Serienelemente
Nutzung von Mobilgeräten bestimmt die physischen Belastungen

Browsen, Texten, Chatten oder Videos schauen: Auch am Arbeitsplatz und insbesondere beim Außendienst nutzen Beschäftigte immer häufiger digitale mobile Endgeräte wie Smartphones, Laptops und Tablets. Bei der Nutzung dieser „Smart Mobile Devices“ nehmen die User oft andere Körperhaltungen ein als bei der Arbeit an konventionellen Geräten. Wie genau aber werden Oberkörper, Hals, Kopf, Hände und Unterarme bei ihrer Nutzung bewegt und positioniert? Wie werden das Muskel- und Skelettsystem und die Augen dadurch belastet? 

Auch wenn mobile Endgeräte in der Regel nur ein relativ geringes Gewicht haben, können sie eine große Belastung für den Bewegungsapparat, das Muskel-Skelett-System und die Augen darstellen. Das liegt vor allem an einer statischen Körperhaltung, häufigen Bewegungswiederholungen sowie der Fixierung der Augen auf einen kleinen Bildschirm über eine längere Zeitspanne. Wer über Stunden auf ein vor ihm liegendes elektronisches Gerät schaut und mit ihm arbeitet, riskiert Nacken- und Rückenschmerzen, Schmerzen an Ellbogen, Handgelenken und Händen sowie Sehprobleme.

Wichtigste Gemeinsamkeiten

Welche Körperhaltungen treten bei der Arbeit mit den diversen mobilen Endgeräten besonders häufig auf? Ähneln sich die Köperhaltungen bei der Nutzung eines Smartphones mit denen eines Tablets? Sind daher dieselben oder zumindest ähnliche Belastungen für den Körper zu erwarten? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat in einem Gesamtüberblick eine Auswertung internationaler Studien zusammengestellt. Folgende generelle Erkenntnisse konnte sie dabei feststellen:

Positionierung: Die Positionierung der digitalen Mobilgeräte spielt eine ausschlaggebende Rolle. Werden die Geräte auf Kopfhöhe gehalten, dann ist die resultierende Körperhaltung für den Nacken unproblematisch. Der Rücken, die Oberarme und die Handgelenke sind jedoch in dem Fall stärker belastet. Smartphones und speziell Tablet-PCs werden zumeist tief gehalten oder im Schoß abgelegt. In diesem Fall sind die Rücken- und Armmuskeln sowie die Handgelenke weniger belastet, dafür aber Kopf und Nacken häufig (zu) stark gebeugt.

Texteingabe: Bei der Texteingabe ergeben sich bei allen Mobilgeräten andere Belastungen als bei der Verwendung von Tastaturen konventioneller PC. Das gilt insbesondere für die Belastung der Daumen. Die häufig repetitiven, sehr schnellen Bewegungen während des Verfassens von Texten, gerade auf kleineren Displays wie dem Smartphone, bergen ein erhöhtes Risiko für Tendinopathien (nicht entzündliche Sehnenerkrankung). Besonders sind dabei die Daumen betroffen.

Displaybeleuchtung: Die meisten Displays von Smartphones und Tablets werden vor allem durch LEDs beleuchtet. Im Gegensatz zu anderen Wellenlängen des Lichts, die im vorderen Augenbereich absorbiert werden, kann der blaue Lichtanteil fast ungefiltert durch das Auge bis auf die Netzhaut vordringen. Durch das blaue Licht werden chemische Reaktionen im Auge ausgelöst, die zu Gewebeschäden der Netzhaut führen können. Weiterhin spielt bei mobilen Endgeräten mehr noch als bei den konventionellen Geräten der Umgebungsfaktor Beleuchtung eine große Rolle für die Belastung der Augen. Auf Grund von Kontrastverlusten, Reflektion und Blendung erscheint es daher nicht sinnvoll, nur Mobilgeräte mit einer Beleuchtung von mehr als 1000 Lux einzusetzen. Dringend zu empfehlen ist ebenso der Einsatz blendarmer Displays mit hohem Kontrast auch unter hohem Lichteinfall.

Teilweise große Unterschiede

Bei allen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch viele Unterschiede bei der Anwendung der Geräte. Die unterschiedlichen Displays, Tastaturen und Gerätegrößen führen dazu, dass bei der Nutzung je nach Modell auch andere Körperhaltungen eingenommen werden. Neben den technischen Voraussetzungen spielen aber auch die Art der Tätigkeiten (Browsen, Texteingabe, Videokonsum), die beid- oder einhändige Bedienung sowie sitzende oder stehende Haltungen bei der Nutzung eine entscheidende Rolle für unterschiedliche Köperhaltungen und damit auch unterschiedliche muskuläre Belastungen.

Smartphones

Was fanden die internationalen Studien für Smartphone- und Mobiltelefonnutzung heraus?

