Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen bei der Verwaltung von Fonds im Drittlandsgebiet
Hintergrund: Verwaltung von US-Investmentvermögen
Zu entscheiden war, ob für die Klägerin als Verwalterin von US-Investmentvermögen im Jahr 2009 der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen ist.
Erbringen von Dienstleistungen für US-amerikanische Investmentfonds
Die Klägerin ist eine Investmentberatungsgesellschaft i.S.d. in den USA geltenden Investmentberatungsgesetzes. Sie ist in den USA ansässig. Kunden der Klägerin waren US-amerikanische Investmentfonds.
Die Klägerin schloss mit ihren Kunden 2 Verträge ab. Es handelte sich zum einen um einen Administrationsvertrag, nach dem die Klägerin Verwaltungsleistungen wie etwa bei der Fondsbuchhaltung zu erbringen hatte. Diese Tätigkeiten übte die Klägerin über Betriebe in den USA aus. Zum anderen handelte es sich um einen Anlageverwaltungsvertrag. Die Kunden beauftragten die Klägerin mit der Anlageverwaltung nach Maßgabe der jeweiligen Anlageziele, Anlagerichtlinien und Anlagebeschränkungen. Die Klägerin erbrachte diese Leistungen über ihre im Inland gelegene Zweigniederlassung.
Finanzamt lehnt nach einer Außenprüfung den Vorsteuerabzug ab
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das Finanzamt für das Streitjahr 2009 davon aus, dass die Klägerin über ihre inländische Zweigniederlassung an ihre in den USA ansässigen Kunden Leistungen am Empfängerort in den USA und damit im Inland nichtsteuerbar erbracht habe. Diese Leistungen seien aber bei einer Erbringung an inländische Kunden steuerfrei, so dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG Köln führte aus, dass die Klägerin nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG und § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, da sie mit den Leistungen an die US-amerikanischen Investmentfonds ausländische Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz verwaltet habe. Aus dem Unionsrecht ergebe sich nichts anderes. Die Klägerin erbringe steuerfreie Leistungen und könne keinen Vorsteuerabzug beanspruchen.
BFH gibt der Revision statt
Der BFH hält die Revision der Klägerin für begründet. Die Klägerin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, da ihre Leistungen im Inland steuerpflichtig sind. Im Hinblick auf die Unionsrechtswidrigkeit des nationalen Rechts zur Leistungsortbestimmung kann sie sich auf das Unionsrecht berufen, nach dem sich der Leistungsort in das Drittlandsgebiet verlagert.
FG hat den Vorsteuerabzug zu Unrecht verneint
Das FG hat den Vorsteuerabzug zu Unrecht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG verneint. Entgegen dem FG-Urteil sind die Leistungen der Klägerin nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG ist vom Vorsteuerabzug die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 169 Buchst. a MwStSystRL. Danach besteht der Vorsteuerabzug auch für die Leistungsbezüge, die der Unternehmer für steuerpflichtige Umsätze außerhalb des Mitgliedstaats des Leistungsbezugs zu verwenden beabsichtigt. Das nationale Recht führt im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 UStG zu dem unionsrechtlich vorgegebenen Ergebnis.
Die Leistungen der Klägerin unterlagen nicht § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG. Denn diese Vorschrift bezog sich nur auf inländische Investmentvermögen, nicht aber auch auf ausländische Investmentvermögen, die dem InvG nur in Bezug auf den Anteilsvertrieb unterlagen.
Die Klägerin ist nicht nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, sondern hat zudem keine im Inland steuerbaren Leistungen erbracht. Zwar liegen nach nationalem Recht entgegen dem FG-Urteil im Inland steuerpflichtige Leistungen vor, da die Klägerin danach ihre Leistungen am Ort ihrer Inlandsbetriebsstätte gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG zu versteuern hat. Denn die Klägerin hat nach nationalem Recht keine dem Empfängerortprinzip unterliegenden Leistungen nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h UStG erbracht. Die nach der Rechtsprechung des BFH nicht richtlinienkonform auslegbare Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchst. a bis h UStG war aber im Streitjahr 2009 unionsrechtswidrig.
Hinweis: Anwendungsvorrang des Unionsrechts
Zwar kann sich die Klägerin nicht in Bezug auf die Leistungsortbestimmung, aber doch allgemein auf das Unionsrecht berufen, so dass ihrer Besteuerung die zu ihren Gunsten unmittelbar wirkende Regelung des Unionsrechts zugrunde zu legen ist.
BFH Urteil vom 22.11.2018 - V R 21/17 (veröffentlicht am 30.01.2019)
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