Individuelles Gesundheitsprogramm verändert Verhalten
Barbara Thiel, Leiterin Personalservice und Gesundheitsmanagement, stellte sich den Fragen der Haufe Arbeitsschutz-Redaktion zur Entwicklung und zum Erfolg des Programms.
Frau Thiel, warum war es Ihnen wichtig, ein eigenes Gesundheitsprojekt für die Gelben Engel zu starten?
Die Pannenhilfe ist das Kerngeschäft des ADAC. Zudem stellen die Pannenhelfer die größte Tätigkeitsgruppe aller Mitarbeiter bei uns dar.
AKTIV Mobil ist speziell auf die Pannenhelfer zugeschnitten. Wie wurde das Konzept entwickelt?
Zuerst haben wir untersucht, welche spezifischen Anforderungen und alterskritischen Merkmale bei dieser Mitarbeitergruppe eine Rolle spielen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse haben wir dann das Programm ganz gezielt mit den drei Komponenten Bewegung, Ernährung und mentale Fitness gemeinsam mit einem externen Gesundheitsdienstleister konzipiert.
Für die Konzeptentwicklung haben wir zusammen mit einigen unserer Pannenhelfern zum Thema muskelskeletäre Belastungen typische Situationen analysiert. Dabei zeigte sich z. B.: Wer an einem defekten Auto an der Elektronik arbeitet, muss sich dafür quer unter die Lenksäule legen. Wer am Motor etwas kontrolliert, muss sich in den Motorraum beugen und wer ein Rad wechselt, muss dafür in die Hocke gehen. Für jede dieser Bewegungen und Zwangshaltungen haben Sportwissenschaftler und Physiotherapeuten dann ergonomische Abläufe und spezielle Ausgleichsübungen entwickelt.
Wie lange soll das Gesundheitsprogramm dauern?
2006 erhielten wir den Auftrag gesundheitsfördernde Maßnahmen zu konzipieren. 2007 haben wir das Konzept AKTIV Mobil in einer Pilotphase getestet. Seit 2012 ist es im Regelbetrieb. AKTIV Mobil ist einer von vielen dauerhaften Bausteinen des ADAC Gesundheitsmanagements.
Wer kann an AKTIV Mobil teilnehmen?
Grundsätzlich kann jeder Pannenhelfer daran teilnehmen. Die Führungskräfte aus den einzelnen Regionen melden die Teilnehmer dazu an. Die Nachfrage ist zufriedenstellend und steigt. Unser Ziel ist es, Jahr für Jahr einen bestimmten Prozentsatz der Pannenhelfer am bundesweiten Programm teilnehmen zu lassen, bis alle das Programm einmal durchlaufen haben.
Was erwartet die Teilnehmer und von wem werden sie betreut?
Die Teilnehmer treffen sich zu einem Basistag z. B. in einem Sportzentrum oder Fitnessstudio. An diesem Basistag wird bei einem Check up der individuelle Gesundheitsstatus erhoben. Referenzwerte liefern die dabei zum Einsatz kommenden elektronisch- bzw. IT-gestützten Messgeräte. Außerdem vermitteln Coachs am Pannenhilfsfahrzeug, also direkt am Arbeitsplatz der Gelben Engel, grundlegende Informationen zur ergonomischen Bewegung, geben bei einem Imbiss Tipps zur schichtbezogenen Ernährung und Hinweise auf die mentale Fitness bei der Tätigkeit als Pannenhelfer. Diese Coachs sind Sport- oder Ernährungswissenschaftler und Physiotherapeuten und kommen von einem externen Dienstleister.
Jeder Teilnehmer setzt sich nach dem Check-up Tag auf der Basis seiner Ergebnisse und in Abstimmung mit seinem Gesundheitscoach konkrete Gesundheitsziele. Dieser Coach begleitet und unterstützt den Teilnehmer dann 20 Wochen bei der Erreichung dieser Ziele. Am Ende des Programms wird geschaut, was erreicht wurde und was der Mitarbeiter in Zukunft weiter beachten sollte.
Zur Evaluation befragen wir vom ADAC Gesundheitsmanagement die Teilnehmer zusätzlich und zwar einmal nach dem Erlebnistag und dann noch einmal nach den 20 Wochen.
Wie kann ich mir das individuelle 20-wöchige Programm vorstellen?
Jeder Teilnehmer bekommt seinen individuellen Plan. Denn nur wer an seinen Themen arbeitet, verändert sein Verhalten. Wer z. B. abnehmen will, bekommt von seinem Coach einen individuellen Ernährungsplan, Einkauftipps und vor allem Motivationsgespräche. Bei wem Bewegung im Mittelpunkt stehen soll, den weist der Coach z.B. in einem Fitness-Center in seinen individuellen Trainingsplan ein und der Teilnehmer probiert die Übungen gleich aus. Diesen Trainingsplan kann der Pannenhelfer dann nach Abschluss des Programms in jedem beliebigen Fitnessstudio fortsetzen.
Außerdem erhält jeder Teilnehmer das Gesundheitsprogramm als Handbuch. Das „Fotomodell“ darin für die Bewegungsübungen ist ein Kollege, so dass die Identifikation leichter fällt. Auf perforierten Seiten sind u. a. Übungen abgebildet, die der Pannenhelfer im Auto durchführen kann. Der Coach wählt die passende Seite aus und trennt sie aus dem Handbuch. Die Karten können hinten ins Buch gesteckt oder im Handschuhfach mitgenommen werden, so dass sie auch unterwegs griffbereit sind und das Training unterstützen.
Verraten Sie uns noch einen Ernährungstipp für unterwegs aus Ihrem„AKTIV Mobil-Programm?
Da wir wissen, dass viele Fast Food essen, haben wir im Handbuch Menüs aufgenommen, die man mit recht gutem Gewissen essen kann. Das ist bei McDonalds der Cesarsalat mit Hähnchenbrust und Mozzarella oder ein Wrap mit Tomate, Mozzarella und Hähnchen. Beide haben etwa 600 kcal und damit eine ganz gute Energiebilanz. Bei Burger King haben 6 King Wings mit einem Delight Salad oder der Grilled Chicken mit Salat auch jeweils nur rund 550 kcal.
Preisträger gelten immer als Vorbild. Können Sie Ihr Gesundheitskonzept anderen Unternehmen empfehlen?
Arbeit macht einen großen Teil des Tages aus und beeinflusst das Leben. Gesundheitskonzepte sollen deshalb tätigkeitsspezifisch sein, der jeweiligen Zielgruppe entsprechen und in den Arbeitsalltag integrierbar sein. Mit Sicherheit lässt sich AKTIV Mobil auf andere Unternehmen mit Außendienstler übertragen.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Thiel.
Das Gespräch führte Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin.
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