Widerlegung des ersten Anscheins für die Privatnutzung eines PKW bei Taxiunternehmen
1%-Methode bei Taxiunternehmen
Der Kläger war im Streitjahr 2016 Betreiber eines Taxiunternehmens. Aus diesem Grunde hatte der Kläger einen ihm gehörenden PKW in seinem Betriebsvermögen. Im Rahmen der Steuererklärungen erklärte der Kläger hieraus Umsätze für die private PKW-Nutzung nach der sogenannten 1%-Methode. Der Beklagte veranlagte die Steuererklärungen erklärungsgemäß und erließ am 01.12.2017 einen entsprechenden Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid. Da der vom Kläger fristgerecht eingelegte Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.01.2019 als unbegründet zurückgewiesen wurde erhob der Kläger am 17.01.2019 Klage.
Als Begründung führte er aus: Eine Versteuerung nach der 1%-Methode sei in seinem Fall nicht gegeben, seine, für die Erstellung der Steuererklärungen, beauftragte Steuerberaterin hatte dies versehentlich vorgenommen. Er habe neben seinem betrieblichen PKW noch 2 weitere Fahrzeuge, welche sowohl ihm als auch seiner Lebensgefährtin gehören und ausschließlich für den privaten Gebrauch genutzt werden. Demgegenüber werde der betriebliche PKW ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet. Darüber hinaus handele es sich bei dem betriebliche PKW um einen Kleintransporter, welcher an die betrieblichen Anforderungen des Klägers angepasst wurde und somit als Großraumtaxi für 8 Personen fungiere und daher ohnehin für den Privatgebrauch des Klägers völlig überdimensioniert sei.
Als Beleg dafür, dass der Kläger keine Privatfahrten zurücklegte, führte der Kläger die Schichtzettel an. Diese seien hinsichtlich der Tachokilometerstände lückenlos und hätten daher Fahrtenbuchcharakter. Auch sei die erforderliche, geschlossene Form gegeben – dass die Schichtzettel für jeden Monat einzeln auf einem entsprechenden Heftstreifen abgelegt wurden stehe dem nicht entgegen.
Dem gegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung betriebliche Fahrzeuge, welche auch zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch für solche Zwecke genutzt werden. Dafür spreche auch der Beweis des ersten Anscheins. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die betrieblich genutzten Fahrzeuge nach ihrer objektiven Beschaffenheit nicht für private Zwecke genutzt werden können. Der Kläger hätte den Beweis des ersten Anscheins widerlegen können, was er nach Ansicht des Beklagten jedoch nicht tat. Eine bloße Behauptung, dass der PKW nicht für private Zwecke genutzt wurde reiche nicht aus.
Der Anscheinsbeweis ist beispielsweise dann widerlegt, wenn die betrieblichen und privaten PKW in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. Jedoch zeigt allein der optische Vergleich, dass die PKW in Status und Gebrauch nicht vergleichbar sind. Hinzu kommt, dass die privaten PKW auf Grund Ihres Baujahrs, zum einen 1983 und zum anderen 2003, nicht mit dem Komfort des betrieblich genutzten PKW, welcher ein Baujahr von 2010 aufweist, vergleichbar sind. Im Übrigen sind die Schichtzettel in loser Form abgeheftet, was den geschlossenen Charakter einer Fahrtenbuchaufzeichnung verneinen lässt.
Widerlegung des ersten Anscheins für Privatnutzung
Die zulässige Klage ist begründet. Für Fahrzeuge, welche zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, ist für jeden Kalendermonat grundsätzlich 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG), sofern eine private Nutzung stattgefunden hat. Im Umkehrschluss entfällt ein Ansatz, sofern eine private Nutzung unterblieben ist. Allerdings spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, welche für private Zwecke allgemein zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden (BFH Urteil vom 04.12.2012 - VIII R 42/09).
Insbesondere Taxen dienen typischerweise dazu, für den privaten Gebrauch genutzt zu werden, da sie durch ihre Ausstattung grundsätzlich dazu dienen, Personen und eine gewisse Menge Gepäck transportieren zu können (BFH Beschluss vom 18.04.2013 - X B 18/12). Etwas anderes gilt, wenn entweder das Fahrzeug typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet ist (BFH Urteil vom 18.12.2008 - VI R 34/07) oder der Beweis des ersten Anscheins durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert wurde. Hier genügt es nicht, dass lediglich behauptet wird, zum privaten Gebrauch seien andere PKW zur Verfügung gestanden. Allerdings ist der Anscheinsbeweis unter diesen Umständen am besten dann zu widerlegen, wenn auf Grund der geringen Fahrzeugunterschiede keine Veranlassung ersichtlich ist, das betriebliche Fahrzeug auch privat zu nutzen.
Der Senat ist der Auffassung, dass auf Grund des oben dargestellten Sachverhalts der Beweis des ersten Anscheins ausreichend widerlegt wurde. Zwar stellt ein Taxi grundsätzlich ein Fortbewegungsmittel dar, welches durchaus auch für private Zwecke genutzt werden kann, jedoch legte der Kläger und vor allem die als Lebensgefährtin des Klägers gehörte Zeugin A glaubhaft und überzeugend die Nutzung der PKW dar. So machte die Zeugin klar, dass neben dem betrieblichen PKW noch 3 weitere PKW zur privaten Benutzung dauerhaft zur Verfügung standen. Darüber hinaus wurden die Urlaube entweder mit dem Wohnmobil oder per Flugreise durchgeführt.
Zudem stellte sich heraus, dass 1 Auto als Liebhaberauto des Klägers zwar nicht für den täglichen Gebrauch geeignet ist, dies erhöhte jedoch die Glaubwürdigkeit der Zeugin, da diese, eigentlich unvorteilhafte Aussage, von ihr kam. Die anderen zwei Autos wurden von dem Sohn der Lebensgefährtin und der Tochter des Klägers teilweise mitgenutzt. Da die Lebensgefährtin jedoch glaubhaft schilderte, dass Sie überwiegend mit dem Fahrrad und der Bahn zur Arbeit fahre, und die Einkäufe im 50 Meter entfernten Supermarkt erledige kam der Senat zur Annahme, dass der Beweis des ersten Anscheins nachhaltig erschüttert wurde. Der Senat traf seine Entscheidung auch unter der Annahme, dass es sich bei dem Taxi um ein Großraumfahrzeug handelte, was besonders im Großstadtverkehr keinen besonderen Vorteil gegenüber einem anderen Pkw biete.
Keine Revision zum BFH
Der Senat hat in dieser Sache keine Revision zugelassen da keine Revisionsgründe vorliegen. Das Urteil zeigt, dass sich der Beweis des ersten Anscheins durchaus entkräften lässt, obwohl das „klassische“ Merkmal Vergleichbarkeit nicht zutrifft.
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