Beispiel: Übertragung innerhalb des 3-jährigen Begünstigungszeitraums
Einzelgewerbetreibender V hat am 31.12.2012 außerbilanziell gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag von 20.000 EUR im Hinblick auf die geplante Anschaffung einer Maschine gebildet. Am 1.7.2015 übertrug er seinen Betrieb mit allen Aktiva und Passiva an seinen Sohn S, der die in der Bilanz seines Vaters zum 30.6.2015 ausgewiesenen Buchwerte fortführt (§ 6 Abs. 3 EStG). Die Maschine wird im Dezember 2015 von S angeschafft.
Ein vom Rechtsvorgänger in Anspruch genommener Investitionsabzugsbetrag ist bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG oder Buchwerteinbringung nach §§ 20, 24 UmwStG rückgängig zu machen, wenn am Übertragungsstichtag - unter Berücksichtigung eines etwaigen Rumpfwirtschaftsjahrs - der Investitionszeitraum endet und keine begünstigte Investition durchgeführt wurde (so noch BMF, Schreiben v. 8.5.2009, BStBl 2009 I S. 633, Rn. 59). Danach müsste der Investitionsabzugsbetrag rückwirkend bei V aufgelöst werden, weil unter Berücksichtigung des Rumpfwirtschaftsjahrs vom 1.1. bis 30.6.2015 der dreijährige Investitionszeitraum am 30.6.2015 abgelaufen wäre.
Im Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung während des laufenden Wirtschaftsjahrs ist das beim Betriebsübergeber entstehende Rumpfwirtschaftsjahr (hier: 1.1. – 30.6.2015) mit dem Rumpfwirtschaftsjahr beim Betriebsübernehmer (hier: 1.7. – 31.12.2015) zu verklammern und lediglich als ein Wirtschaftsjahr i.S. des § 6b Abs. 3 EStG zu werten (BFH, Urteil v. 23.4.2009, IV R 9/06, BStBl 2010 II S. 664 zu § 6b EStG). Die Finanzverwaltung wendet dieses Urteil u.a. auf Fälle des § 7g EStG an (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 16/2011 v. 9.6.2011, DStR 2011 S. 2001; BMF, Schreiben v. 20.11.2013, BStBl 2013 I S. 1493, Rn. 18).
Praxis-Tipp: Keine rückwirkende Auflösung
Das bedeutet: Zu einer rückwirkenden Auflösung des Investitionsabzugsbetrags bei V kommt es nicht. Die Rechtsfolgen des § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG – d. h. die gewinnerhöhende Hinzurechnung des Gewinnabzugsbetrags und ggf. die Herabsetzung der Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG – treten erst beim Rechtsnachfolger S ein, der die Investition innerhalb des 3-jährigen Investitionszeitraums im Dezember 2015 durchgeführt hat.
Bei einer gewinnrealisierenden Veräußerung oder Einbringung eines Betriebs ist ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 3 EStG aufzulösen, wenn bis dahin das betreffende Wirtschaftsgut nicht angeschafft wurde. Wurde der Betrieb nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen oder nach §§ 20, 24 UmwStG zum Buchwert eingebracht, ist die Rechtslage unklar.
Wird der Betrieb innerhalb des 3-jährigen Investitionszeitraums veräußert und wurde bis dahin die beabsichtigte Investition nicht vorgenommen, schließt § 7g Abs. 3 EStG die Vergünstigung aus. Der Investitionsabzugsbetrag muss rückgängig gemacht werden. Für Investitionen, von denen feststeht, dass sie im betreffenden Betrieb nicht mehr vorgenommen werden können, kann der Investitionsabzugsbetrag nicht fortgeführt werden (BFH, Urteil v. 13.5.2004, IV R 11/02, BFH/NV 2004 S. 1400 zur Ansparrücklage).
Aus Äußerungen der Finanzverwaltung unter Rn. 18 (BMF, Schreiben v. 20.11.2013, BStBl 2013 I S. 1493) kann entnommen werden, dass die Finanzverwaltung in Buchwertfortführungsfällen keine rückwirkende Auflösungspflicht annimmt. Zu Irritationen führt jedoch, dass die Hinweise in Rn. 59 (BMF, Schreibens v. 8. 5. 2009, BStBl 2009 I S. 663), wonach die Rechtsfolgen des § 7g Abs. 2 EStG aus vorgenommenen Abzugsbeträgen beim Rechtsnachfolger des übertragenen Betriebs eintreten, in das aktualisierte BMF Schreiben vom 20.11.2013 (BStBl 2013 I S. 1493) nicht übernommen worden sind. Zu Unsicherheiten führt auch der Hinweis in Rn. 59 (BMF, Schreiben v. 20.11.2013, BStBl 2013 I S. 1493), wonach zur Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen im Zusammenhang mit unentgeltlichen Betriebsübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG und Buchwerteinbringungen nach §§ 20, 24 UmwStG zunächst die Entscheidungen der beim BFH anhängigen Revisionsverfahren (Aktenzeichen GrS 2/12 und IV R 14/12) abzuwarten bleiben.
Entscheidung des GrS des BFH liegt zwischenzeitlich vor
Eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG a. F. darf nach Auffassung des GrS nicht gebildet werden, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird (BFH, Beschluss v. 14.4.2014, GrS 2/12, DStR 2015 S. 2368). Die Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG ist ein veräußerungs- und tauschähnlicher Vorgang. Durch die Einbringung ändert sich - ebenso wie bei einer Veräußerung - der Rechtsträger des Betriebs infolge eines entgeltlichen Vorgangs.
Ist demnach im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rücklage der Betrieb bereits in eine Kapitalgesellschaft eingebracht worden, eine Einbringung bereits in Gang gesetzt oder jedenfalls beabsichtigt, sodass eine Investition im Einzelunternehmen nicht mehr wahrscheinlich erscheint, kann eine Rücklage nach § 7g EStG a. F. nicht mehr gebildet werden. Der Steuerpflichtige wird das begünstigte Wirtschaftsgut innerhalb des Begünstigungszeitraums voraussichtlich nicht anschaffen, sodass es an einer Tatbestandsvoraussetzung des § 7g EStG a. F. für die Förderung fehlt.
An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn der Betrieb in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten eingebracht wird (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 UmwStG). Auch in diesem Fall ändert sich der Rechtsträger und es liegt ein veräußerungsähnlicher Vorgang vor.
Praxis-Hinweis
Wendet man diese Rechtsgrundsätze auf einen bereits früher gebildeten Investitionsabzugsbetrag an, muss dieser m. E. auch bei einer Betriebsübertragung zum Buchwert und bei einer Buchwerteinbringung rückwirkend aufgelöst werden, wenn bis zum Übertragungs- bzw. Einbringungszeitpunkt kein begünstigtes Wirtschaftsgut angeschafft wurde.
Anzumerken ist, dass unter dem Az. IV R 14/12 noch eine Revision anhängig ist, bei der es um die Frage geht, bei einer unentgeltlichen Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Betriebsübergeber einen Investitionsabzugsbetrag für eine erst vom Betriebsübernehmer durchzuführende Investition beanspruchen kann. Die Vorinstanz hat dies abgelehnt (Niedersächsisches FG, Urteil v. 11.4.2012, 4 K 210/11, EFG 2012 S. 1537).