Es gibt 3 Formen der Prüfungsbeurteilung
Es gibt in der Praxis folgende Formen des Prüfungsurteils:
- uneingeschränkt positive Gesamtaussage (uneingeschränkter Bestätigungsvermerk);
eingeschränkt positive Gesamtaussage (eingeschränkter Bestätigungsvermerk);
nicht positive Gesamtaussage (Versagungsvermerk).
Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks gem. § 322 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind gegeben, wenn
- keine wesentlichen Beanstandungen gegen die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht zu erheben sind und
- keine besonderen Umstände vorliegen, aufgrund derer bestimmte wesentliche Teile der Rechnungslegung nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden können (sog. Prüfungshemmnisse).
Eingeschränkter Bestätigungsvermerk
Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk gem. § 322 Abs. 2 Nr. 2 HGB ist dann zu erteilen,
- wenn wesentliche Beanstandungen gegen abgrenzbare Teile des Jahresabschlusses, Lageberichts oder der Buchführung bestehen.
- wenn abgrenzbare Teile der Rechnungslegung aufgrund besonderer Umstände nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden können (Prüfungshemmnisse).
Zu den wesentlichen Teilen der Rechnungslegung muss jedoch ein Positivbefund möglich sein!
Beanstandungen oder nicht beurteilbare Bereiche müssen wesentlich sein, d. h., festgestellte Mängel oder die nicht hinreichend sichere Beurteilbarkeit abgrenzbarer Teile der Rechnungslegung müssen wegen ihrer Bedeutung zu einer unzutreffenden Beurteilung der Rechnungslegung führen können. Der Bestätigungsvermerk ist nur einzuschränken, wenn die Beanstandungen/Prüfungshemmnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung noch vorliegen.
Einschränkungen müssen begründet und so dargestellt werden, dass ihre Tragweite erkennbar wird. Unter Umständen sind konkrete Zahlenangaben erforderlich.
Beispiele für Einschränkungsgründe:
- mangelhafte Bestandsnachweise bei Vermögensgegenständen;
- keine ausreichende Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften;
- unvollständige Angaben im Anhang (Bezüge des Geschäftsführers) oder Lagebericht;
- fehlende Ordnungsgemäßheit der Buchführung;
- Verletzung von Gewinnverwendungsregeln;
- Prüfungshemmnisse wie unzureichende Erfüllung der Vorlage- und Auskunftspflichten der Unternehmensleitung oder verweigerte Kontaktaufnahme mit Beratern des zu prüfenden Unternehmens.
Wichtig: Hinweise auf Bestandsgefährdungen
Im Rahmen des Bestätigungsvermerks muss auf Risiken, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden, gesondert hingewiesen werden. Dabei genügt es, wenn auf den Lagebericht verwiesen wird.
Hat das Unternehmen im Lagebericht die Gefährdung des Fortbestands nicht angemessen dargestellt, so ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken. Die bestehenden Risiken und ihre möglichen Auswirkungen sind im eingeschränkten Bestätigungsvermerk anzugeben.
Versagungsvermerk
Bei folgenden Sachverhalten muss der Abschlussprüfer einen Versagungsvermerk gem. § 322 Abs. 1 Nr. 3 HGB erteilen:
- Es liegen wesentliche Beanstandungen gegen den Jahresabschluss vor, die sich auf diesen als Ganzes auswirken und so bedeutend oder zahlreich sind, dass eine bloße Einschränkung des Bestätigungsvermerks nicht mehr angemessen ist.
- Die Auswirkungen von vorliegenden Prüfungshemmnissen sind als so wesentlich einzustufen, dass der Abschlussprüfer nicht in der Lage ist, zu einem - ggf. eingeschränkten - Prüfungsurteil mit positiver Gesamtaussage zu kommen.
Alle wesentlichen Gründe für die Erteilung eines Versagungsvermerks sind im ersten Absatz des Prüfungsurteils gem. § 322 Abs. 4 Satz 3 HGB zu erläutern und zu beschreiben.
Beispiel: Versagungsvermerk gem. IDW PS 405 aufgrund von Einwendungen
Versagungsvermerk aufgrund negativer Gesamtaussage: „Meine Prüfung hat zu folgenden Einwendungen geführt: Der Jahresabschluss wurde unzulässigerweise unter der Annahme des Fortbestands der Gesellschaft aufgestellt, obwohl wegen der ungesicherten Liquiditätsausstattung der Gesellschaft hiervon nicht ausgegangen werden kann. Die wirtschaftliche Lage wird auch im Lagebericht nicht zutreffend dargestellt. Die Buchführung der Gesellschaft ist nicht ordnungsgemäß. Da aufgrund dieser Einwendungen eine positive Gesamtaussage zur Rechnungslegung nicht mehr möglich ist, versage ich den Bestätigungsvermerk.
Nach meiner Überzeugung vermittelt der Jahresabschluss kein unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft. Der Lagebericht gibt insgesamt keine zutreffende Vorstellung von der Lage der Gesellschaft und stellt die Risiken der künftigen Entwicklung nicht zutreffend dar.”
Praxis-Hinweis: Obige Formulierungen beim Versagungsvermerk basieren auf IDW PS 405
Beispielhaft können die folgenden Einzelgründe zu einem Versagungsvermerk führen:
- Unvollständige Erfassung von wichtigen Geschäftsvorfällen in der Buchführung.
- Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses sind nicht gewährleistet.
- Aktivposten sind überbewertet oder Passivposten sind unterbewertet bzw. weggelassen (jeweils wesentlich).
- Unvollständige Angaben im Anhang.
Von besonderer Bedeutung ist die Unterscheidung, wann ein Abschlussprüfer einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk und wann einen Versagungsvermerk zu erteilen hat. Grundsätzlich ist darauf abzustellen, ob ein Positivbefund zur Rechnungslegung noch möglich ist oder nicht.
Ausschlaggebend ist, ob die Einwendungen auf Mängeln basieren oder Prüfungshemmnisse sich auf klar abgrenzbare Teile der Rechnungslegung beziehen oder ob klare Abgrenzungen nicht möglich sind. Im Extremfall kann der Prüfer gar kein Urteil abgeben.
Wichtig: Kein Kündigungsgrund bei Streit über Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk
Ein vom Abschlussprüfer angenommener Prüfungsauftrag kann von ihm nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Als wichtiger Grund ist es nicht anzusehen, wenn Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Bestätigungsvermerks, seine Einschränkung oder Versagung bestehen.
Fazit: Konsequenzen eines fehlerhaften Bestätigungsvermerks
Gerichtsurteile und aktuelle Wirtschaftsskandale zeigen, dass Abschlussprüfungen mit fehlerhaften Bestätigungsvermerken für Wirtschaftsprüfer von (börsennotierten) Unternehmen haftungsträchtig sind und sich Abschlussprüfer damit auch schadenersatzpflichtig machen (§823 Abs. BGB i.V.m. § 332 Abs. 1 HGB).
Nach § 332 Abs. 1 HGB wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft, wer als Abschlussprüfer über das Ergebnis der Prüfung eines Jahresabschlusses oder eines Lageberichts unrichtig berichtet, im Prüfungsbericht erhebliche Umstände verschweigt oder einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk nach § 322 HGB erteilt.