Datenbrillen am Arbeitsplatz: Eine Gefahr für die Gesundheit der Beschäftigten?
Der Einsatz von Mounted Displays (HMD), zumeist einfach Datenbrillen genannt, soll für beschleunigte Arbeitsprozesse und höhere Produktivität in immer der Industrieproduktion und der Logistik sorgen. Ihr Einsatz kann Vorteile für die Gesundheit der Datenbrillen-Anwender haben, so erleichtern die über sie übermittelten Daten das Auffinden der Waren und ersparen den Beschäftigten somit viele Gehwege. Doch ihr Einsatz hat nicht nur Vorteile. Mit welchen potenziellen gesundheitlichen Gefährdungen durch das Tragen von Datenbrillen muss gerechnet werden?
Datenbrillen am Arbeitsplatz - Einsatzort Lagerlogistik
Der Einsatz von Datenbrillen für die Übermittlung von Informationen und Instruktionen an Beschäftigte ist bereits in einigen Branchen Realität. In Logistikunternehmen unterstützen Assistenzsysteme mit Datenbrillen beispielswiese die Kommissionierung von Waren in der Lagerhaltung. Laut Studien werden dadurch in der Tat Arbeitsabläufe beschleunigt, Fehler verringert sowie die Effizienz gesteigert. Die Datenbrille ersetzt damit Laptop, Handscanner, Assistenzsysteme mit Sprachsteuerung oder Papier, sodass die Beschäftigten immer beide Hände frei haben für ihre Arbeit und die Bedienung von Flurförderfahrzeugen.
Datenbrillen am Arbeitsplatz – es gibt zwei HMD-Systeme
Man kann zwei HMD-Systeme unterscheiden: Beim monokularen System (Assisted Reality) werden die Daten nur vor einem Auge eingeblendet, die Darstellung erfolgt daher lediglich in 2D. Dadurch kann der Anwender sein reales Arbeitsumfeld mit einem Auge weiterhin vollumfänglich erfassen, es erscheint ihm nicht bloß als Hintergrund der Datenübertragung.
Beim binokularen System (Augmented oder Mixed Reality) dagegen erscheint die Datenübertragung auf beiden Augen, dadurch erscheinen die Bilder im Sichtfeld des Trägers dreidimensional, das reale Umfeld dagegen wird zum bloßen Hintergrund. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Technologien ist also: Bei Augmented Reality kommt es zu einer Vermischung von digitaler Datenübertragung und realer Arbeitsumgebung, bei Assisted Reality nicht.
Datenbrillen am Arbeitsplatz – Anforderungen an Beschäftigte
Durch den Einsatz von Datenbrillen am Arbeitsplatz verändern sich die Anforderungen an die Beschäftigten. Die neuen Anforderungen können negative Folgen für die Gesundheit ihrer Beschäftigten haben.
So können die Abhängigkeit von den Assistenzsystemen sowie die Erhöhung der Arbeitsintensität zu kognitiven und psychischen Belastungen führen. Weiterhin hat der Mitarbeiter zwar bei der Kommissionierung die Hände frei, muss sich aber kontinuierlich auf das virtuelle Bild konzentrieren, was die Arbeit speziell für die Augen sehr schnell ermüdend machen kann. Das Blickfeld ist zumindest bei 3D-Darstellungen teilweise stark eingeschränkt, was in einem Lager durchaus die Unfallgefahr erhöhen kann.
Auch die Last durch das Eigengewicht der Datenbrillen auf dem Kopf darf als Belastung für den Träger nicht unterschätzt werden. Schließlich gibt es altersspezifische Nachteile. Eine ältere Person muss mehr Energie alleine für das Gehen aufwenden. Für sie ist es daher schwieriger, sich gleichzeitig noch auf andere Aufgaben zu konzentrieren.
Forschungsbedarf und erste Lösungen zum Einsatz von Datenbrillen
Bisher liegen nur wenige Studien zum Einsatz von Datenbrillen vor. Dabei handelt es sich überwiegend um experimentelle Laborstudien zum Thema Arbeitseffizienz und Prozesssicherheit, in denen Arbeitsplätze nachgebaut wurden und die Probanden unter standardisierten Bedingungen Tätigkeiten ausführen.
Aspekte der physischen, kognitiven und psychischen Auswirkungen auf die Beschäftigten in den Betrieben wurden dagegen noch wenig untersucht und zeigten vor allem hinsichtlich der kognitiven und psychischen Beanspruchungen teilweise widersprüchliche oder zumindest inkonsistente Ergebnisse auf. Weiterer Forschungsbedarf ist also angezeigt.
Allerdings wurden zwischenzeitlich technische Lösungen entwickelt, welche zumindest einige der bislang festgestellten Belastungen und Beanspruchungen abmildern könnten. So können Unternehmen bereits auf mobile Lösungen im Smartphone-Format mit integriertem Scanner oder Bilderkennung zugreifen, die ergonomisch wesentlich besser geeignet sind für die Kommissionierung und andere Lagerarbeiten. Noch bleibt es aber dabei: Aufgrund der mangelnden Datenlage sind immer noch viele Fragen zum gesunden und sicheren Einsatz von Datenbrillen offen, dementsprechend fehlen teilweise auch noch belastbaren Normen, die im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung Orientierung geben könnten.
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