Zeitpunkt der gewerblichen Betätigung des Organträgers

Der Organträger einer ertragsteuerlichen Organschaft muss nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerblich tätig sein (entgegen BMF-Schreiben v. 10.11.2005, BStBl I 2005, 1038).

Hintergrund

Bisher war umstritten, ob eine Personengesellschaft, die nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielt, Organträgerin sein kann. In Abweichung von der Verwaltungsauffassung bejaht der BFH die Frage.

Im November 2005 erwarb die S-KG den (einzigen) an der X-GmbH bestehenden Geschäftsanteil. Im Dezember schlossen die GmbH und die KG einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, nach dem die GmbH die Leitung ihrer Gesellschaft der KG unterstellte. Im Februar 2006 veräußerte die GmbH ihren gesamten Geschäftsbetrieb an die KG und mietete diesen ab März zurück.

In ihrer KSt-Erklärung für 2006 erklärte die GmbH Einkünfte, die in voller Höhe der KG zuzurechnen seien. Das FA war dagegen der Meinung, es habe kein wirksames Organschaftsverhältnis bestanden, da die KG zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der GmbH noch nicht gewerblich tätig geworden sei. Denn sie habe zum 1.1.2006 lediglich die Beteiligung an der GmbH gehalten und sei damit zu diesem Zeitpunkt nicht gewerblich, sondern ausschließlich vermögensverwaltend tätig gewesen. So entschied auch das FG unter Hinweis auf die Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben v. 10.11.2005, BStBl I 2005, 1038, Rz. 21).

Entscheidung

Der BFH widerspricht dem FG und der Verwaltungsanweisung. Das FG-Urteil und die angefochtenen Bescheide wurden aufgehoben.

Organträger kann auch eine Personengesellschaft sein, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Als Organträger muss sie aber nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerblich tätig sein. Der Gesetzeswortlaut (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG) gibt für eine solche zeitliche Anforderung nichts her. Das Gesetz fordert nur, dass die als Organträger fungierende Personengesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit ausüben muss, enthält dafür aber keine zeitlichen Vorgaben. Hätte der Gesetzgeber bestimmen wollen, dass die gewerbliche Betätigung bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft ausgeübt werden müsse, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen. Auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift lässt sich das zeitliche Erfordernis nicht herleiten. Für das Organschaftsverhältnis reicht es demnach aus, dass die KG ab dem Erwerb des Geschäftsbetriebs der GmbH zum 1. März 2006 gewerblich tätig war. Dem steht nicht entgegen, dass die KG den Geschäftsbetrieb der GmbH nicht selbst fortgeführt, sondern nach Erwerb sogleich mietweise der GmbH zur Nutzung überlassen hat. Denn das führte zu einer Betriebsaufspaltung, bei der die gewerbliche Betätigung der GmbH als Betriebsunternehmen zur Gewerblichkeit auch der KG als Besitzunternehmen führte.

Hinweis

Die Frage ist damit für die Praxis entschieden. Es genügt, dass die gewerbliche Betätigung im Zeitpunkt der Gewinnabführung, d.h. zum Ende des Geschäftsjahrs der Organgesellschaft, ausgeübt wird. Der BFH weist noch darauf hin, dass die gegenteilige Aussage in dem BMF-Schreiben v. 10.11.2005 (BStBl I 2005, 1038, Rz. 21) der Entscheidung nicht entgegen steht. Denn - das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - einer Verwaltungsanweisung kommt grundsätzlich keine die Gerichte bindende Wirkung zu.

Urteil v. 24.7.2013, I R 40/12, veröffentlicht am 11.9.2013


Schlagworte zum Thema:  BFH-Urteile, Körperschaftsteuer, Organschaft