Beispiele guter Gesundheitsförderung: Diese Maßnahmen wirken
Immer mehr Unternehmen erkennen insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Notwendigkeit, Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in ihren Unternehmen umzusetzen, um die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu erhalten oder sogar zu verbessern.
Maßnahmen aus der Praxis
Das Spektrum der Maßnahmen reicht dabei von ergonomischen Büromöbeln und betrieblichen Erholungszonen über Sport- und Bewegungsangebote sowie gesundes Kantinenessen bis hin zu Achtsamkeitsseminaren und Yogakursen. Zumindest in den größeren Unternehmen gehören die Planung und Umsetzung von BGF-Maßnahmen bereits seit einiger Zeit zu den Führungsaufgaben. Bei der erfolgreichen Umsetzung von BGF kommt es auf die richtige Mischung von Maßnahmen der Verhältnis- und Verhaltensprävention an.
Maßnahmen der Verhältnisprävention- und Verhaltensprävention sind zum Beispiel:
- Schaffung eines gesundheitsfördernden Betriebsklimas
- Sensibilisierung der Führungskräfte für Arbeits- und Gesundheitsschutz
- Angebot individualisierter Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten
- Offene Kommunikation über Herausforderungen/Probleme für den Gesundheitsschutz
- Einbindung der Beschäftigten in die Planung und Umsetzung von BGF-Maßnahmen
- Gesunde Ernährungsangebote
- Sport- und Bewegungsangebote
- Gesundheitsorientierte Arbeitsplatzgestaltung
- Stressmanagement
- Suchtprävention
Darum lohnt sich betriebliche Gesundheitsförderung
BGF-Maßnahmen, die auf die gesundheitlichen Bedürfnisse der Beschäftigten einzahlen, bewirken weit mehr, als lediglich den Krankenstand zu senken. Durch die Verbesserung der Gesundheit kommt es in der Regel auch zu einer generellen Hebung des Wohlbefindens innerhalb der Belegschaft. Motivierte und zufriedene Beschäftigte bringen einem Unternehmen wiederum Vorteile beim Wettbewerb um neue Fachkräfte, für die Gesundheit ein zunehmend wichtiger werdender Faktor bei der Jobauswahl ist.
Auch im Hinblick auf den demographischen Wandel erkennen immer mehr Betriebe, dass sie die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten erhalten und fördern müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Schließlich kommt ein versicherungstechnischer Vorteil hinzu: Seit 2007 sind die Krankenkassen verpflichtet, gesundheitsfördernde Maßnahmen in den Unternehmen zu unterstützen.
So funktioniert betriebliche Gesundheitsförderung
Um BGF-Maßnahmen erfolgreich einzuführen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
Zieldefinition: Zunächst muss eine Zieldefinition unter Einbindung der relevanten betrieblichen Entscheidungsträger erfolgen. Hierbei werden die Grundsätze der generellen Ausrichtung und des Vorgehens geklärt.
Arbeitskreis: Im zweiten Schritt wird ein Arbeitskreis mit betrieblichen und eventuell auch externen Experten und Verantwortlichen gebildet, der den gesamten weiteren Prozess begleitet und koordiniert. In diesem Arbeitskreis werden konkrete Vereinbarungen zum weiteren Vorgehen getroffen, beispielsweise zur Methodik oder der Auswahl der Erfolgsindikatoren.
Bedarfsanalyse: Danach wird eine datengestützte Bedarfsanalyse durchgeführt. Dabei fließen alle verfügbaren relevanten Informationen zu beispielsweise Krankenstand, Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilungen und aus Mitarbeiterbefragungen mit ein. Auf deren Basis können die Schwerpunkte der Maßnahmenfindung gesetzt werden.
Gesundheitszirkel/Steuerungsgruppen: In moderierten thematischen Gesundheitszirkeln oder Steuerungsgruppen, an denen Experten, Verantwortliche und möglichst auch andere Beschäftigte beteiligt sind, werden die Details der Maßnahmenkonzeption, der Umsetzung und der Erfolgsbewertung für einzelne Handlungsfelder und Maßnahmen besprochen. In Kleinunternehmen, in denen die gesundheitlichen Angebote begrenzt sind, lohnt sich eine Aufsplittung in diverse Themengruppen selbstverständlich nicht, hier reicht ein einziges Gremium.
Umsetzung/Evaluation: Die Gesundheitszirkel/Steuerungsgruppen besprechen kontinuierlich die Umsetzungsfortschritte und -probleme für ihre jeweiligen Themenbereiche. Bei Bedarf müssen Maßnahmen verändert, angepasst oder sogar durch andere ersetzt werden.
