Erstattungszinsen bei Antragsveranlagung nutzen

Im Gegensatz zum derzeit sehr niedrigen Zinsniveau werden für Steuererstattungsbeträge zurzeit 6 % Zinsen jährlich gezahlt. So kann in Erstattungsfällen eine gesetzlich zulässige späte Abgabe der Steuererklärung eine lukrative Verzinsung bieten.

Verzinsung nach § 233a AO (zwei Seiten einer Medaille)

Sowohl für Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen des Finanzamtes fallen Zinsen von 0,5 % pro Monat, also 6 % im Jahr an. Sie werden erst ab dem 15. Monat nach dem Steuerjahr berechnet. Für das Steuerjahr 2014 würde somit am 1.4.2016 der Zinslauf beginnen. 

Der Bund der Steuerzahler setzt sich seit Jahren für eine Halbierung des Zinssatzes auf 3 % pro Jahr ein und prüft, juristisch gegen diesen Missstand vorzugehen. Der BFH hatte nach Darstellung des Verbandes bereits in einer Entscheidung aus 2014 Zweifel an dem hohen Zinssatz der Finanzämter angemeldet, wenn sich der Marktzins auf dauerhaft niedrigem Niveau stabilisiere. "Die Zinsen beim Finanzamt müssen runter", fordert Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel.

Das BMF sieht sich auf der rechtlich sicheren Seite. "Nach ständiger Rechtsprechung" von BVerfG und BFH sei der Zinssatz verfassungskonform. Er habe sich in der Praxis bewährt. Der Zinssatz könne "nicht mit dem wie auch immer verstandenen 'Marktzins' verglichen werden". Es gebe wesentliche Unterschiede zwischen dem "Marktzins" und der Verzinsung nach der Abgabenordnung, argumentiert das Ministerium und verweist auf die zinsfreie Karenzzeit von 15 Monaten. Auch würden die Zinsen nur für volle Monate berechnet und keine Zinseszinsen erhoben. 

Da eine Gesetzesänderung zurzeit nicht zu erwarten ist, können Steuerzahler in Fällen der Antragsveranlagung bei geschickter Gestaltung weiter von den hohen Erstattungszinsen profitieren.

Antragsveranlagung nach § 46 EStG

Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, und handelt es sich nicht um die in § 46 Abs. 2 Nr. 1-7 EStG aufgeführten Sonderfälle,  wird eine Veranlagung nur durchgeführt, wenn diese von dem Steuerpflichtigen beantragt wird (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Dieser Antrag ist durch Abgabe einer Steuererklärung nach R 46.2 Abs. 2 EStR innerhalb der allgemeinen Festsetzungsfrist von 4 Jahren zu stellen. Wie das nachfolgende Beispiel zeigt, bringt das Ausnutzen dieser 4-Jahresfrist bei höheren Steuererstattungen einen beträchtlichen Zinsvorteil.

Beispiel: Ausnutzen der 4-Jahresfrist

Ein gut verdienendes kinderloses Arbeitnehmer-Ehepaar kann aufgrund von erhöhten Werbungskosten (Arbeitszimmer, doppelte Haushaltsführung, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte etc.)  mit einer jährlichen Steuererstattung von ca. 10.000 EUR rechnen. Das Ehepaar, welches die jährlichen Erstattungsbeträge für die Anschaffung einer Eigentumswohnung spart, hat die Steuererklärung für das Jahr 2014 aus Zeitgründen bisher noch nicht abgegeben.

Da die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Nr. 2 AO 4 Jahre beträgt, und nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist, endet die Festsetzungsfrist für das Jahr 2014 am 31.12.2018. 

Wird die Steuererklärung für das Jahr 2014 erst im Dezember 2018 eingereicht,  und ergeht der Steuerbescheid im April 2019, ergibt sich bei einem Erstattungsbetrag von 10.000 EUR folgende Berechnung der Erstattungszinsen:

Beginn des Zinslaufs 1.4.2016
Ende des Zinslaufs 31.3.2019
Zu verzinsender Zeitraum36 Monate x 0,5 % = 18 %
Erstattungszinsen 18 % von 10.000 EUR  = 1.800 EUR Zinsen

Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Erstattungszinsen erst ab dem 15. Monat nach dem betreffenden Steuerjahr berechnet werden ergibt sich für die Zeit vom 1.4.2015 bis 31.3.2019 ein Effektivzins von 4,5 %.

Steuerpflicht der Erstattungszinsen

Der BFH hatte - entgegen früherer Rechtsprechung - in 2010 entschieden, Steuererstattungen und daran anknüpfende Erstattungszinsen gehörten zum nicht-steuerbaren Bereich (Urteil v. 15.6.2010, VIII R 33/07). Dieser Auffassung ist der Gesetzgeber sogleich im Jahressteuergesetz 2010 entgegen getreten und hat auf der Einnahmenseite ausdrücklich normiert, dass Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte der Besteuerung unterliegen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n. F.). Außerdem müssen Erstattungszinsen in der Steuererklärung als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt werden, da das Finanzamt von sich aus keine Abgeltungsteuer einbehält..

Umstritten ist noch ein anderer Punkt

Obwohl die vom Finanzamt erhaltenen Zinsen steuerpflichtig sind, können gezahlte Zinsen nicht abgesetzt werden. Das hat der BFH mit Urteil vom 15.4.2015 (VIII R 30/13) entschieden. Da der betroffene Kläger Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung des BFH eingelegt hat, muss nun das BVerfG in dem Verfahren 2 BvR 1711/15 über diese Ungleichbehandlung entscheiden.

Betroffene sollten in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf das Verfahren beim BVerfG ihre Steuerbescheide durch einen Einspruch offen halten.

Fazit

Wer nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist (Antragsveranlagung), und die jährlichen Steuererstattungsbeträge ohnehin auf die „hohe Kante“ legt, kann sich wie im Beispiel dargestellt eine gute Verzinsung sichern.

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Schlagworte zum Thema:  Steuererstattung, Abgabenordnung, Zinsen