Das SCC-Verfahren: Sicherheit für Auftraggeber und Auftragnehmer


SCC-Verfahren: Sicherheit für Auftraggeber und Auftragnehmer

Auf Baustellen werden zunehmend externe Subunternehmen für technische Dienst- oder Werkleistungen eingesetzt. Der Einsatz dieser externen Kontraktoren ist aber auch mit Risiken behaftet:  Durch Mitarbeiter der Subunternehmen können Unfälle mit schwerwiegenden Personen-, Umwelt- oder Sachschäden entstehen. Mit der Zertifizierung nach dem SCC-Regelwerk erhalten Bauunternehmen und Bauherren die Gewissheit, dass die von ihnen beauftragten Subunternehmer alle relevanten Standards zum Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz einhalten.

SCC (Abkürzung von „Safety Certificate Contractors“) ist das häufigste angewandte Verfahren zur Zertifizierung eines Arbeitssicherheits-Managementsystems bei Subunternehmern (Auftragnehmer, Kontraktoren) auf Baustellen.

SCC-Audit

Die für die Vergabe des Zertifikats zuständige Zertifizierungsstelle prüft die Kontraktoren und ihre Beschäftigten dabei direkt vor Ort auf der Baustelle (sogenanntes Audit).  Im Rahmen dieses Audits interviewt sie möglichst viele Mitarbeiter, sowohl Führungskräfte als auch einfache Mitarbeiter. Dabei stellt sie ihnen Fragen zum Arbeitsschutz, aber auch zum betrieblichen Gesundheits- und Umweltschutz, also über das gesamte SGU-Management (Sicherheit-Gesundheit-Umwelt-Management) des jeweiligen Unternehmens.  Die Zertifizierungsstelle richtet sich bei ihrer Arbeit vor allem nach den Vorgaben der ISO/IEC 17021:2011 „Konformitätsbewertung“.

Bedeutung und Vorteile

Das SCC-Verfahren ist deshalb so wichtig, weil auf heutigen Baustellen immer öfter Subunternehmer beschäftigt werden. Dadurch nehmen sie erheblichen Einfluss auf die Art und Weise der Einhaltung der Sicherheits-, Gesundheitsschutz- und Umweltschutz-Standards auf der Baustelle.

Wichtigste Vorteile des SCC-Zertifikats für geprüfte Unternehmen sind:

  • Es kann in allen Industriebranchen angewendet werden und kann daher für alle auf der Baustelle arbeitenden Gewerke eingesetzt werden.
  • Durch eine Zertifizierung können Unternehmen belegen, dass sie über ein effektives und umfassendes SGU-Management verfügen und somit Eigenwerbung machen.
  • Es bescheinigt, dass Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz im Unternehmen ganzheitlich betrachtet werden.
  • Unternehmen signalisieren durch die Zertifizierung ihren Kunden und Geschäftspartnern, dass der Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz einen hohen Stellenwert bei ihnen hat und bieten ihnen so eine wertvolle Entscheidungshilfe bei der Auftragsvergabe.
  • Das SCC-Verfahren ist so umfassend, dass es weitere Auditverfahren überflüssig macht.

SCC: Zwei Zertifikate, zwei Zielgruppen

Bei der SCC-Zertifizierung unterscheidet man zwei verschiedene Zertifikate:

  • Eingeschränktes SCC-Zertifikat

Dieses Zertifikat beurteilt die SGU-Managementaktivitäten direkt am Arbeitsplatz und wird in der Regel für kleine Unternehmen mit weniger als 35 Mitarbeitern angewendet, die darüber hinaus auch keine weiteren Subunternehmer beschäftigen. Ein solches Unternehmen kann sich anhand von 27 Pflichtfragen zertifizieren lassen.

  • Uneingeschränktes SCC-Zertifikat

Dieses Zertifikat richtet sich an Unternehmen mit mehr als 35 Mitarbeitern. Aber auch Unternehmen, die weniger als 35 Mitarbeiter beschäftigen, jedoch zusätzlich Subunternehmer einsetzen, müssen das uneingeschränkte SCC-Zertifikat vorweisen. Bei mehr als 35 Mitarbeitern sowie dem Einsatz von Subunternehmern müssen 40 Pflichtfragen zu mehr als 50 Prozent positiv beantwortet werden, um das SCC-Zertifikat zu erhalten.

Bei der Zertifizierung werden zwei Personengruppen unterschieden und von der Zertifizierungsstelle dementsprechend unterschiedlich geprüft: Die „operativen Mitarbeiter“ (beispielsweise Monteure oder Elektriker) und „Operativen Führungskräfte“ (beispielsweise der Bau- und Projektleiter).