Erfolgreiche Beispiele funktionierender Gesundheitsförderung
Folgende thematische Beispiele sind vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag veröffentlichte Erfolgsmaßnahmen, die sich in der betrieblichen Praxis der vergangenen Jahre für die jeweiligen Unternehmen tatsächlich bewährt haben.
Mitarbeiterbefragung (Ahle Federn - Gebrüder Ahle GmbH): Im Jahr 2007 fand die erste Mitarbeiterbefragung zusammen mit der AOK statt. Die anonymisierte Erhebung sollte Informationen liefern, um BGF-geeignete Maßnahmen einführen zu können. Nachdem die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung ausgewertet waren, bildete sich der Arbeitskreis Gesundheit. Der Zusammenschluss tagt seither regelmäßig und führt verschiedene Maßnahmen durch, etwa Hebe- und Trageschulungen oder Rückenkurse. Eine erneute Befragung im Jahr 2013 zeigte: Die Beschäftigten waren deutlich zufriedener mit ihrer Arbeit. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung sank der Krankenstand. Die Teilnahmequote für die externen Angebote (z. B. Fitness-Kurse) erreichte 15 %.
Medizinische Vorsorge im Betrieb (Bauerfeind AG): Das abteilungsübergreifende Programm für das hausinterne orthopädische Serviceangebot umfasst neben Screenings und Beratungsleistungen auch Rückenanalysen und Mitarbeiterbefragungen. Aus den dabei erhobenen Daten ließen sich BGF-Maßnahmen ableiten, die den Betriebsarzt einbeziehen und eine individuell bedarfsgerechte Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln wie speziellen Einlagen, Strümpfen und Bandagen vorsehen.
Gesundheitsgerechte Ausstattung am Arbeitsplatz (MEWA Textil-Service AG): Das Befüllen von Wäschesäcken im Betrieb ist körperlich sehr belastend. Gemeinsam entwickelten Geschäftsführung, Sicherheitsfachkraft und Beschäftigte daher eine ergonomische Lösung für dieses Problem, nämlich eine pneumatische Sack-Hebevorrichtung. Die Vorrichtung ist für jeden Mitarbeiter individuell höhenverstellbar und macht das ständige Vorbeugen überflüssig. Die Wäschesäcke lassen sich einfacher befüllen und die Zufriedenheit der Beschäftigten ist laut Mitarbeiterbefragung sprunghaft angestiegen. Die Apparatur wurde inzwischen vollständig in den Arbeitsalltag integriert.
Gesunde Ernährung (B. Braun/Aesculap): Eine gesunde Ernährung und die Verwendung regionaler und saisonaler Produkte im Betriebsrestaurant sind ein wichtiger Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Der Küchenbetrieb unter eigener Leitung produziert jeden Tag vier Menüs, darunter auch das Gesundheitsmenü „Aesculap is(s)t aktiv“ mit weniger als 550 Kalorien. Zusätzlich gibt es ein frisches Salatbuffet mit wechselnden Komponenten. Mehrere über das Jahr verteilte Themenwochen (zum Beispiel vegane Woche, blutdrucksenkende Ernährung, Reise um die Welt) erweitern die Speisenauswahl. Als täglich frischen Nachtisch wählt das Küchenteam passend zur Jahreszeit Obst aus der Region. Eine Ernährungsberaterin bietet Seminare sowie Koch-Workshops an, die sehr gut angenommen werden.
Sport und Bewegung (Süddeutsche Krankenversicherung (SDK)): Bereits seit 1986 gibt es im Unternehmen eine Betriebssportgruppe. Im Rahmen eines Gesundheitstages im Jahr 2009 konnten die Mitarbeiter Schnupperkurse für diverse Sportangebote besuchen. Ziel war es, die Sportarten und Bewegungsangebote zu identifizieren, die bei den Beschäftigten auf besonderes Interesse stoßen. Der Yogakurs kam dabei so gut an, dass er seitdem dauerhaft wöchentlich stattfindet. Die Beschäftigten werden über das Intranet sowie per E-Mail zur Teilnahme über die Termine für die diversen Angebote informiert. Als besonders wichtig stellte sich heraus, den Kurs arbeitsplatznah anzubieten. Die SDK übernimmt die Organisation und stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Teilnehmer entrichten einen Kursbeitrag, was die Verbindlichkeit der Teilnahme erhöhte.
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