Die Europawahl und ihre Folgen für die Umweltpolitik

Die jüngsten Wahlen zum Europäischen Parlament wurden von vielen als ein Referendum über den fortschreitenden ökologischen Wandel auf dem Kontinent interpretiert. Die Wahlergebnisse zeigen ein gemischtes Bild und die extreme Rechte hat einige Sitze hinzugewonnen. Einer der Gründe hierfür ist sicher ihre Ablehnung des schnellen Wandels.
Dies bedeutet jedoch keine grundsätzliche Ablehnung der Umweltinitiativen, denn sowohl die Mitte-Links- als auch die Mitte-Rechts-Positionen erhalten weiterhin starke Unterstützung. Trotzdem: Die Ergebnisse sollten als deutlicher Warnschuss interpretiert werden.
Die Herausforderung: Regierungsbildung und politische Anpassungen
Die eigentliche Bewährungsprobe für das neue Parlament wird darin bestehen, welche Änderungen und Kurskorrekturen vorgenommen werden, sobald eine Koalition und ein:e Präsident:in etabliert sind.
Ein zentrales Thema auf der Agenda ist zweifellos der Green Deal: Trotz der politischen Verschiebungen ist es unwahrscheinlich, dass dieser rückgängig gemacht wird. Die Initiative ist bereits zu weit fortgeschritten und erfährt im neuen Parlament erhebliche Unterstützung. Dennoch könnte das Tempo des grünen Wandels unter Druck geraten und genauer unter die Lupe genommen werden.
Das Tempo der Elektrifizierung in der Automobilindustrie
Die zunehmende Elektrifizierung der Automobilindustrie verdeutlicht die breiteren Herausforderungen der Umweltpolitik. Kürzlich beschloss Mercedes, die Elektrifizierung einer ihrer Plattformen aufzugeben, da die Verkaufszahlen der größeren Luxusmodelle schwächeln. Diese Entscheidung zeigt die Skepsis innerhalb der Branche hinsichtlich einer vollständigen Umstellung auf Elektrofahrzeuge.
Aus der Perspektive Norwegens, wo neun von zehn verkauften Autos elektrisch sind, erscheint dieser Zweifel fehl am Platz. Jede Verzögerung politischer Entscheidungen wird den Fortschritt der Transformation hemmen und dazu führen, dass Europa in zehn Jahren technologisch hinter anderen globalen Mächten zurückfällt. Und das könnte zur Folge haben, dass die Forderungen nach mehr Protektionismus oder Rettungsmaßnahmen lauter würden.
Europas Energiewende ist eine bemerkenswerte Leistung
Europas Umgang mit der Energiewende, insbesondere der Ersatz von 1000 TWh Energie, die zuvor aus russischem Gas stammte, war bemerkenswert. Dieser Übergang, erreicht durch Energieeffizienz, neue Gaslieferanten sowie Wind- und Solarenergie, entspricht dem kombinierten Strombedarf von Deutschland und Frankreich.
Dass ein so bedeutender Wandel ohne größere soziale Unruhen ablief, ist beeindruckend. Die Herausforderung für Europa besteht nun darin, dieses Momentum beizubehalten, um Solar-, Wind- und Batterietechnologien weiterzuentwickeln.
Untätigkeit und Bedauern vs. Entschlossenheit und Resilienz
Die Europäische Union befindet sich an einem Wendepunkt. Nicht etwa zwischen grüner Politik und Stillstand, sondern zwischen Passivität und entschlossener Widerstandsfähigkeit. Wissenschaftler:innen warnen vor den kritischen Jahren, die verbleiben, um den Klimawandel zu stoppen und umzukehren. Die politischen Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, werden langfristige Auswirkungen haben.
Ein Abweichen vom Kurs könnte für diese Generation ein schwerwiegender Fehler sein, während entschlossenes Handeln den Weg zu einer nachhaltigen Zukunft ebnen könnte. Otto von Bismarcks Feststellung, dass „Politik die Kunst des Möglichen ist", bleibt auch heute aktuell. Und mit dem richtigen politischen Willen sind alle Ziele erreichbar.
Die Wahlergebnisse sind kein vollständiger Rückschlag für den grünen Wandel, sondern ein deutlicher Warnschuss. Wenn Europa jetzt zögert, droht der Kontinent technologisch zurückzufallen, was fatale Folgen hätte. Nur durch entschlossenes Vorantreiben der Elektrifizierung und erneuerbarer Energien können wir die besten Ergebnisse erzielen.
Dieser Weg wird erfolgreich sein und die Kritik wird verstummen. Wenn wir jedoch unsicher handeln, ist ein Scheitern vorprogrammiert und die Wahlergebnisse werden unweigerlich eine schlechte Bilanz aufzeigen. Der Warnschuss wird dann zur Realität.
Andreas Thorsheim ist Unternehmer im Bereich erneuerbare Energien. Mit einem starken Hintergrund in den Bereichen Technologie und Unternehmertum gründete er 2016 Otovo, den europäischen Marktplatz für Solaranlagen und Batteriespeicher. Das Unternehmen ist in 13 europäischen Ländern aktiv und hat eigene Standorte in Oslo sowie in Stockholm, Paris, Lissabon, Wien, Madrid, Berlin, Mailand und Warschau. |
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