Aktuelle Studie zeigt Veränderungen und Handlungsbedarf für Unternehmen
In allen Unternehmensbereichen wird die Digitalisierung seit Jahren vorangetrieben. So auch im Rechnungswesen. Durch Corona hat die Entwicklung einen besonderen Schub bekommen. Programme und Algorithmen können bereits heute im Rechnungswesen immer mehr Arbeiten übernehmen, auch wenn es noch nicht überall umgesetzt wird. Wie weit die Möglichkeiten der Digitalisierung fortgeschritten sind, zeigt sich z.B., wenn man unter Start | Job-Futuromat (iab.de) mit dem Begriff „Bilanzbuchhalter“ sucht und prüft, welchen Teil der Arbeit Programme heute erledigen können. Stand Februar 2022 sind es etwa 82% bzw. 9 von 11 Kerntätigkeiten (!) wie Buchführung, Jahresabschluss, Finanzplanung, Rechnungslegung. Hinweis: Die Aussagen beziehen sich v.a. auf angestellte Bilanzbuchhalter, da selbstständige Bilanzbuchhalter einige Tätigkeiten nicht ausüben dürfen.
Die Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG gibt einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Digitalisierung im Rechnungswesen. Die Erhebung wird zum fünften Mal erstellt und ermöglicht eine gute Darstellung der bisherigen Entwicklung. Die komplette Studie können Sie hier nach Registrierung herunterladen.
Hintergründe zum Design der Studie
Es wurden 350 Befragungen und 13 Experteninterviews in deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen durchgeführt. Die meisten Teilnehmer kamen aus Unternehmen, die zwischen 500 und weniger als 10.000 Mitarbeiter haben (53%). Auch kleinere Betriebe mit bis zu 499 Mitarbeitern waren zu etwa 35% eingebunden. Bei den Branchen gab es Schwerpunkte bei Banken, Versicherungen, Maschinen- und Anlagenbauern, Elektrotechnik, Baugewerbe, Pharma, Medizin, Handel, Automobil und Rohstoffe. Auch Vertreter aus Tourismus, Logistik und anderen Bereichen waren vertreten.
Knapp ein Drittel der Befragten arbeitet in Familienunternehmen. Sie gehören mehrheitlich leitenden Positionen an (ca. 70%), etwa Finanzvorstände, kaufmännische Leitungen und Leitende im Rechnungswesen.
Die Befragungen werden seit 2017 im Rahmen der jährlich durchgeführten Studien zur Digitalisierung im Rechnungswesen vorgenommen, sodass auch ein Vergleich der aktuellen Ergebnisse mit den Vorjahren möglich ist.
Abgerundet wird die Studie mit Case-Studies, wie Mission Apollo – Leading in Accounting und Sustainability Reporting sowie einem Glossar zu zentralen Begriffen.
Schwerpunktthemen der Digitalisierung im Rechnungswesen
Zunächst haben die Studiendesigner gefragt, welche für die Digitalisierung im Rechnungswesen wichtigen Projekte von den Betrieben umgesetzt oder geplant werden. Die Schwerpunktthemen waren:
- Homogenisierung der Systemlandschaft, z.B. bei ERP-Systemen
- Papierlose Buchhaltung
- Standardisierung von Workflows
- Management der Stammdatenqualität
- Schaffung einer einheitlichen Datenbasis
- Abschaffung von Legacy-Systemen (Altsytemen)
Die Studie zeigt u.a., dass die Homogenisierung der Systeme und die Abschaffung von Altsystemen weitgehend umgesetzt sind. Auch die Aktivitäten zur Einführung einer papierlosen Buchhaltung sind tendenziell fortgeschritten. Bei den anderen Themen gibt es häufig zumindest konkrete Planungen und erste Umsetzungsprojekte.
