Ein praktisches Mittel zum Zweck
Herr Schurr, erinnern Sie sich noch daran, was für Sie der Grund war, ein Headset zu tragen?
Das Autofahren war der Grund. 1994 war ich 80.000 Kilometer auf der Straße unterwegs und in der Hand bzw. am Ohr hatte ich ein damals noch sehr großes und schweres Handy. Autofahren und gleichzeitig telefonieren war damals noch sehr ungewohnt und oft auch nicht ganz ungefährlich. So war ich einer der Ersten, der ein Headset an seinem Handy hatte, anfangs noch mit Kabel. Das Headset gibt mir im Auto vor allem Sicherheit.
Ich bevorzuge die Kombination Handy und Headset gegenüber einer Freisprechanlage, da die Technik nicht vom Fahrzeug abhängig ist. Das ist für mich wichtig, da ich oft Mietfahrzeuge ab Bahnhof oder Flughafen nutze.
Was bevorzugen Sie persönlich: ein drahtloses Headset oder eines mit Kabel? Warum?
Zu Beginn gab es keine drahtlosen, aber mit der ersten Möglichkeit bin ich umgestiegen, denn im Auto war das Kabelgewirr eine zu große Gefahrenquelle. Das Verkabeln schränkt auch die Platzierung des Handys ein. Der nächste Quantensprung war für mich die Multipoint-Funktion, also die Möglichkeit auf dem Headset mein Handy und das Festnetz empfangen zu können. Je nach Anruf schaltet das Gerät einfach um. So muss ich nicht zwei Headsets rumtragen und bin erreichbar, egal ob ich mich im Haus, im Garten oder auf dem Balkon befinde.
Die Akzeptanz von drahtgebundenen Headsets ist in der Öffentlichkeit übrigens größer. Wenn das Kabel wie bei einem Kopfhörer locker herunterhängt, wird es als weniger „exotisch“ wahrgenommen. Mir passiert es immer einmal, dass ich blöd angeschaut werde, wenn ich als Selbständiger und Alleinerziehender mit meinem Sohn unterwegs bin und „Selbstgespräche“ führe, weil die Leute nicht registrieren, dass ich gerade telefoniere. Doch ich bin es so gewohnt, dass Telefonieren ohne Headset bei mir schon fast Unwohlsein erzeugt. Allerdings bin ich seit einiger Zeit dabei, mir anzugewöhnen am Wochenende und in meiner privaten Zeit wieder aufs Handy umzusteigen und das Headset im Auto bzw. beim Spaziergehen zu Hause zu lassen.
Was sind die überzeugendsten Argumente, um etwa einen Büro-/Bildschirmarbeitsplatz mit einem Headset auszustatten?
Die bessere Haltung und die Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz, im Raum und gegebenenfalls im Gebäude. Bei längeren Telefonaten klemmt man/frau beim Notieren gerne den Hörer ein. So ist man immer an der langen Leine des Kunden. In Schulungen bringe ich den Leuten bei, den Hörer wegzulegen und dies dem Kunden auch zu sagen, wenn sie etwas notieren oder Unterlagen heraussuchen, damit eine Fehlhaltung vermieden wird. Denn die ist schmerzhaft und auf Dauer macht sie krank. Mit einem Headset kann man den Kopf frei bewegen, ja, man kann sogar kleine Gymnastikübungen oder Dehnungen ausführen, während man telefoniert.
Ein Headset ohne Kabel bietet große Mobilität. Wo macht das Sinn?
Die stetige Erreichbarkeit macht nicht für alle Arbeitsplätze Sinn. Doch nehmen wir als Beispiel mal einen Hausmeister. Da ist es toll, wenn er im Haus mobil erreichbar ist. Denn so fällt für ihn der Zwang des Rückrufs weg, der ja häufig nicht auf Anhieb klappt. Mit Headset kann den Anruf sofort annehmen und wenn er dann hört, dass ein Stecker oder eine Leuchte defekt ist, kann er sagen: „Ich bin gerade um die Ecke und komme gleich mal vorbei.“ Das erspart ihm dann oft auch einen weiteren Weg.
Bei drahtlosen Modellen haben manche Angst vor gesundheitlichen Problemen wie zum Beispiel durch die Strahlung. Gibt es die Gefahren?
Die Meinungen gehen da auseinander. Ich kann hier vor allem aus eigener Erfahrung sprechen. Ich trage mein Headset seit Jahren am rechten Ohr. Früher habe ich das den ganzen Tag über. Vor drei Jahren wurde bei mir rechts am Hals eine Verkalkung festgestellt, die immer größer wurde. Ich habe sie operativ entfernen und im Labor untersuchen lassen. Es hieß, es sei nichts und es habe auch nichts mit der Strahlung oder dem Headset zu tun.
Was für mich klar ist: Ein modernes Bluetooth-Headset erzeugt weniger Strahlung als ein altes DECT-Telefon. Doch ständige „Bestrahlung“ kann zu Problemen führen. Die Konsequenz für mich lautet: Ich trage das Headset nur dann, wenn ich es auch wirklich brauche. Deshalb hat es in meinem Auto und bei mir zu Hause einen festen Platz, an dem es in den anrufarmen Zeiten griffbereit liegt. Durch meine tägliche Routine geht das Auf- und Absetzen ganz einfach.
Gibt es denn Vorschriften zum Tragen von Headsets also zum Beispiel zeitliche Begrenzungen?
Vorschriften sind mit nicht bekannt, aber meine eigene Erfahrungen haben dafür gesorgt, dass ich für mich die Zeiten beschränke. Ich meine, man sollte generell so wenig elektronische Geräte um sich herum haben, wie möglich.
Wenn Sie eine Schulung zum Umgang mit Headsets durchführen, was sind die wichtigsten Punkte, die die Teilnehmer mitnehmen?
Jedem Nutzer sollte nach der Schulung bewusst sein, dass er das Headset nur aufhat, wenn es sinnvoll ist und nicht als Dauereinrichtung. Es ist ein Mittel zum Zweck, also ein Hilfsmittel um die Hände bei der Arbeit und für andere Arbeiten frei zu haben und es ist kein Statussymbol.
Wenn man mit den Teilnehmern die Vor- und Nachteile erarbeitet, kommen automatisch Fragen wie etwa zum Elektrosmog. Da ist es meines Erachtens wichtig, nicht abzuwiegeln, sondern die Bedenken ernst zu nehmen und auf Alternativen hinzuweisen.
Der Erfolg des Einsatzes ist jedoch vor allem von der Auswahl abhängig. Hier halte ich es für zentral, den Mitarbeitern Wahlmöglichkeiten zu geben, damit jeder die für ihn beste Lösung findet und die Nutzungsbarrieren am geringsten sind. Früher gab es Headsets als Beigabe, wenn man eine neue Telefonanlage gekauft hat. Das waren ganz einfache Modelle. Heute ist das hoffentlich anders, denn Qualität lohnt sich hier auf alle Fälle.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schurr.
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