Teil 2 - Mitarbeiter im Home-Office


Steuerkanzlei: Mitarbeiter im Home-Office

Die "Arbeit der Zukunft" wird seit einigen Jahren immer wieder thematisiert. Aus den Artikeln, Studien und Umfragen kann man den Eindruck gewinnen, es dauere nur noch kurze Zeit bis wir alle von überall aus und jederzeit arbeiten. Das Büro als tatsächlich realer "Ort zum Anfassen" ist danach ein Auslaufmodell.

Themen dieses Beitrags sind weder die technischen Voraussetzungen noch die rechtlich zu beachtenden Vorschriften. Hier wird es um die Organisations- und Führungsaufgaben gehen, die sich aus dieser Arbeitsform für das Kanzleimanagement ergeben.

Grundvoraussetzungen

Die wichtigste Grundvoraussetzung ist Vertrauen. Wenn Sie nicht davon überzeugt sind dass der betreffende Mitarbeiter loyal und verschwiegen ist, werden Sie mit dieser Lösung nicht glücklich werden.

Die zweite wichtige Voraussetzung ist eine klare, schriftliche Vereinbarung darüber, wie die Arbeit ausgestaltet werden soll. Dabei spielen die Kontaktpunkte zwischen Kanzlei und Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

"Touch Points" finden und regeln – Einbindung in die Organisation

Geregelt werden sollten die Kontaktpunkte zwischen Mitarbeiter und Kanzlei sowie zwischen Mitarbeiter und Mandant. Stellen wir uns also den Bearbeitungsprozess vor und schauen uns die wichtigsten Kontaktpunkte an.

  • Kontaktpunkt: Arbeitsplanung und Kontrolle

Sobald der Mitarbeiter nicht mehr persönlich am Schreibtisch im Büro sitzt überkommt Sie ein gewisser Kontrollverlust? Verständlich. Schließlich können Sie schlecht kontrollieren, was der Mitarbeiter zu Hause macht – oder eben nicht.

Aber schauen wir mal genau hin: Können Sie denn im Büro sehen, was Ihr Mitarbeiter den lieben, langen Tag so macht? Sind Sie morgens immer die oder der Erste? Sind Sie permanent im Büro oder auch mal zu Außenterminen? Können Sie zu jedem Zeitpunkt jeden Arbeitsplatz einsehen?

Eine wirklich lückenlose Kontrolle ist weder bei Mitarbeitern im Büro noch im Home-Office gegeben. In der Kanzlei nehmen aber die anderen Mitarbeiter allein durch ihre Anwesenheit eine gewisse Kontrollfunktion ein. Auch diese entfällt beim Home-Office.

Also müssen wir umdenken. Die Zeit können wir nicht kontrollieren. Wir können aber die Arbeitsergebnisse sehen. Dafür ist es sinnvoll, jedem Mitarbeiter ein bestimmtes, seiner Arbeitszeit entsprechendes Arbeitspensum zuzuweisen. 

Die Erfolgskontrolle wird dann gerade für die Home-Office Mitarbeiter deutlich einfacher. Im Prinzip ist es unerheblich, wie viel Zeit der Mitarbeiter tatsächlich mit dieser Arbeit verbringt – der eine ist zu Hause schneller, weil er weniger abgelenkt ist, der andere braucht mehr Zeit als im Büro, weil er z. B. durch kleine Kinder in der Konzentration gestört wird.

Zu einer realistischen und flexiblen Arbeitsplanung und -kontrolle gehört natürlich auch immer die Abstimmung und somit die Kommunikation untereinander. Eine kurze aber regelmäßige Arbeitsbesprechung, die ja auch telefonisch bzw. per Online-Plattform (Skype, o. ä.) möglich ist, sollte daher auf keinen Fall fehlen.

Für die Sicherstellung der Qualität der Arbeit (fachlich/ mandantenorientiert) empfiehlt sich das Arbeiten nach den Grundsätzen des Qualitätsmanagements mit entsprechenden einheitlichen Abläufen und Checklisten. Diese Vorgehensweise ist insbesondere bei neuen Mitarbeitern, die gleich ganz oder teilweise im Home-Office arbeiten, unverzichtbar.

  • Kontaktpunkt: Arbeitsvorbereitung

Dabei geht es nicht um die Grundausstattung des Home-Office, sondern um die Arbeitsunterlagen. Die Vorgehensweise ist hier stark vom "Digitalisierungsgrad" der Kanzlei abhängig. Arbeitet die Kanzlei mit DMS stehen dem Mitarbeiter alle Kanzleiunterlagen zur Verfügung. Hier wird spätestens klar, dass das "papierlose Büro" die Voraussetzung für modernes Arbeiten ist!

  • Kontaktpunkt: Rückfragen an Chef und Mandant

Währen der Bearbeitung kommen oft Rückfragen auf, die der Mitarbeiter mit Kollegen, dem Chef oder dem Mandanten klären muss. Hier gilt es auch, den jeweils angemessenen Kommunikationsweg zu finden. Die E-Mail nimmt in der gesamten Kanzleikommunikation heute einen immer größeren Stellenwert ein.

Gerade aber bei der Klärung von fachlichen Fragen oder bei Entscheidungen ist die E-Mail nicht besonders geeignet, da sich beim Austausch von Informationen und Argumenten schnell ein lästiges "Ping-Pong-Spiel" entwickelt, das dann oft mehr Zeit kostet, als wenn die Beteiligten den Telefonhörer in die Hand genommen hätten.