Vergleich mit den Vorjahren
Die sechs Untersuchungsbereiche werden seit 2018 von den Betrieben benannt. Die aktuelle Studie zeigt daher auch, dass sich an den Prioritäten in den Betrieben wenig geändert hat. Es werden immer noch v.a. Projekte umgesetzt, die notwendig sind, um die Voraussetzungen für die weitere Digitalisierung zu schaffen. Die Umfrage zeigt, dass es signifikante Fortschritte bei der Abschaffung von Altsystemen, der Schaffung einer einheitlichen Datenbasis und der papierlosen Buchhaltung gibt. Die Unternehmen machen beständig Fortschritte, wenn auch oft nur in kleinem Rahmen.
Unternehmen, die Digitalisierungsthemen bereits umgesetzt haben, planen für die Zukunft u.a. verstärkt auf Cloud-Lösungen, Big-Data-Analysetools und regelbasierte Systeme zu setzen, um die Digitalisierung voranzutreiben. Auch Self-Service-Reporting (automatisiertes oder teilautomatisiertes Berichtswesen) sowie lernende Systeme sollen stärker genutzt werden.
Aktuell ist es so, dass es bei vielen Themen keine flächendeckende Nutzung gibt; häufig finden erste Planungen statt oder es gibt Pilotprojekte. Von flächendeckendem Einsatz kann allenfalls bei der Nutzung von Cloud-Lösungen die Rede sein.
Finanzprozesse werden zunehmend digitalisiert
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass immer mehr Finanzprozesse digitalisiert werden oder es zu großen Teilen bereits sind. Manuelle Eingriffe werden bei klassischen Prozessen künftig nur noch punktuell notwendig sein. Das gilt u.a. für die Prozesse Purchase-to-Pay (Bestellung bis Eingangsrechnung), Order-to-Cash (Bestellung bis Zahlung) und Record-to-Report (Sammlung, Verarbeitung, Bereitstellung von Finanzdaten). Hier haben immerhin bis gut 50% der Unternehmen die Abläufe vollständig und bis zu 80% der Betriebe haben die Prozesse teilautomatisiert.
Corona-Pandemie als Digitalisierungstreiber
Corona hat u.a. dazu geführt, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Das lässt sich auch im Rechnungswesen nur dann umsetzen, wenn zentrale Prozesse digital abgebildet werden können. Insofern ist es keine Überraschung, dass die Studie zeigt, dass fast zwei Drittel der befragten Unternehmen angaben, dass die Pandemie die Entwicklung beschleunigt hat. Nur für gut ein Drittel der Firmen hat sich in Bezug auf die Digitalisierung wenig geändert. Als Hemmnisse bzw. Herausforderungen bei der Umsetzung der Digitalisierung gaben die meisten Unternehmen die fehlende Durchgängigkeit digitaler Prozesse, fehlende Digitalisierung von Dokumenten, fehlende technische Ausstattung und Probleme beim Zugriff aus dem Homeoffice an.
Umgekehrt hat die Pandemie u.a. zu einer höheren Akzeptanz für die Durchführung von Digitalisierungsprojekten geführt. Auch die Einsicht in die Umsetzung weiterer Projekte ist gestiegen und die Mitarbeitenden haben sich stärker daran beteiligt. Zudem wurde ausgeführt, dass Mitarbeiter sich neue Kompetenzen angeeignet haben, der Bedarf nach besserer Kommunikation gestiegen und das Thema Erhöhung der Arbeitszeitflexibilität wichtiger geworden ist.
Ein Schwerpunkt der Studie: Papierlose Buchhaltung - Elektronische Rechnungen
Ein Schwerpunkt der aktuellen Studie lag auf der Schnittstelle von Unternehmen zu Lieferanten und Kunden. Hier ist die Umstellung bzw. Einführung digitaler Prozesse oft relativ einfach umzusetzen. Zunächst wurde gefragt, wie viele Rechnungen die Firmen im Schnitt versenden und empfangen; meist waren es 10.000 Dokumente und mehr.
