Betriebsaufspaltung bei Beteiligung minderjähriger Kinder
Durch die Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht (BVerfG Beschluss vom 12.03.1985 - 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83) ist die Zusammenrechnung von Ehegatten-Beteiligungen im Rahmen der Betriebsaufspaltung grundsätzlich aufgegeben worden. Doch wie wirkt sich diese Rechtsprechung auf die Beteiligung von Kindern aus?
Beispiel: Mutter und minderjähriges Kind sind an der Betriebs-GmbH beteiligt
M ist Alleineigentümerin einer Immobilie, die an die X-GmbH vermietet ist, deren Anteile zu 100% von V gehalten werden. Es liegt keine Betriebsaufspaltung vor (sog. Wiesbadener-Modell). V stirbt und wird zu je ½ von seiner Ehefrau M und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn S beerbt. Die elterliche Vermögenssorge (§ 1626 BGB) steht nach dem Tod des V allein der M zu. Fraglich ist, ob nach dem Tod des V eine personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen (vermietete Immobilie) und der X-GmbH vorliegt.
Finanzverwaltung: Vermögenssorgerecht entscheidend
Hält nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte und hält er zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen, liegt grundsätzlich keine personelle Verflechtung vor; auch in diesem Fall kann aber eine personelle Verflechtung anzunehmen sein, wenn das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt (R 15.7 Abs. 8 Satz 3 EStR 2012).
Abweichende Auffassung des FG Baden-Württemberg
Das FG Baden-Württemberg lehnt die von der Finanzverwaltung vertretene Ansicht, wonach eine personelle Verflechtung vorliegen kann, wenn nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte hält, zugleich zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen hält und das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt, in einer neuen Entscheidung ab (FG Baden-Württemberg Urteil vom 29.01.2019 - 11 K 1398/16, EFG 2019 S. 1770).
Eine Zusammenrechnung der Anteile einer Nur-Besitzgesellschafterin und ihres Kindes im Sinne einer geschlossenen Personengruppe komme bei Eltern und volljährigen Kindern oder sonstigen Angehörigen grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Das Gleiche gilt für die Vermutung, Eltern und ihre minderjährigen Kindern verfolgten gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen. Denn die Begründung des BVerfG, Ehegatten dürften im Vergleich zu Ledigen nicht allein deshalb steuerlich schlechter gestellt werden, weil sie verheiratet sind, muss gleichermaßen für Eltern und ihre minderjährigen Kinder gelten.
Eine generelle Zusammenrechnung der Stimmanteile eines minderjährigen Kindes mit den Stimmanteilen des das Vermögenssorgerecht innehabenden Elternteils ist daher nicht zulässig. Nur wenn nachweislich ein Einklang der Interessen der sorgeberechtigten und im konkreten Fall zur Vertretung des minderjährigen Kindes befugten Eltern und dem minderjährigen Kind besteht, können die Stimmanteile zusammengerechnet werden. Hierfür reicht es aber nicht aus, dass den Eltern oder dem betreffenden Elternteil die Vermögenssorge obliegt. Denn der Annahme eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens steht in diesem Fall nach Auffassung des FG entgegen, dass die Eltern ihr Vermögensverwaltungsrecht im Interesse des Kindes uneigennützig und verantwortungsgemäß ausüben müssen.
Revisionverfahren anhängig
Das FG Baden-Württemberg hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, da bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur aufgeworfenen Rechtsfrage vorliegt. Des Weiteren widerspreche seine Entscheidung der Verwaltungsauffassung. Die zugelassene Revision wurde eingelegt, sodass sich der BFH mit der umstrittenen Frage befassen muss (Az. des BFH: X R 5/19). Es wird interessant sein, wie sich der BFH im anhängigen Revisionsverfahren dazu stellt.
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