Tipp: Bei "klaren" Rückfragen (z. B. folgende Belege fehlen...) ist die E-Mail perfekt. Sobald es etwas komplexer wird, besser telefonisch klären. Und um hier das ebenfalls lästige "Rückruf-Ping-Pong" zu vermeiden, per E-Mail einen Telefontermin vereinbaren. In dieser E-Mail können und sollten die wichtigsten Infos und Aspekte für das kommende Gespräche schon genannt werden.

Das alles gilt sowohl für Mandanten- wie auch für Chef-Gespräche. Für beide Kontaktpunkte gilt auch: Je mehr Fragen gebündelt werden können, desto entspannter gelingt die Abarbeitung. Es wurde ja oben schon auf die notwendige Arbeitsbesprechung verwiesen. Sie kann auch gleich zur Klärung genutzt werden.

  • Kontaktpunkt: Rückgabe Arbeitsergebnisse und Informationen

Nach der Bearbeitung müssen die Arbeitsergebnisse sowohl in der Kanzlei als auch beim Mandanten zur Verfügung stehen. Auch hier gilt es, den persönlichen Kontakt mit dem Mandanten zu pflegen. Aus der Bearbeitung ergeben sich aber meist auch Informationen, die für andere Kanzleimitglieder wichtig sind.

Hier liegt eine wirkliche Besonderheit des Home-Office: Der Informationsfluss, der sonst "nebenbei" über den Schreibtisch, am Drucker oder in der Teeküche passiert, muss im Fall des Home-Office bewusst sichergestellt werden. Hier ist die E-Mail der richtige Kommunikationsweg!

Tipp: Verpflichten Sie Ihre Home-Office-Mitarbeiter, bestimmte Infos immer nach der Bearbeitung per Mail an Sie und/oder das Team weiterzugeben. Dabei geht es weniger um die "harten" Fakten. Diese können im Rahmen der Checkliste für die Kontenpflege, die Sie vielleicht in der Kanzlei schon einsetzen, dokumentiert werden. Es geht mehr um die "Soft Facts". Was ist beim Mandanten gerade los? Wie ist seine Stimmung? Ist er mit unserer Arbeit zufrieden?

  • Kontaktpunkt: Kanzleibesprechung

Ebenso wie der Mitarbeiter seinen "Erkenntnisgewinn" in die Kanzlei zurückbringen muss, muss er auch über wichtige fachliche und organisatorische Änderungen in der Kanzlei informiert werden. Schließlich nimmt der Mitarbeiter ganz oder teilweise nicht am "Flurfunk" Teil. Verpflichten Sie also Ihre Home-Office-Mitarbeiter zumindest für einen Termin im Monat zur persönlichen Anwesenheit in der Kanzlei.

Natürlich ist es manchmal schwierig, alle Mitarbeiter mit ihren individuellen Arbeitszeit-Modellen unter einen Hut zu bekommen. Machen Sie sich aber Folgendes klar: In den meisten Fällen geht der Impuls zur Heimarbeit vom Mitarbeiter aus. Er hat den klaren Vorteil auf seiner Seite währen Sie alles Notwendige dazu tun, ihm in seiner Lebenssituation ein optimales Arbeitsumfeld zu schaffen. Im Gegenzug können Sie dem Mitarbeiter durchaus klar machen, dass im Interesse von Chef, Kollegen und Mandanten gewisse Zugeständnisse notwendig sind, um die Qualität der Arbeit langfristig zu gewährleisten.

Tipp: Es gibt Kanzleien, die mit dem "elektronischen Flurfunk" arbeiten
Dabei handelt es sich quasi um ein kleines "Kanzleitagebuch". Wichtige Ereignisse, wie neue Mandanten (bzw. Mandantenabgang), Urlaube, fachlich wichtige Neuigkeiten, Einladung zum Kuchen Essen...) werden einfach nach Datum locker in eine Word-Datei geschrieben, die jeder einsehen kann. Noch besser ist natürlich ein eigens Chat-System in der Kanzlei (z. B. Bitrix 24) – also quasi ein "Kanzei-facebook". Nicht nur für Home-Office-Mitarbeiter ist dies eine gute Informationsquelle. Auch Halbtagsmitarbeiter oder der Urlaubsheimkehrer wissen das Tagebuch zu schätzen.

Fazit

Eigentlich sind die Themen, Kontaktpunkte und Führungsaufgaben in Bezug auf Home-Office-Mitarbeiter gar nicht so anders als für alle anderen Mitarbeiter auch. Durch die andere Arbeitsweise ändert sich nur der Blickwinkel und uns werden Dinge bewusster, die wir sonst in der Kanzlei als selbstverständlich hinnehmen.

Auch für "normale" Mitarbeiter müssen die Organisation und die Führung sichergestellt werden. Hierfür sind die technische Ausstattung und die Auftragsplanung, die Organisation der Kanzleiprozesse und Ihre Führungsarbeit entscheidend.

Tipp: Wenn Sie sich das nächste mal im Rahmen Ihres QMS oder einfach Ihrer Form Prozessoptimierung Gedanken über Ihre Kanzlei machen, ist folgendes "Planspiel" zu empfehlen: Tun Sie so, als sei jeder Mitarbeiter und Sie selbst auch zu 100 % Home-Office-Mitarbeiter. Dann stellen Sie sich die Frage nach den zu regelnden Kontaktpunkten, die in diesem Beitrag behandelt wurden.
Sie werden erstaunt sein, wie viel Verbesserungspotential Sie finden. Ihr Team und Sie können dann bewusst entscheiden, wo Sie die Vorteile einer "örtlichen" Zusammenarbeit und der daraus resultierenden Möglichkeit zum persönlichen Kontakt nutzen wollen.


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