Nachhaltigkeitsreporting: Faktenbasierte Berichterstattung oder Cheap Talk?
Nachhaltigkeit wird global unterschiedlich bewertet
Wie Ulrich Lehner in seiner Keynote aufgriff, ist der Rollenwandel von CSR ein maßgeblicher Treiber für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der stetig wachsende Adressatenkreis der Berichterstattung dürfe laut Gunnar Friede dabei keinesfalls vernachlässigt werden. Die Frage nach den Adressaten sei dabei keine Entweder-oder-Frage zwischen Share- und Stakeholdern, sondern bringe vielmehr eine gesamtheitliche Betrachtung im Sinne der Unternehmen zum Ausdruck. Aus diesem wachsenden Adressatenkreis resultieren immer komplexere und unstrukturierte Berichtsinhalte, deren Verifizierbarkeit die Wirtschaftsprüfung vor neue Herausforderungen stelle, so Christian Hell. Vor allem moralisch streitige und verschieden bewertbare Inhalte erschweren die dennoch objektive Plausibilisierung der Inhalte – insbesondere in einer globalisierten Welt, in der Werteeinstellungen zwischen Industrie- und Entwicklungsnationen stark divergieren können. Neben der Wertrelevanz der Berichtsinhalte misst Corinna Ewelt-Knauer vor allem der Glaubwürdigkeit eine große Bedeutung bei. Diese sei maßgeblich für die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung und fungiere mithin als entscheidender Indikator einer faktenbasierten Berichterstattung.
Geringe Vergleichbarkeit bleibt große Herausforderung
Eine der größten Herausforderung sei allerdings weiterhin die geringe Vergleichbarkeit der Berichte. Diese resultiere aus den unterschiedlichsten Interessen von Stakeholdern – je nach Branche – und aus den Evolutionsstufen der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Beispielsweise berichten größere Unternehmen bereits auf einem gänzlich anderen Niveau als kleinere und mittelständische Unternehmen, so Christian Hell. Einigkeit herrscht aber auch insbesondere darüber, dass Cheap Talk in der Berichterstattung nicht funktioniere – in der kurzen Frist höchstens vorübergehend. Spätestens langfristig durchschauen Investoren die tatsächliche Fundierung der Berichte und passen ihre Erwartungen an. Aus der Prüfungsperspektive kann Christian Hell diesen Eindruck bestätigen, dass es in der Praxis nahezu keinen Cheap Talk gebe, aber verweist dennoch auf die nur schwierig zu ermittelnde Vergleichbarkeit.
Nachhaltigkeit erfordert verantwortliches Handeln, nicht nur Hochglanz-Leitbilder
Abschließend herrscht Konsens darüber, dass Vorschriften allein nicht ausreichen, um eine faktische Bindung an verantwortliches Handeln zu erreichen. Hier sei eine Einbeziehung von Nachhaltigkeitsindikatoren in die Anreizstrukturen notwendig. Von entscheidender Bedeutung sei es, so Corinna Ewelt-Knauer, dass über die Verantwortung nicht lediglich berichtet wird, sondern dass diese in der gesamten Konzernstruktur gelebt wird – in den Worten Guido Kerkhoffs: „Ein Leitbild an die Wand zu nageln bringt nichts, es muss gelebt werden“.
Veranstaltung und Panel-Teilnehmer im Überblick
Die Campuskonferenz NextGenerationCFO am 21.11.2017 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf stand unter dem Motto „CSR meets Performance!“. Nach den Keynotes zum Auftakt von Ulrich Lehner, Aufsichtsratsvorsitzender der thyssenkrupp AG und der Deutsche Telekom AG, sowie Guido Kerkhoff, Finanzvorstand der thyssenkrupp AG, diskutierten Experten über den vermeintlichen Gegensatz von Corporate Social Responsibility (CSR) und Unternehmensperformance. Das von Daniel Reimsbach, Assistant Professor für Accounting an der Radboud University in Nijmegen, moderierte Panel „Faktenbasierte Berichterstattung oder Cheap Talk: Wie kann glaubwürdige Nachhaltigkeitsberichterstattung funktionieren?“ fokussierte dabei die Glaubwürdigkeit und den tatsächlichen Nutzen von Nachhaltigkeitsinformationen in der externen Unternehmensberichterstattung aus den Perspektiven von Investoren, der Forschung und der Prüfung. Für die wissenschaftliche Perspektive war Corinna Ewelt-Knauer, Professorin für Financial Accounting an der Justus-Liebig-Universität Gießen, vertreten, die Rolle der Investoren hatte Gunnar Friede, Senior Fund Manager von der Deutschen Asset Management, inne und für die Sicht der Wirtschaftsprüfer war Christian Hell als Senior Manager für Sustainability Services von der KPMG an der Diskussion beteiligt.
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