BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019 und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von 2022 verpflichten Arbeitgeber, die tägliche Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Neben der Überwachung von Überstunden und die Entlohnung der Beschäftigten, spielt die Arbeitszeiterfassung auch eine zentrale Rolle für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Das zeigen auch aktuelle Zahlen aus der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023.

Die BAuA-Arbeitszeitbefragung ist eine repräsentative Befragung unter Erwerbstätigen. Befragt wurden abhängig Beschäftigte im Alter von 15 bis 65 Jahren, die mindestens zehn Stunden pro Woche arbeiten.
Eine Erfassung der Arbeitszeit ist aus mehreren Gründen wichtig: Sie hilft nicht nur bei der Dokumentation von Überstunden und der Entlohnung der Beschäftigten, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Urteile des Europäischen Gerichtshofs (2019) und des Bundesarbeitsgerichts (2022) verpflichten Arbeitgeber dazu, die tägliche Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Arbeitsschutzvorschriften eingehalten und die Rechte der Beschäftigten geschützt werden. Eine vollständige Erfassung der Arbeitszeit unterstützt dabei die Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitszeiten und ermöglicht eine "arbeitszeitsensible Gefährdungsbeurteilung". 

Verbreitung der Arbeitszeiterfassung

Unter den befragten Beschäftigten wurden drei Gruppen unterschieden: Mitarbeitende mit Arbeitszeitkonto, solche ohne Arbeitszeitkonto und solche ohne jegliche Zeiterfassung. Es wurde deutlich: Die Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland weit verbreitet: Etwa 80 % der Beschäftigten erfassen ihre Arbeitszeit, von 2021 bis 2023 stieg die Erfassung mit Arbeitszeitkonto von 66 % auf 69 %. Besonders deutlich nahm die Erfassung bei Beschäftigten mit hochkomplexen Tätigkeiten zu, von 64 % auf 73 %. In den Bereichen unternehmensbezogene Dienstleistungen sowie IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungen, die zuvor viele nicht erfasste Arbeitszeiten aufwiesen, wurde ein starker Anstieg verzeichnet. Diese Berufsgruppen haben zudem häufiger Vereinbarungen zu Telearbeit oder Homeoffice, was auch eine Zunahme der Arbeitszeiterfassung von zu Hause erklärt.

Besser Abschalten durch Zeiterfassung

Es gibt nur wenige Studien zur Arbeitszeiterfassung und ihren Auswirkungen auf Arbeitszeiten. In der Schweiz wurde 2016 die Möglichkeit eingeführt, auf die Erfassung zu verzichten, was zu deutlich längeren Arbeitszeiten führte. Auch österreichische Daten bestätigen längere Arbeitszeiten und mehr unbezahlte Überstunden ohne Erfassung. Untersuchungen in Deutschland (2019, 2021) deuten außerdem darauf hin, dass Beschäftigte mit Arbeitszeiterfassung weniger zeitliche Entgrenzung erfahren und Überstunden häufiger durch Freizeit ausgleichen können. 
Die aktuelle Befragung bestätigt diese Ergebnisse: Beschäftigte mit Arbeitszeitkonto berichten seltener von langen Arbeitszeiten, Wochenendarbeit oder Arbeiten in der Freizeit und können besser von ihrer Arbeit abschalten.

Mehr Kontrolle über Arbeitszeiten

Aus vorhergehenden Befragungen ging hervor, dass Beschäftigte mehr Einfluss auf ihre Arbeitszeiten haben, wenn sie sie erfassen. Das wirkt sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Die BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 bestätigt, dass die Erfassung der Arbeitszeit, mit oder ohne Arbeitszeitkonto, mehr Flexibilität für die Beschäftigten bedeutet. Beschäftigte mit erfasster Arbeitszeit haben mehr Kontrolle über Arbeitsbeginn und -ende sowie über das Freinehmen von Stunden oder Tagen. Insbesondere Beschäftigte im Homeoffice können ihre Arbeitstage flexibler gestalten, wenn sie ein Arbeitszeitkonto nutzen. 

Arbeitszeiterfassung und Zufriedenheit

Der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance und der Arbeitszeiterfassung ist nicht eindeutig. Ein Schweizer Modellprojekt zeigte, dass der Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance verringerte. Eine österreichische Studie berichtete dagegen eine höhere Zufriedenheit ohne Arbeitszeiterfassung, bedingt durch größere Autonomie bei der Arbeitszeitgestaltung. Die BAuA-Arbeitszeitbefragung 2023 zeigt, dass Beschäftigte mit erfasster Arbeitszeit, insbesondere mit Arbeitszeitkonto, etwas zufriedener mit ihrer Arbeitszeit, Work-Life-Balance und Freizeit sind als jene ohne Erfassung. Beschäftigte mit Erfassung ohne Arbeitszeitkonto liegen in ihrer Zufriedenheit dazwischen. In Bezug auf die allgemeine Arbeitszufriedenheit gibt es jedoch keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Gruppen.

Arbeitszeiterfassung und Arbeitsschutz

Arbeitszeiterfassung und ein Arbeitszeitkonto geben Beschäftigten größeren Einfluss auf ihre Arbeitszeit. Das hilft ihnen dabei einer Entgrenzung von Arbeit und Privatleben vorzubeugen. Mit Blick auf die Herausforderungen und Veränderungen der modernen, flexibleren Arbeitswelt ist es außerdem unerlässlich, Arbeitszeiten als Gefährdungsfaktor im Betrieb zu betrachten und auch zu erfassen.
 

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