Zwar ist es relativ einfach, zumindest PDF-Rechnungen zu erstellen, zu versenden und zu empfangen. Dennoch zeigt die Studie, dass immer noch rund ein Drittel der Rechnungen per Papier versendet werden. Etwa 50% der Rechnungen werden digital verschickt, etwa als PDF-Datei. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um echte elektronische Rechnungen im Sinne des Gesetzes und sie können nicht automatisch verarbeitet werden. PDF-Dokumente gelten als unstrukturiertes Format und müssen erst in ein verwertbares Format umgewandelt werden, etwa mit OCR-Scannern. Der Anteil echter E-Rechnungen, z.B. XML-, ZUGFeRD-Format, liegt nur bei rund 12%.
Fast 40% der befragten Unternehmen nutzen Plattformlösungen wie xSuite, SAP Ariba oder Kofax für einen digitalen, papierlosen Rechnungsverarbeitungsprozess. Gut 20% der Betriebe planen die Anschaffung einer Plattformlösung.
Beim Rechnungsausgang erstellen immerhin 60% der befragten Unternehmen ihre Rechnungen in einem ERP-System und weitere 10% nutzen eine externe Plattformlösung. Immerhin 7% planen eine derartige Anschaffung.
Rechnungsprüfungen noch überwiegend manuell
Die sachliche und formelle Prüfung der Eingangsrechnungsprüfung wird von der Mehrheit der befragten Unternehmen noch manuell vorgenommen (62% bzw. 54%). Knapp ein Drittel der Betriebe führt die Prüfungen teilautomatisiert durch und nur bei etwas mehr als 10% der Firmen erfolgt die Prüfung bereits vollautomatisch.
Rechnungsausgleich weitgehend automatisch
Für die Bezahlung von Rechnungen nutzen 87% der befragten Betriebe automatisierte Zahlläufe oder Online-Überweisungen (62%). Nur 5% verwenden noch Papier-Überweisungsträger. Die Kontoauszugsverarbeitung erfolgt zu 38% automatisch, zu 36% teilautomatisiert und zu 20% manuell.
Digitalisierung verbessert Durchlaufzeiten deutlich
Insgesamt führt die Digitalisierung im Rechnungsprozess dazu, dass sich die Durchlaufzeiten von Rechnungen verbessert. Knapp 50% der befragten Unternehmen sagen, dass die Verbesserungen hier im mittleren bis starken Bereich liegen. 14% sehen starke Verbesserungen. Ein weiteres Viertel sieht nur leichte Vorteile. Weitere 25% nehmen eine leichte Verbesserung wahr.
Nichtfinanzielle Informationen
Erstmalig wurde das Thema nichtfinanzielle Informationen aufgenommen. Große Unternehmen sind seit Jahresbeginn verpflichtet, in ihrer nichtfinanziellen Erklärung anzugeben, welche Anteile z.B. Umsätze und Kosten, mit gesellschaftlich nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten verbunden sind. Ein Ergebnis ist, dass es hier in weiten Teilen noch an Unterstützung aus der IT fehlt und es nur wenig digitalisierte Prozesse gibt. Die nötigen Erhebungen finden derzeit überwiegend manuell statt und das Thema steht bei vielen Unternehmen noch nicht im Fokus, was sich ändern dürfte, da Nachhaltigkeitsthemen in Gesellschaft und Wirtschaft schnell an Bedeutung gewinnen.
Fazit und Ausblick
Die Digitalisierung ist längst im Rechnungswesen angekommen. Schon heute kann ein großer Teil der Aufgaben von Programmen übernommen werden. Eine aktuelle Studie von KPMG zeigt, dass sich die Mehrzahl der Betriebe darum kümmert, Prozesse und Arbeiten digitaler zu gestalten. Dennoch bleibt viel zu tun. Beispielsweise nutzt noch rund ein Drittel der Betriebe die Möglichkeiten digitaler Rechnungen nicht oder nicht vollständig. Und es ist keine Überraschung, dass v.a. größere Unternehmen die Entwicklung vorantreiben. Die Studie zeigt auch, dass die Umsetzung von Digitalprojekten immer vom Menschen, von Unternehmern und Führungskräften, abhängt. Ohne Begeisterung und Engagement werden notwendige Projekte nur zögerlich vorangetrieben. Dennoch müssen alle Betriebe, unabhängig von Größe und Branche, künftig mehr tun, um digitaler zu werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
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