Auch wenn der Arbeitnehmer neben seiner regelmäßigen Arbeitsstätte dauerhaft an einer weiteren Tätigkeitsstätte beschäftigt ist, handelt es sich hierbei um eine Auswärtstätigkeit.

Hintergrund

Der BFH hat - in Änderung seiner langjährigen Rechtsprechung - in mehreren Urteilen vom 9.6.2011 (VI R 55/10, VI R 36/10, VI R 58/09) entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. In Fällen, in denen bisher mehrere regelmäßige Arbeitsstätten angenommen wurden, ist daher nunmehr die Entfernungspauschale nur für die Fahrten zum ortsgebundenen Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit anzusetzen; für die übrigen Fahrten können Werbungskosten nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden: Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe und Verpflegungsmehraufwand, und zwar unabhängig von der konkreten Verpflegungssituation.

Dementsprechend hat der BFH für einen städtischen Feuerwehrmann (F), der neben seinem Einsatz auf der Feuerwache auch Bereitschaftsdienste als Fahrer eines Notarztfahrzeugs eines nicht städtischen Krankenhauses leistet, entschieden, dass er insoweit eine Auswärtstätigkeit ausübt. F war im Jahr rund 100 Tage auf der Feuerwache und rund 80 Tage im Bereitschaftsdienst des Krankenhauses eingesetzt, wo ihm ein separates Dienstzimmer zur Verfügung steht. Das FA und das FG lehnten den von F für die Bereitschaftsdienste geltend gemachten Verpflegungsmehraufwand (rund 2.000 €) ab.

Entscheidung

Der BFH widerspricht dem FG. Die Entscheidung referiert die geänderte Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wonach diese (der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit) nur an einem Ort liegen kann. Nur insoweit kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung der Kosten hinwirken. Bei einer Tätigkeit an mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers ist dies regelmäßig nicht möglich. Insoweit ist daher eine Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (d.h. die Kürzung der Fahrtkosten auf die Entfernungspauschale und die Nichtanerkennung von Verpflegungsmehraufwand) nicht gerechtfertigt.

Hiervon ausgehend führte der Einsatz des F im Krankenhaus schon deshalb nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte, weil es sich dabei nicht um eine betriebliche Einrichtung seines Arbeitgebers handelt.

F steht daher für den Bereitschaftsdienst als Auswärtstätigkeit der Abzug für Verpflegungsmehraufwand zu. Der BFH wies die Sache an das FG zurück, da Feststellungen zum zeitlichen Umfang der Bereitschaftsdienste fehlen. 

Hinweis

Mit der Entscheidung führt der BFH seine geänderte Rechtsprechung zur regelmäßige Arbeitsstätte konsequent zum Vorteil der Beschäftigten fort. Gleichwohl ist anzumerken, dass es einem Arbeitnehmer bei rund 80 Auswärtstagen an derselben Tätigkeitsstätte - ebenso wie bei seinen rund 100 Arbeitstagen im Betrieb des Arbeitgebers (regelmäßige Arbeitsstätte) - möglich sein dürfte, sich auf die auswärtige Situation einzustellen und die Kosten in gleicher Weise gering zu halten.

Urteil v. 19.1.2012, VI R 23/11, veröffentlicht am 4.4.2012