Jobprofile rund um Nachhaltigkeit

Im dynamischen Bereich der Nachhaltigkeit existieren vielfältige Jobtitel, deren Nuancen und Gemeinsamkeiten oft unklar sind. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Unterschiede zwischen Positionen wie Nachhaltigkeitsmanager, ESG-Manager und CSR-Manager. Gleichzeitig gehen wir der Frage nach, ob es klüger ist, Profis anzuheuern oder bestehendes Personal weiterzubilden.

Umwelt- und Klimaschutz werden für Unternehmen immer wichtiger. Dass sie nicht nur reagieren, sondern nachhaltig agieren müssen, hat auch mit den Ansprüchen der Gesellschaft an Unternehmen und Führungskräfte durch die Investorenlandschaft zu tun. Hinzu kommt der Veränderungsdruck sowie Impulse für mehr Nachhaltigkeit wie internationale Initiativen wie die UN Sustainable Development Goals, staatliche Regulierungen und gestiegene Nachhaltigkeitsanforderungen des Kapitalmarkts.

Es braucht kohärente Strategien, die dazu beitragen, dass Organisationen schneller und aktionsfähiger werden. Es muss eine Person oder Abteilung geben, die sich maßgeblich und unabhängig von den einzelnen Fachbereichen dem Querschnittthema Nachhaltigkeit bzw. CSR widmet. Ein laxer Umgang mit Funktionen wie CSR-Manager, Head of Sustainability oder Head of ESG ist allerdings kritisch zu bewerten: Es kommt immer wieder vor, dass Unternehmen Personen in einer weitgehend zeremoniellen Funktion einstellen (Kompetenz-Greenwashing).

Viel wichtiger als eine solche Funktionsbezeichnung ist daher, das Thema selbst im Unternehmen angemessen zu positionieren. Zudem erfordert das komplexe Feld der CSR - von Nachhaltigkeitsthemen, Ethik, Werten und CSR-Theorien, Nachhaltigkeitsmanagement bis hin zur modernen Kommunikation und Berichterstattung nach anerkannten Nachhaltigkeitsstandards – viel Erfahrung.

Berufsfeld Nachhaltigkeitsmanagement: Herausforderungen

  • das Berufsbild des Nachhaltigkeitsmanagers ist häufig nicht klar definiert
  • fehlendes Verständnis, was Nachhaltigkeit in allen Dimensionen tatsächlich bedeutet und wie vielfältig und komplex die Schnittstellen im Unternehmen sind
  • Nachhaltigkeit und CSR werden zuweilen noch immer mit „Öko“ und „sozialen Engagements“ verbunden („social“ wird häufig noch mit „sozial“ statt mit „gesellschaftlich“ gleichgesetzt)
  • hinter vielen Unternehmensaktivitäten steht noch keine Systematik und nachhaltige Wirkung
  • kein systematisches Beziehungsmanagement mit den Stakeholdern.

Sustainability: Jobbezeichnungen im Überblick

CR-Manager
Da CSR häufig nur mit der sozialen Ebene in Verbindung gebracht wird, verwenden einige Unternehmen lieber den breiteren Begriff CR (Corporate Responsibility). Ein CR-Manager benötigt vielfältige personale und sozial-kommunikative Kompetenzen sowie Aktivitäts– und Handlungskompetenzen, weniger die reinen Fach- und Methodenkompetenzen. Diese bilden zwar die Basis, funktionieren allerdings nicht ohne die weiteren Kompetenzen.

CSR-Manager
arbeiten zumeist im Bereich Kommunikation oder Strategie/Stabsfunktion. Mit dem "CSR-Wissen" übernehmen sie als CSR- und Strategie-Beauftragte, Projektleiter und Kommunikatoren wesentliche Koordinationsfunktionen in Unternehmen und Instituten. Auch im Beratermarkt ist eine quantitative Zunahme von CSR-Beratern sehr deutlich. Voraussetzungen sind in der Regel (wie beim CR-Manager) ein abgeschlossenes Studium in Natur-, Geistes-, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften, (Wirtschafts-)Informatik, Ingenieurwesen, BWL oder Nachhaltigkeitsmanagement oder vergleichbarer Qualifikation, erste Erfahrungen im Bereich Nachhaltigkeit.

