Kommentar: Limitierung der CSRD-Prüfung

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) markiert einen Meilenstein in der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die EU-Richtlinie soll die Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen verbessern und damit die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft unterstützen. Die Limitierung der Prüfberechtigung auf Wirtschaftsprüfer ist allerdings ein Risiko, meint Hans-Jürgen Fengler.

Die Umsetzung der CSRD in nationales Recht wird rund 15.000 deutsche Unternehmen betreffen, die gestaffelt je nach Unternehmensgröße in den kommenden Geschäftsjahren erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen und prüfen lassen müssen. Der aktuelle Entwurf könnte für diese Unternehmen jedoch zur Belastung werden und den Fortschritt ausbremsen. Die Ursache: Nur Wirtschaftsprüfungsgesellschaften dürfen laut dem Entwurf die Nachhaltigkeitsberichte prüfen. Damit werden dringend benötigte Expert:innen ausgeschlossen und es fehlen Prüfkapazitäten.

Engpässe und steigende Kosten: Die Folgen der Marktbeschränkung

Die Folgen dieser Beschränkung sind weitreichend und könnten die Effektivität der CSRD-Umsetzung in Deutschland erheblich beeinträchtigen. Die begrenzten Kapazitäten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften werden durch die zusätzliche Aufgabe der CSRD-Prüfung stark belastet. Dies wird unweigerlich zu einem Prüfungsstau führen, der die zeitnahe Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten gefährdet – Unternehmen, die nach Investor:innenkapital suchen geraten dadurch in die Bredouille.

Gleichzeitig bleibt das umfangreiche Fachwissen von spezialisierten Auditierungsdienstleistern ungenutzt. Solche Unternehmen verfügen über die Expertise von zwei Jahrzehnten, in denen sie nicht-finanzielle Nachhaltigkeitskennzahlen geprüft und zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsstandards beigetragen haben. Ihre Erfahrung erstreckt sich über ein breites Spektrum von Nachhaltigkeitsaspekten, von Umweltmanagement bis hin zu sozialen und Governance-Themen.

Für Unternehmen bedeutet das ein erhebliches Risiko. Sie müssen mit langen Wartezeiten rechnen, was zu verspäteten Jahresberichten und damit zu wirtschaftlichen Konsequenzen führen kann. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeitsinformationen zunehmend an Bedeutung für Investoren und andere Stakeholder gewinnen, könnte dies die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den internationalen Kapitalmärkten beeinträchtigen.

Besonders der Mittelstand ist betroffen

Zudem erhöht die Verengung des Prüfungsmarktes die Kosten für Unternehmen signifikant. Der fehlende Wettbewerb und die absehbaren Kapazitätsengpässe bei den Wirtschaftsprüfungen treiben die Preise nach oben. Das belastet insbesondere mittelständische Unternehmen, die ohnehin vor großen Herausforderungen bei der Umsetzung der CSRD stehen.

Bemerkenswert ist, dass diese künstliche Verknappung der Kapazitäten einen deutschen Sonderweg darstellt. Die Richtlinie lässt es für die EU-Mitgliedsstaaten offen, den Kreis zugelassener Prüfungsinstanzen zu öffnen. Andere EU-Länder wie Frankreich haben das als Chance erkannt und lassen deshalb auch unabhängige, spezialisierte Prüfdienstleister zu.

Diesem Vorgehen schließt sich auch die Empfehlung des Bundesrats an, die darauf hinweist, dass die Öffnung des Prüfungsmarkts dazu beiträgt, die „praxisgerechte Anwendbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu steigern“. Die Empfehlung beruft sich ebenfalls auf Kapazitäts-, Knowhow- und Kostengründe, die für eine Öffnung sprechen.

Für Deutschland kann sich eine Begrenzung zu einem ernsthaften wirtschaftlichen Wettbewerbsnachteil entwickeln, der dem Standort schadet und die Bemühungen um eine nachhaltigere Wirtschaft untergräbt.

Qualität durch Wettbewerb: Vier Vorteile der Marktöffnung

Die Lösung für diese Herausforderungen liegt in der Öffnung des Prüfungsmarktes. Diese Marktöffnung würde mehrere Vorteile bieten:

  1. Erhöhte Verfügbarkeit qualifizierter Prüfer: Ein breiterer Pool an Prüfern würde die Kapazitätsengpässe reduzieren und eine zeitnahe Prüfung der CSRD-Berichte ermöglichen.
  2. Förderung des Wettbewerbs: Mehr Anbieter auf dem Markt würden zu einem gesunden Wettbewerb führen. Dieser fördert Innovationen und steigert die Qualität der Prüfungsleistungen.
  3. Senkung der Prüfungsgebühren: Durch den verstärkten Wettbewerb und die erhöhte Effizienz würden die Kosten für Unternehmen sinken. Davon profitiert besonders der Mittelstand in Deutschland.
  4. Nutzung spezifischer Expertise: Zertifizierungsunternehmen und technische Sachverständige verfügen oft über tiefgreifendes Fachwissen in der Prüfung von Umwelt-, Arbeitsschutz- und Energiemanagementsystemen. Dieses Wissen ist für die CSRD wertvoll und kann dazu beitragen, die Qualität der Prüfungen zu erhöhen.

Die CSRD ist ein willkommener Baustein, der unsere wirtschaftliche Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit stärkt, indem sie die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsleistungen in Unternehmen stärkt. Deutschland sollte dieses Potenzial nutzen und nicht durch unnötige Beschränkungen die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gefährden. Um dies zu verwirklichen, ist eine Überarbeitung des aktuellen Gesetzentwurfs zur CSRD-Umsetzung in Deutschland dringend erforderlich. Nur so kann Deutschland seine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit behaupten.


Schlagworte zum Thema:  CSRD, Nachhaltigkeitsberichterstattung