Kassenführung: Einzelaufzeichnungspflicht bei Barverkäufen

Unter der Rubrik „Aus der Praxis ‒ für die Praxis“ greifen wir Kundenanfragen aus dem Bereich Jahresabschluss, Buchhaltung und Steuern auf, die ein Fachautor für uns beantwortet. Heute eine Frage zu der Einzelaufzeichnungspflicht bei Barverkäufen.

Die Frage: Grundsätzliche Einzelaufzeichnungspflicht – nur einzelne Ausnahmen davon?

Folgenden Satz habe ich gelesen: „Keine Einzelaufzeichnungen bei Barverkäufen über den Ladentisch mit offener Ladenkasse“. Ist das korrekt? Besteht nicht grundsätzlich eine Einzelaufzeichungspflicht, von der nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann?

Die Antwort: Es gibt eine Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht

Die Einzelaufzeichnungspflicht und Ausnahmen davon sind in § 146 Abs. 1 AO und im Anwendungserlass dazu geregelt. Dort heißt es: Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln […] vorzunehmen. [...] Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem […] verwendet.

Danach gilt:

Es besteht grundsätzlich die Pflicht zur Aufzeichnung jedes Geschäftsvorfalles.

Wird ein Geschäftsvorfall elektronisch erfasst (z.B. in eine elektronische Kasse eingetippt) besteht weiter die Einzelaufzeichnungspflicht ohne Ausnahme.

Eine Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht ist nur in folgendem Fall möglich:

  1. Der Steuerpflichtige verwendet eine offene Ladenkasse
  2. Es werden Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen verkauft
  3. Die Abrechnung erfolgt über Barzahlung
  4. Es werden tatsächlich keine Einzelaufzeichnungen geführt (s.u. letzter Satz im Anwendungserlass)

Beispielsfall: Verkaufsstelle auf dem Wochenmarkt

Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung führt aus:

2.2.5 Von einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen ist auszugehen, wenn nach der typisierenden Art des Geschäftsbetriebs alltäglich Barverkäufe an namentlich nicht bekannte Kunden getätigt werden. […] Dies setzt voraus, dass die Identität der Käufer für die Geschäftsvorfälle regelmäßig nicht von Bedeutung ist. Unschädlich ist, wenn der Verkäufer aufgrund außerbetrieblicher Gründe tatsächlich viele seiner Kunden namentlich kennt.

2.2.6 Die Zumutbarkeitsüberlegungen, die der Ausnahmeregelung nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO zugrunde liegen, sind grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar.

Es wird vor diesem Hintergrund nicht beanstandet, wenn diese Ausnahmeregelung auf Dienstleistungen angewendet wird, die an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung erbracht werden […] und kein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird. Hierbei muss der Geschäftsbetrieb auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet und der Kundenkontakt des Dienstleisters und seiner Angestellten im Wesentlichen auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränkt sein.

Beispielsfall: Friseur

Einzelaufzeichnungen sind dagegen zu führen, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuell Einfluss nehmen kann.

Auf die Aufzeichnungserleichterung können sich Dienstleister – wie auch Einzelhändler – aber insoweit nicht berufen, als tatsächlich Einzelaufzeichnungen geführt werden.

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