ESG-Manager
Environmental Social Governance (ESG) ist eine Management-, Finanz- und Geschäftsstrategie, die auf bestehenden Strukturen und Managementsystemen aufbaut (ersetzt aber nicht CSR). Je weniger reif eine Organisation ist, desto stärker müssen sich ESG-Verantwortliche vorab mit der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, Prozessen, Kommunikationsstrategien, Datenmanagement und Policies beschäftigen. Ein ESG-Manager sollte Kenntnisse in den Bereichen Qualitäts- und Umweltmanagement, Finanz und Controlling, Kenntnisse zu relevanten Rahmenwerken und gesetzlichen Anforderungen aus dem Green Deal (Taxonomie-Verordnung, CSRD, Sorgfaltspflichten in der Lieferkette etc.) haben. Allerdings gelingt das nicht von heute auf morgen, sondern nur Schritt für Schritt.

Nachhaltigkeitsmanager bzw. Sustainability Manager
sollten das erlernte „Handwerkszeug“ theoretisch und praktisch in seinem jeweiligen Tätigkeitsbereich anwenden können. Der Arbeitsalltag zeichnet sich durch ein breites Tätigkeitsspektrum aus. Typische Aufgaben im Überblick:

  • Beratung, Koordination und Unterstützung aller Unternehmensabteilungen zu nachhaltigkeitsrelevanten Themen
  • Begleitung von Zertifizierung des Unternehmens nach verschiedenen Standards (z.B. ISO 9001, ISO 14001, FSC oder EG-Öko-Verordnung) und Nutzung der Rahmenwerke wie SDGs, ISO 26000, UN Global Compact, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, GRI-Standards etc.
  • Begleitung von Implementierungsphasen und anschließende Auditierung des vereinbarten Regelprozesses im Rahmen des Managementsystems
  • Koordination und Kommunikation der Nachhaltigkeitsthemen, Forschungsstudien und Zertifizierungen
  • Ansprechpartner für die Stakeholder des Unternehmens
  • Erstellung des regelmäßig erscheinenden Nachhaltigkeitsberichts
  • Beteiligung an Projekten zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und Wahrnehmung von Unternehmensmitgliedschaften.

Sustainable Finance Manager (SFM)
Im Finanzbereich zeigen sich andere Handlungsfelder als zum Beispiel in der Textilindustrie. Ein SFM entwickelt Strategien, Datenmodelle und ESG-Scoring-Verfahren. Voraussetzung ist in der Regel ein Studium in (Wirtschafts-) Informatik, Nachhaltigkeitsmanagement, Naturwissenschaften o. ä., Kenntnis der Regulatorik (EU-Taxonomie, CSRD, SFDR, MiFID II) sowie ESG-Risiko- oder Stresstestmodelle.

Letztlich ist es in der Praxis unerheblich, welcher Begriff für den Jobtitel verwendet wird. Viel wichtiger ist, dass alle im Unternehmen das gleiche Nachhaltigkeitsverständnis haben und alle Ebenen mitdenken!