Bei operativen Mitarbeitern werden Kenntnisse und Kompetenzen unter anderem hinsichtlich folgender Themen überprüft:

  • Arbeitsschutzgesetzgebung und -überwachung
  • Unfallursachen und Verhalten bei Unfällen
  • Umgang mit Gefahrstoffen sowie mit Brand- und Explosionsgefahren
  • Einsatz von Werkzeugmaschinen, Handwerkzeugen, Baumaschinen und -geräten, Schweiß- und Elektrogeräten sowie sonstigen Arbeitsmitteln
  • Einsatz von Förder- und Hebetechniken
  • Arbeiten auf hoch- und tiefgelegenen Arbeitsplätzen
  • Auswahl und Benutzung von Persönlicher Schutzausrüstung.

Bei operativen Führungskräften dagegen werden die Kenntnisse und Kompetenzen zu unter anderem folgenden Themen/Bereichen überprüft:

  • Deutsche und europäische Arbeitsschutzgesetzgebung
  • Unfallursachen und Methoden/Verfahren zur Unfallvermeidung
  • Methoden zur Förderung des Arbeitsschutzes
  • Arbeitsverfahren und Arbeitsgenehmigungen
  • Inhalte, Durchführung und Schutzmaßnahmen-Umsetzung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung
  • Brand- und Katastrophenschutz, Notfallplanung und Erste Hilfe
  • Risiken und Schutzmaßnahmen bei Lärmexpositionen, Arbeiten an elektrischen Anlagen und mit elektrischen Betriebsmitteln, Strahlenexpositionen, hoch und tief gelegene Arbeitsplätze, Verkehrswege und Leitern
  • Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und Umgang mit Abfällen
  • Relevante wasserrechtliche Vorschriften
  • Ergonomische Probleme am Arbeitsplatz
  • Alkohol- und Drogenkonsum am Arbeitsplatz

Das Baustellen-Audit

Während eines Zertifizierungs-Audits kommt es darauf an, dass sich möglichst viele der Beschäftigten der Subunternehmen auf der Baustelle aufhalten, um eine möglichst hohe Zahl von ihnen interviewen zu können.

Der Auditplan muss mindestens folgende Punkte umfassen:

  • Die Auswahl der Bereiche und Arbeitsplätze auf der Baustelle, die auditiert werden.
  • Eine Begründung, warum bestimmte Arbeitsplätze und Bereiche der Baustelle für das Audit ausgewählt wurden (zum Beispiel hohe potenzielle Unfallgefährdung).
  • Die genaue Angabe darüber auf welchen Regelwerken die Überprüfung durchgeführt wurde – abgesehen von den obligatorischen Regeln der ISO/IEC 17021:2011 „Konformitätsbewertung“.
  • Im Rahmen einer Checkliste (SCC-Checkliste) werden folgende Themen angesprochen und bewertet:
  • Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz (SGU): Politik, Organisation und Engagement des Managements
  • SGU-Gefährdungsbeurteilung
  • Information, Schulung und Unterweisung
  • Umweltschutz
  • Betriebsärztliche Betreuung
  • Beschaffung und Prüfung von Maschinen, Geräten, Ausrüstungen und Arbeitsstoffen
  • Vorbereitung auf Notfallsituationen
  • SGU-Bewusstsein (z. B. Abhaltung von Meetings zur strategischen Ausrichtung)
  • SGU-Projektplan
  • SGU-Inspektionen
  • Beschaffung von Dienstleistungen
  • Meldung, Registrierung und Untersuchung von Unfällen, Beinahe-Unfällen und unsicheren Situationen.

Der Auditbericht wird unter der Leitung des verantwortlichen SCC-Auditors (SCC-Auditor oder Leitender SCC-Auditor) erstellt und dem antragstellenden Unternehmen übergeben. Die Fristen zur Erstellung und Übergabe müssen im Vorfeld von der Zertifizierungsstelle festgelegt werden.

Last-Minute-Risk-Analyse

Die Last-Minute-Risk-Analyse (LMRA) ist ein wichtiges Instrument der Zertifizierungsstelle für die Vergabe des SCC-Zertifikats. Es handelt sich um eine Gefährdungsbeurteilung der Baustelle unmittelbar vor Arbeitsbeginn. Durch eine LMRA sollen insbesondere die am Bau beschäftigten Personen für eine Risikominderung an ihren Arbeitsplätzen sensibilisiert und mit in die Verantwortung für ihre eigene Sicherheit vor Ort einbezogen werden. Wesentliche Anforderungen einer LMRA sind daher:

  • Dass die potenziellen Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltrisiken unmittelbar vor Beginn der Arbeitstätigkeiten überprüft werden.
  • Dass die Durchführung der LMRA durch die Beschäftigten an ihren Arbeitsstätten selbst erfolgt.
  • Dass bei der Überprüfung eine Checkliste benutzt wird und der Vorgang dokumentiert wird.

Falls die LMRA Risiken bei der Durchführung der geplanten Arbeiten aufdeckt, darf erst dann mit der Arbeit begonnen werden, wenn alle Risiken ausgeräumt und die Arbeitssicherheit wiederhergestellt worden ist.

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