufmännischer oder technischer Dienstleistungen eingegriffen hatte.
A ist ein geschlossener Fonds in der Rechtsform einer KG (A-KG). Sie widmet sich der Forstwirtschaft in einem Drittlandsgebiet. Ihr Gesellschaftszweck ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften im In- und Ausland, die den Besitz von Grundstücken, deren Aufforstung und landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung betreiben. A ist Gesellschafterin zweier Tochtergesellschaften, von denen die eine Eigentümerin der Grundstücke und des Waldes ist und die andere die Aufforstung, Pflege und Ernte des Waldes betreibt. Laut Emissionsprospekt sollte A die Beteiligungen verwalten und kaufmännische Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften erbringen.
In 2007 schloss A mit der Q-GmbH eine Vertriebsvereinbarung und einen Projektentwicklungsvertrag ab. Q übernahm die Vermittlung von Kommanditanteilen sowie die zur Platzierung der KG-Anteile erforderlichen Marketing-Maßnahmen. Außerdem übernahm sie die Prüfung der Tragfähigkeit des Anlageobjekts, die Beratung beim Grundstückskauf und beim Projektaufbau. A führte auf der Grundlage von Beraterverträgen kaufmännische Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften aus (Beratung bei betriebswirtschaftlichen Fragen, Erstellung von Wirtschaftsplänen, Beschaffung von Vergleichsdaten für den Kauf und Verkauf von Plantagen usw.).
Für das Streitjahr (2007) machte A Vorsteuern geltend, die auf Einwerbung von Kommanditkapital, Projektentwicklungsleistungen, Büroausstattung und sonstige Leistungen entfielen. Das FA ließ die Vorsteuern nicht zum Abzug zu, weil sie im Zusammenhang mit Aufwendungen für die Beschaffung des Kommanditkapitals angefallen seien. Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG ließ die auf die Beratungstätigkeit entfallenden Vorsteuern zum Abzug zu und anerkannte von den sonstigen Vorsteuern einen geschätzten Anteil (15 %). Ein weitergehender Anspruch auf Vorsteuerabzug bestehe nicht, da die Vorsteuern unmittelbar und ausschließlich in Zusammenhang mit der Aufnahme von Gesellschaftern, d.h. einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit ständen. Mit der Revision trug A vor, Kosten im Zusammenhang mit der Aufnahme von Gesellschaftern stellten immer allgemeine Kosten dar.
Der BFH ordnete im Hinblick auf beim EuGH anhängige Musterverfahren zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH an. Mit Urteil v. 16.7.2015 hat der EuGH in den verbundenen Sachen C-108/14, "Larentia + Minerva" und C-109/14, "Marenave" entschieden. Der BFH konnte damit das Verfahren im Streitfall wieder aufnehmen und über die Revision entscheiden.
Entscheidung
Nach der Auffassung des EuGH sind der bloße Erwerb und das reine Halten von Beteiligungen mit der Absicht, Beteiligungserträge zu erzielen, keine wirtschaftliche Tätigkeit. Dagegen wird durch das entgeltliche Eingreifen in die Verwaltung der Beteiligungsgesellschaften eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet. Die Holding (Führungsholding, Managementholding) ist in diesem Fall grundsätzlich in voller Höhe vorsteuerabzugsberechtigt. Eine Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn die Holding daneben auch Beteiligungen hält, an die keine Dienstleistungen erbracht werden.
Hiervon ausgehend ist die A-KG Unternehmerin. Denn sie erbrachte mit ihrer unstreitigen Beratungstätigkeit administrative und kaufmännische Leistungen an ihre Tochtergesellschaften und griff damit in deren Verwaltung ein. Insoweit steht ihr - wie vom FG entschieden - der Vorsteuerabzug zu. Denn in diesem Bereich übt sie eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Der Vorsteuerabzug betrifft auch die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen von einer Holdinggesellschaft an ihren Tochtergesellschaften getragen werden, sofern die Holding ihnen gegenüber administrative Dienstleistungen erbringt. Hinsichtlich der für diese Kosten gezahlten USt ist grundsätzlich das Recht auf vollständigen Vorsteuerabzug eröffnet.
Anders ist es bei den Leistungen, die A aufgrund der Vertriebsvereinbarung bezogen hat. Diese berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug, da A diese nicht für ihr Unternehmen bezogen hat. Es handelt sich um Leistungen für die Einwerbung von Kommanditkapital. Der Vorsteuerabzug ist hier ausgeschlossen. Denn die USt kann nur abgezogen werden, wenn die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Die Kosten für die Einwerbung von Kapital in der im Streitfall gegebenen Größenordnung sind indes Kosten, die nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaften stehen. Kapital in dieser Größenordnung war nicht erforderlich. Außerdem bestand die Beteiligung an den Tochtergesellschaften schon vor der Ausgabe der KG-Anteile.
Hinweis
Es handelt sich um eine Parallelentscheidung zu dem BFH-Urteil v. 19.1.2016, XI R 38/12 (BFH/NV 2016, 706). In diesem Verfahren ist auf die Vorlage des BFH das EuGH-Urteil v. 16.7.2015, C-108/14, C-109/14, "Laurentia + Minerva", "Marenave" ergangen. Nach der Entscheidung des EuGH in diesen vorgehenden Verfahren konnte nunmehr im Streitfall entschieden werden. Die Einwerbung von Kapital für schon bestehende Beteiligungen führt nicht zu Kostenelementen auf der Ausgangsstufe.
BFH, Urteil v. 6.4.2016, V R 6/14, veröffentlicht am 15.6.2016
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