Praxisbeispiele Nachhaltigkeitsmanager

„Ein Nachhaltigkeitsmanager sollte Experte und Multitalent in einem sein“, sagt Lothar Hartmann, der diesen Unternehmensbereich bei der memo AG verantwortet. Ständige Weiterbildung zu allen relevanten Nachhaltigkeitsthemen ist deshalb „erste Pflicht“. Seit 1996 verantwortet er den Bereich Qualitäts- und Nachhaltigkeitsmanagement. Er bewarb sich damals bei dem ökologischen Versandhändler, weil er die Chance erhielt, sich dort intensiv mit Nachhaltigkeitsaspekten zu beschäftigen und ein entsprechendes, für das Unternehmen maßgeschneidertes Managementsystem aufzubauen. Da das Thema Nachhaltigkeit hier dezentral verankert ist, hat Hartmann vornehmlich Informations-, Beratungs- und Koordinationsaufgaben. Die komplette Durchführung von Projekten oder Maßnahmen durch ihn sind eher selten, denn die Umsetzung liegt in der Fachkompetenz der jeweiligen Bereiche. Wichtig ist, niemals zu glauben, dass irgendwann 100 Prozent erreicht werden, denn Nachhaltigkeit ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Stephan Bongwald, ein gelernter Betriebswirtschaftler, ist seit 2012 Nachhaltigkeitsbeauftragter bei den Barmenia Versicherungen. In seiner Tätigkeit koordiniert und kommuniziert er Nachhaltigkeitsthemen (unter anderem die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, Unterstützung der Vorstände, Koordination von Forschungsstudien und Zertifizierungen). Gleichzeitig ist er Ansprechpartner für die Stakeholder zu dieser Thematik. Der andere Schwerpunkt ist die Koordination unseres Umweltmanagementteams. In dieser Funktion ist es immer wichtig, „dass Maßnahmen wirtschaftlich bleiben und entsprechende Zahlen vorgewiesen werden können. Die Kosten für das Nachhaltigkeitsmanagement hängen von Umfang und Anzahl der einzelnen Nachhaltigkeitsprojekte ebenso ab wie von der Unternehmensentscheidung, Leistungen, insbesondere Arbeitszeitleistungen, im Nachhaltigkeitsbudget beziffern zu wollen oder bestimmte Positionen als On-top-Leistung zu definieren“, so Bongwald.

Einstellen oder intern weiterbilden?

Unternehmen stehen immer wieder vor der Frage, was besser ist: einen Nachhaltigkeitsmanager einzustellen oder aus den eigenen Reihen heraus Mitarbeitende zu Nachhaltigkeits- und ESG-Managern zusätzlich ausbilden zu lassen. Beides ist ein guter Weg, wenn es Nachhaltigkeitsteams gibt, die abteilungsübergreifend agieren und die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens fördern. Die Mitglieder müssen nicht unbedingt die Leiter der jeweiligen Abteilungen sein. Erwiesen ist, dass gerade Mitarbeitende auf einer unteren Hierarchieebene besonders interessiert und motiviert sind. Aus solchen Teams heraus, die in der Regel von einer Führungskraft geleitet werden, wird später meistens ein Nachhaltigkeitsbeauftragter ernannt.

Das Bewusstsein und die Leidenschaft für ein Thema sind allerdings nicht gleichzusetzen mit Fachwissen. Nur weil jemand eine Leidenschaft für Nachhaltigkeit hat, kann er noch nicht als Experte gelten. Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich sind deshalb sehr wichtig. Grundsätzlich ist zwischen Hochschulstudiengängen im Bereich Nachhaltigkeit/CSR und einer Vielzahl von Fort- und Weiterbildungsangeboten verschiedener Seminaranbieter zu unterscheiden. Hochschulen bieten CSR in der Regel. als Teil des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums für die Zielgruppe Studierende; Seminaranbieter offerieren sehr vielfältige Angebote vor allem für Berufstätige. In den vergangenen Jahren hat es eine deutliche Zunahme von Veranstaltungen und Seminaranbietern im Bereich CSR gegeben. Im Zuge der aktuellen Gesetzgebung zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht mehren sich die Bildungsangebote – ergänzt um ESG - weiter.

Ein Praxisbeispiel: Beim Baudienstleister und Projektentwickler Krieger + Schramm wurde die Notwendigkeit der Weiterbildung in diesem Bereich schon früh erkannt: Ein 32-jähriger Fachingenieur und Bauphysiker widmet sich vom Standort Dingelstädt aus um die aktuellen und zukünftigen Projekte aus Frankfurt/M., München, Nordhessen und Berlin. Drei Phasen durchläuft er dafür bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Derzeit durchläuft der K+S-Mitarbeiter die zweite Phase: „In der Schulung wurden als Erstes die Grundlagen des Nachhaltigen Bauens vermittelt, und in diesem Jahr kommen die Prozesse hinzu, die notwendig sind, um die Ökobilanz oder eine Nachhaltigkeitszertifizierung durchzuführen. Was dann wiederum die Grundlagen sind, um die Förderung für ein Projekt zu beantragen.“ Zusätzlich macht er beim DGNB noch eine Ausbildung zum ESG-Manager, um dann hausintern den Prozess der ESG-Verifikation zur EU-Taxonomie abzubilden.


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