Zum Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Hintergrund: Beteiligung an einer gewerblich geprägten, grundstücksverwaltenden GbR
Die A-GmbH u. Co KG (A-KG) ist eine gewerblich geprägte Gesellschaft i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die in den Streitjahren (1999 – 2003) im Wesentlichen eigenen Grundbesitz verwaltete und nutzte. Daneben war sie als Obergesellschaft Gesellschafterin u.a. von weiteren gewerblich geprägten Personengesellschaften (u.a. N- und M-GbR), die ebenfalls ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalteten und nutzten. Diese Untergesellschaften wurden unter der Bezeichnung "N-GbR" zusammengefasst. Ihnen wurde die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt.
Die A-KG beanspruchte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die erweiterte Kürzung für die Verwaltung eigenen Grundbesitzes nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das FA gewährte lediglich die sog. einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG mit der Begründung, das Halten der Beteiligung an der gewerblich geprägten N-GbR verstoße gegen das Ausschließlichkeitsgebot, da insoweit kein eigener Grundbesitz der A-KG verwaltet werde.
Entscheidung: Das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten Gesellschaft stellt keine Verwaltung eigenen Grundbesitzes dar
Der BFH bestätigte das FG-Urteil und wies die Revision der A-KG zurück. Die erweiterte Kürzung (um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) statt der einfachen Kürzung (1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes, § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG) betrifft insbesondere Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen.
Bei nicht gewerblich geprägter Beteiligungsgesellschaft werden deren Wirtschaftsgüter der Obergesellschaft anteilig zugerechnet
Ausgehend von der Bruchteilsbetrachtung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) stellt sich die Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft als Verwaltung eigenen Grundbesitzes dar. Denn die Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen der Untergesellschaft sind anteilig dem Betriebsvermögen der Obergesellschaft zuzuordnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Diese "Tätigkeit" als solche kann nicht zugleich eine schädliche Tätigkeit "Halten einer Beteiligung" sein, die zur Versagung der erweiterten Kürzung führt.
Bei gewerblich geprägter Untergesellschaft werden deren Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft selbst zugerechnet
Anders ist es bei der Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, gewerblich geprägten Personengesellschaft. Hier gehören die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zum Betriebsvermögen der gewerblich geprägten Personengesellschaft und nicht – auch nicht anteilig – zum Betriebsvermögen eines an einer solchen Gesellschaft Beteiligten. Die Bruchteilsbetrachtung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) wird durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG verdrängt. Die Gesellschafter nutzen somit nicht anteilig eigenen Grundbesitz.
Dementsprechend kann das "Halten einer Beteiligung" nicht im "Verwalten und Nutzen eigenen Grundbesitzes" bestehen. Vielmehr übt der Gesellschafter eine Tätigkeit aus, die, da sie nicht im Katalog der unschädlichen Tätigkeiten enthalten ist, zur Versagung der erweiterten Kürzung führt. Denn das Innehaben einer Beteiligung ist nicht dem begünstigten Tätigkeitsbereich der Grundstücksverwaltung zuzuordnen.
Dementsprechend steht der A-GmbH die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu. Denn sowohl bei der A-KG als auch bei der M- und der N-GbR, an denen sie beteiligt war, handelt es sich jeweils um grundstücksverwaltende, gewerblich geprägte Personengesellschaften. Damit steht der A-KG nur die (einfache) Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG, nicht die erweiterte Kürzung nach § 98 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu.
Hinweis: Keine Anrufung des Großen Senats des BFH
Handelt es sich bei dem Beteiligungsunternehmen um eine gewerblich geprägte, grundstücksverwaltende Personengesellschaft, die nur vermögensverwaltend tätig ist und deshalb allein wegen ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt, kann zwar sie die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen. Die Beschränkung des Beteiligungsunternehmens (Untergesellschaft) auf eine grundstücksverwaltende Tätigkeit wirkt sich aber nicht auf ein an ihr beteiligtes Unternehmen (Obergesellschaft) aus. Ob gesellschaftsrechtlich verbundene, gewerbesteuerpflichtige Unternehmen die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllen, ist für jedes der Unternehmen einzeln zu prüfen und zu entscheiden (BFH Urteil vom 22.01.1992 - I R 61/90, BStBl II 1992, 628).
Der BFH bemerkt abschließend, dass eine Anrufung des Großen Senats des BFH – auch angesichts des jüngsten Beschlusses des Großen Senats v. 25.9.2018, GrS 2/16, BStBl II 2019, 261 – zur Klärung der Rechtsfrage nicht erforderlich ist. Der GrS hat in diesem Beschluss entschieden, dass einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren ist, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist. Im Unterschied dazu betrifft der Streitfall eine gewerblich geprägte, grundstücksverwaltende Untergesellschaft und damit eine andere Problematik.
BFH Urteil vom 27.06.2019 - IV R 44/16 (veröffentlicht am 19.09.2019)
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