Muss der Arbeitgeber Kleinstarbeitsmittel auf ihre Sicherheit prüfen?
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) kennt eigentlich keine Ausnahmen: Alle Arbeitsmittel bergen ein potenzielles Risiko für die Beschäftigten und müssen daher vom Arbeitgeber unter anderem mittels einer Gefährdungsbeurteilung auf ihre potenziellen Sicherheitsrisiken geprüft werden. Das schließt dementsprechend auch Büromaterialien wie Radiergummis, Kugelschreiber und Bleistifte mit ein. Man könnte einwenden, dass dies übertrieben und die Prüfung solcher „Kleinstarbeitsmittel“ eigentlich Zeitverschwendung ist. Sollten Arbeitgeber und Unternehmen sich nicht auf die eigentlichen Gefährdungen und Gefahren im Unternehmen konzentrieren dürfen? Gibt es nicht doch Möglichkeiten, die Kleinstarbeitsmittel aus dem Anwendungsbereich der BetrSichV herauszunehmen?
Es geht nur um Gefährdungsminimierung
Es gibt tatsächlich einige Gründe, die BetrSichV nicht so streng auszulegen, als dass tatsächlich alle Arbeitsmittel im Unternehmen Gegenstand der betrieblichen Risiko- und Gefährdungsbeurteilung sein müssen. Ein besonders wichtiger ist, dass die Verordnung gar nicht fordert, dass wirklich alle möglichen Gefährdungen vollständig ausgeräumt werden. In ihr heißt es vielmehr „die Gefährdung muss minimiert werden“. Und weiter: Eine Gefährdung müsse durch die Verwendung von Arbeitsmitteln „so gering wie möglich gehalten“ werden. Könnte man allein schon aufgrund dieser Formulierungen nicht meinen, dass man es mit Arbeitsmitteln geringer Größe und Gefährdung nicht so genau nehmen muss?
Keine Prüfung von Kleinstarbeitsmitteln: Drei Voraussetzungen
Wie Thomas Wilrich im Fachjournal „ARP. Arbeitsschutz in Recht und Praxis“ (6/2023) darlegt, müssten mindestens drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit Unternehmen Kleinstarbeitsmittel wie Büromaterialien zumindest theoretisch aus dem Anwendungsbereich der BetrSichV ausklammern können:
- Erstens müsse es sich um haushaltsübliche Arbeitsmittel handeln, deren geringer Gefährdungsgrad allgemein bekannt ist. Die BetrSichV nennt diese „einfache Arbeitsmittel, für die eine Gebrauchsanleitung nicht mitgeliefert werden muss.“
- Zweitens dürfe das Arbeitsmittel nicht übermäßig häufig oder intensiv angewendet werden. Im Computerzeitalter hat sich in der Tat der Einsatz von Kugelschreibern oder Radiergummis zumindest in Büros auch deutlich reduziert, weshalb dieser Punkt auch zumeist auch zutreffen wird.
- Drittens dürfe der Einsatz des Arbeitsmittels aber auch nicht zu selten sein, so dass von einer „Sondersituation“ auszugehen ist.
Kleinstarbeitsmittel: Sichtprüfung und Mängelmeldung
Auch wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, bleibt für den Arbeitgeber ein rechtliches Restrisiko. Eine vollständige Ausklammerung sei vermutlich auch dann nicht unanfechtbar. Was kann der Arbeitgeber also tun, um den Prüfungsaufwand, wenn er ihn nicht ganz umgehen kann, zumindest auf ein Minimum zu reduzieren? Wilrich empfiehlt, dass er seine Beschäftigten verpflichtet, zwei Dinge zu tun:
- Sie sollten eine Sichtprüfung am Arbeitsmittel durchführen. Dies genüge der Anforderung, dass alle Arbeitsmittel vor ihrer jeweiligen Verwendung auf offensichtliche Mängel kontrolliert werden müssen.
- Sollten dann Mängel festgestellt werden, die eine sichere Verwendung gefährden könnten, müssten diese sofort dem Arbeitgeber gemeldet werden. Das wiederum genüge der sich aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ergebenden Pflicht der Beschäftigten, dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellte Defekt unverzüglich zu melden.
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