Die Fluggesellschaft Emirates, gegründet 1985, ist insbesondere in den vergangenen 10 Jahren sehr stark gewachsen. Neben einem starken Anstieg im Flugverkehr sind hierdurch auch die indirekten Dienstleistungsprozesse, wie etwa im Finance-Bereich, in Menge und Komplexität stark angestiegen. Aus diesem Grund hat sich Emirates dazu entschlossen, die Finance Prozesse mittels eines Shared Service Center Finance-Konzeptes (SSCF-Konzept) weiter zu optimieren. Verlauf und Erkenntnisse des Projekts erläuterte Jan Brückmann, Regional Manager Central Europe/Finance & Administration der Emirates Group, auf der Finance Excellence 2017.
Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal als wichtigster Standortfaktor
Die Auswahl sämtlicher SSCF-Standorte im Projekt erfolgte auf Basis der Prämisse, nur bestehende Emirates-Standorte in die Auswahl einzubeziehen („Brownfield“-Ansatz). Hierdurch ist man in der Lage auf bereits bestehende Strukturen (sowohl Infrastruktur als auch Personal) aufzusetzen und hat zudem den Vorteil, den jeweiligen Standort bereits zu kennen.
Zu Beginn des Projekts sah das Zielbild 14 Shared Service Locations auf einer globalen Ebene vor. Dieses Zielbild musste während des Projektverlaufs allerdings angepasst werden. Hauptgrund hierfür war eine nicht ausreichende Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal an den vorgesehenen Standorten. Aus diesem Grund hat man sich dazu entschlossen, einige der in Afrika vorhandenen Standorte nicht als SSCF zu gestalten und stattdessen den Standort Dubai als SSCF mit Verantwortung für Afrika stärker auszubauen.
Digitalisierung im SSCF verschiebt Fokus auf hochwertige Dienstleistungen
Die zunehmende Digitalisierung verändert die Erwartungen an die Finanzabteilung. Während früher der Fokus auf der effizienten Erbringung standardisierter Prozesse lag, gehen die Erwartungen heute deutlich weiter. Strategische Einblicke in Echtzeit oder ein effizientes und abteilungsübergreifendes Business Partnering rücken zunehmend in den Fokus des Managements. Um diesen Erwartungen gerecht werden zu können, ist die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse unerlässlich.
Aus diesem Grund ist technologische Exzellenz ein wesentlicher Punkt der Vision des Emirates Finance Shared Service Centers. Dies betrifft im Wesentlichen die Optimierung der bestehenden Prozesse. Es kann aber auch bedeuten, bestimmte Teilprozesse (z.B. Payroll/Entgeltabrechnung) nicht mehr selbst anzubieten, sondern im Wege eines Busines Process Outsourcing durch einen externen Provider erbringen zu lassen.
Auch die internen Prozesse unterliegen einer kontinuierlichen Verbesserung. Die höhere Prozessqualität lässt sich zum Beispiel durch schnellere Durchlaufzeiten, geringere Fehlerquoten oder genauere Analysemöglichkeiten belegen. So wurde die Quote der vollautomatisierten Rechnungen (von Eingang bis zur Auslösung der Zahlung) in der Vergangenheit bereits signifikant erhöht auf heute ca. 45%. Daneben werden auch weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Prozesseffizienz geprüft, wie zum Beispiel die akustische Eingabe von bestimmten Daten, SAP HANA oder auch Robotic Process Automation (RPA). Hierdurch verspricht sich Emirates eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen durch Befreiung der Mitarbeiter von reinen transaktionalen Themen und Fokussierung auf qualitative Dienstleistungen inkl. Compliance und Business Support.
Durch diese Veränderung und den Anspruch eines ganzheitlichen Prozessverständnisses der Mitarbeiter rücken zunehmend tiefere Analysen in den Vordergrund der Aufgabenstellung. Dies betrifft zum Beispiel Analysen der Preissensitivität, also die Frage welche Auswirkung eine Veränderung im Flugpreis auf die Anzahl der Kunden auf der jeweiligen Route hat. Durch solche Analysen ist man in der Lage, den veränderten Erwartungen der Stakeholder noch besser gerecht zu werden und die Wertschätzung gegenüber der erbrachten Dienstleistung weiter zu erhöhen
Herausforderungen
Die zunehmende Digitalisierung des Shared Service Center Finance bietet eine Vielzahl an Optimierungsmöglichkeiten, ruft gleichzeitig aber auch neue Herausforderungen hervor. Um die technologische Exzellenz der Prozesse zu ermöglichen, müssen bestehende Systeme abgelöst und durch neue ersetzt werden, was oftmals mit einer hohen Komplexität und hohen Kosten verbunden ist. Gleichzeitig ist eine harmonisierte Prozesslandschaft mit einheitlichen Standards eine Voraussetzung für hohe Effizienz und Prozessqualität.
Neben den Herausforderungen im technologischen Bereich, muss aber auch der veränderte Umgang mit den Mitarbeitern bedacht werden: Die Digitalisierung bietet Erleichterungen , z.B. weniger Präsenzmeetings durch Videokonferenzen, ständige Erreichbarkeit oder auch flexible Arbeitszeiten und -orte. Andererseits ist darauf zu achten, klare Grenzen der Digitalisierung zu ziehen, um die Mitarbeiter nicht zu überfordern, sondern mitzunehmen. Dazu zählen z.B. regelmäßige persönliche Vor-Ort Kommunikation oder feste Zeiten der Erreichbarkeit.