Greenflation-Risiko: So bleiben Mitarbeitende interessiert und engagiert
Inflation, „Gierflation“ – und jetzt „Greenflation“? Der Begriff bezeichnet einerseits steigende Preise, die mit Kostensteigerungen durch den Übergang in eine klimafreundlichere Welt begründet werden. Bezogen auf die interne Kommunikation meint „Greenflation“ andererseits die übermäßige – also inflationäre – Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen. Diese kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Akzeptanz von Nachhaltigkeitsmaßnahmen bei den Mitarbeitern eher sinkt als steigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Botschaften als nicht authentisch wahrgenommen werden.
Louisa Röhling, Referentin für Nachhaltigkeit bei der GAG Immobilien AG, Kölns größter Vermieterin mit rund 45.000 Wohnungen und mehr als drei Millionen Quadratmetern Wohn- und Nutzfläche, teilt ihre „Anti-Greenflation“-Strategien. Im Interview mit Yvonne Hoberg erklärt sie, warum die enge Zusammenarbeit des Nachhaltigkeitsmanagements mit Marketing und Kommunikation entscheidend ist, wie die Unterstützung der Geschäftsführung optimal genutzt werden kann und welche Formate dabei helfen, das gesamte Team für das Thema Nachhaltigkeit zu begeistern.
Frau Röhling, woher kam der initiale Nachhaltigkeits-Drive in Ihrem Unternehmen?
Louisa Röhling: Ich habe von unserem Vorstand den Auftrag erhalten, den Wissensaufbau rund um das Thema Nachhaltigkeit im Kontext von Immobilien und Wohnen bei den Mitarbeitenden voranzutreiben. Das war ein klarer Wunsch der Unternehmensführung. Die Mitarbeitenden sollen verstehen, warum Nachhaltigkeit zum Teil unserer Unternehmensstrategie wird. Meine Erfahrung ist: Es geht darum, immer wieder die Notwendigkeit und das Warum zu vermitteln, um Widerstände im Wandel zu minimieren.
Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit dem Marketing und der Unternehmenskommunikation für den Erfolg der Nachhaltigkeitskommunikation?
Ich habe das Glück, dass meine Kolleginnen und Kollegen im Marketing und in der Kommunikation den Wert und die Notwendigkeit des Themas schon früh erkannt haben. Sie verstehen den unternehmerischen Nutzen der Nachhaltigkeitsinitiativen. Zu Beginn war es jedoch entscheidend, intensives Engagement und spezifisches Wissen einzubringen und die vielfältigen Perspektiven zu verstehen. Durch diesen Austausch konnten wir das kritische Nachhaltigkeitsbewusstsein schaffen und damit die Basis für die Akzeptanz und den Erfolg unserer Nachhaltigkeitskommunikation legen. Mittlerweile haben wir uns gut eingespielt und arbeiten effektiv zusammen.
Wie haben Sie die richtige Balance in der Frequenz und bei den Formaten Ihrer internen Nachhaltigkeitskommunikation gefunden?
Wir haben die optimale Taktung durch Trial & Error, Feedback und Auswertungen unserer Formate gefunden. Unser interner Blog etwa erscheint heute einmal im Monat mit ausführlicheren Beiträgen. Unsere interne Podcastreihe, die anfänglich 30 Minuten dauerte, bietet mittlerweile 10-minütige ‚Shortcasts', die sich großer Beliebtheit erfreuen.
Unterstützung aus dem Vorstand entscheidend
Wie halten Sie das Interesse und die Akzeptanz Ihrer Maßnahmen bei den Mitarbeitenden hoch?
Es wird immer deutlicher, dass die Mitarbeitenden die Wichtigkeit der Nachhaltigkeitsinitiativen erkennen, vor allem, weil unser Vorstand das Thema so stark unterstützt und mittreibt. Dieses Commitment ist aus meiner Erfahrung noch entscheidender für den Erfolg unserer Nachhaltigkeitsinitiativen als die Performance bei diesen Themen in der Kommunikation und im Marketing. Letztendlich gehen Management-Support und Kommunikation jedoch Hand in Hand.
Wie integriert sich Nachhaltigkeit in den Purpose des Unternehmens?
Unsere Satzung verpflichtet uns, breite Schichten der Kölner Bevölkerung mit sicherem Wohnraum zu sozial angemessenen Bedingungen zu versorgen. Mit einem umfassenden Sozialmanagement, das fast 30 Mitarbeitende umfasst, waren wir schon immer stark im sozialen Bereich. In letzter Zeit haben wir uns auch verstärkt auf ökologische Themen konzentriert. Wir möchten den Zusammenhang zwischen unserer Arbeit und den klimabezogenen Themen deutlicher machen und sehen auch hier, dass dies einen positiven Impact schafft.
Auf die richtige Frequenz und den Formatemix kommt es an
Welche Formate nutzen Sie, um der internen Audience Raum für Fragen und Diskussionen zu geben?
Es ist uns wichtig, den Mitarbeitenden beim Thema Nachhaltigkeit Raum für offene Gespräche und Fragen zu bieten. Gerade bei einem so komplexen Thema wie Nachhaltigkeit können schnell Hemmschwellen entstehen, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, nicht mehr auf dem neuesten Stand zu sein. Um dem entgegenzuwirken, setzen wir auf niedrigschwellige Austauschformate wie unsere ‚Brown Bag'-Sessions, die unser agiler Arbeitskreis organisiert. Diese finden einmal im Monat in der Mittagspause statt und bestehen aus einem kurzen, 10-minütigen Impuls, gefolgt von 50 Minuten offener Diskussion und Austausch. Wir versuchen dort auch immer wieder über nachhaltige Themen zu sprechen. Diese freiwilligen Formate, an denen in der Spitze schon 20 Prozent unserer Belegschaft teilgenommen haben, fördern eine engagierte und inklusive Kommunikation.
Welche Tipps haben Sie, um Greenflation im Unternehmen zu vermeiden und die interne Nachhaltigkeitskommunikation effektiv zu gestalten?
Um Greenflation zu vermeiden, ist eine ausgewogene Frequenz der Kommunikation entscheidend. Eine gute Mischung aus verschiedenen Formaten hilft, die Vielfalt der Bedürfnisse zu bedienen. Zudem sollten die Länge der Beiträge und der Umfang der Formate so gestaltet sein, dass sie die Mitarbeitenden nicht überfordern. Es ist wichtig, den Bezug zum ‚Warum' regelmäßig herzustellen – also immer wieder zu erklären, warum wir diese Maßnahmen ergreifen und was sie für jeden Einzelnen bedeuten. Freiwilligkeit spielt eine große Rolle: Nachhaltigkeit sollte nicht verordnet werden. Wir haben beobachtet: Wenn die Belegschaft das ‚Warum' versteht, entwickelt sich oft eine intrinsische Motivation, die Angebote eigenständig zu nutzen. Schließlich ist es wichtig, interne Multiplikatoren zu identifizieren und einzusetzen, um die Nachhaltigkeitskommunikation zu stärken und zu verbreiten.
Top-Tipps gegen Greenflation in der internen Kommunikation
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