Kopf-Hals-Oberkörper: In den Studien wurden im Durchschnitt bei rund 90 % der Nutzenden ein gebeugter Nacken (> 10°), bei 30 % vorgezogene Schultern sowie bei 20 % ein vorgebeugter Rumpf (> 10°) beobachtet. Im Gegensatz zum beidhändigen Halten zeigte sich in der einhändigen Nutzung weniger Muskelaktivität im oberen Rücken, dagegen wurden die seitlichen und rückwärtigen Schultermuskeln stärker beansprucht. Auf Grund der beobachteten Haltungen hielten die Autoren der Studien Smartphones und Mobiltelefone weder in der ein- noch in der beidhändigen Bedienvariante für die lang andauernde Nutzung geeignet. Die Kopf-Nacken-Neigung zeigte große Abhängigkeit von der durchzuführenden Arbeitstätigkeit. Die stärkste Neigung konnte beim Verfassen von Texten mit 39° bis 47°registriert werden, beim Browsen lag sie bei nur 33° bis 43° und beim Videoschauen bei 32° bis 44°. Bei allen Tätigkeiten war der gemessene Neigungswinkel im Sitzen im Vergleich zu stehender Smartphone-Nutzung signifikant größer. Schließlich spielen auch die Sehverhältnisse eine wichtige Rolle bei der Körperhaltung. Nutzer von Smartphones versuchen, durch teils ungünstige Haltungen Blendungen und Reflektionen zu vermeiden und durch Abschattung des Gerätes mit dem eigenen Körper den sichtbaren Kontrast zu verbessern.

Hände und Unterarme: Smartphones und andere Mobiltelefone werden von rund einem Drittel der beobachteten Personen mit einer Hand gehalten und mit dem Daumen derselben Hand bedient, die anderen halten und texten beidhändig. Gut die Hälfte bediente die Geräte mit einem angewinkelten Ellenbogen von weniger als 90°. Das Texten mit einer oder beiden Händen führte zu keinen abweichenden Effekten in der Gelenkstreckung. Dagegen hatte die ein- bzw. beidhändige Tippweise Einfluss auf die seitliche Auslenkung des Handgelenks. So waren die Handgelenke bei der einhändigen Bedienung in Richtung des kleinen Fingers abgeknickt.

Tablet-PC (LED-Monitore, E-Ink)

Und welche Ergebnisse konnte die Forschung zu den Tablets erbringen?

Kopf-Hals-Oberkörper: In Erhebungen zur Nutzung von Tablet-PCs bei der Büroarbeit gaben rund 75 % der Befragten an, beim Texten zumindest gelegentlich Beschwerden im Nacken und/oder den Schultern zu spüren. Bei allen analysierten Studien nutzten die Testpersonen ihre Tablets sowohl sitzend am Bürotisch als auch frei in der Hand haltend und auf dem Schoß liegend. Die meisten Testpersonen wiesen in allen diesen Szenarien einen gebeugten Nacken und einen vorgebeugten Rumpf auf. Vorhandene Armstützen wurden nicht genutzt, die Ellenbogen „schwebten“ bei hochgezogenen Schultern somit in der Luft. Bei Texten und Browsen wurden Kopfneigungen von 19° bis 20° und Nackenneigungen von 9° bis14° gemessen, bei der Betrachtung von Videos waren die Neigungen deutlich geringer.

Hände und Unterarme: Unabhängig davon, ob das Browsen auf dem Tablet mit einer Hand oder mit beiden Händen erfolgte, waren die Handgelenke mit durchschnittlich 23-27° überstreckt. Der Vergleich der Positionierung auf dem Schoß zu der Ablage auf einem Tisch zeigte stärkere Überstreckung der Handgelenke bei der Schoßhaltung, aufgabenabhängig stärker beim Texten (rund 35°) als während des Browsens (30°). Die dominante Hand war in allen Szenarien über 27° gestreckt. Seitlich wurden die Handgelenke beim Browsen in der einhändigen Bedingung um 6° in Richtung des Daumens gebeugt. In der haltenden Hand verursachten größere Geräte auch eine stärkere Streckung des Handgelenks (Mini-Tablet ca. 19°, 10 Zoll-Tablet 22°). Dagegen ging eine steigende Tabletgröße mit höheren Muskelaktivitäten im Handgelenk- und Fingerbeuger einher. Der speichenseitige Handbeuger wies Muskelaktivitäten von durchschnittlich 15 % für das Tablet und 12 % für das Mini-Tablet auf. Bei der Tabletnutzung, so folgerten einige Studien, könnten geteilte virtuelle Tastaturen die intensive Streckung von Daumen und Handgelenken vermeiden helfen, insbesondere bei längerer Nutzung.

Augen: Beim Vergleich von E-Ink-Tablets und 10-Zoll-LED-Geräten lasen die an den Studien teilnehmenden Personen mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 45 Wörtern pro Minute. Unabhängig vom Display und Gerät wurden die subjektiven Schätzungen der Augenmüdigkeit mit steigender Lesedauer größer. In den gleichzeitig gemessenen objektiven Parametern zeigten sich aber weder bezüglich der Augenbewegung noch für den Pupillenreflex negative Effekte.

Quelle: P. Tegtmeier: Review zu physischer Beanspruchung bei der Nutzung von Smart Mobile Devices, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) 2016.