BFH: Fälligkeitserfordernis bei EÜR

Mit der Frage, ob bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben eine Fälligkeitserfordernis besteht, hatte sich der BFH in seinem Urteil vom 16.2.2022 auseinander zu setzen.  

Praxis-Hinweis: Betriebsausgaben zwischen einzelnen Geschäftsjahren zu verschieben wird schwieriger

Die Entscheidung des X. Senats des BFH (BFH Urteil vom 16.02.2022 - X R 2/21) erscheint zutreffend, auch wenn sie die Möglichkeiten von Steuerpflichtigen etwas einschränkt, Betriebsausgaben zwischen einzelnen Geschäftsjahren zu verschieben.

Grundsätzlich gilt bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR): Einnahmen und Ausgaben sind dem Jahr der Zahlung bzw. des Eingangs zuzurechnen.

Ausnahmen:

  • Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, wenn diese kurz vor oder nach dem Beginn bzw. Ende des Kalenderjahres erfolgen.
  • Die Zahlung muss dabei maximal 10 Tage vor oder nach dem Ende des Kalenderjahres erfolgen.

Klassische Anwendungsbeispiele sind:

  • Die Miete für den Januar, die bereits im Dezember gezahlt wird,
  • die Umsatzsteuer, die regelmäßig bis zum 10. des Folgemonats zu zahlen ist.

Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG dient insofern der Glättung des Jahresergebnisses.

Bislang war nicht abschließend geklärt, ob es auch erforderlich ist, dass die Zahlung innerhalb des 10-Tages-Zeitraumes fällig wird, wie dies von der Finanzverwaltung stets gefordert wurde und wohl auch vom BFH in der Vergangenheit vertreten wurde. Nunmehr hat der BFH seine Auffassung ausdrücklich bekräftigt. Er begründet dies mit der Vermeidung von Zufälligkeiten. Und in der Tat spricht einiges dafür, diese Ansicht zu teilen. Im Urteilsfall hätte der Kläger die Umsatzsteuer bereits lange zahlen müssen. Dass er dies erst Anfang des folgenden Jahres tat, kann nicht das maßgebliche Kriterium sein, dass dieser Betrag im Jahr der Zahlung als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Hinzuweisen ist darauf, dass ein anderer Senat des BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 1/20 ebenfalls mit dieser Rechtsfrage konfrontiert ist. Insofern bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Rechtsprechung des BFH letztlich entwickelt.   

Zahlung 2018 sollte bei der EÜR 2017 als Betriebsausgabe abgezogen werden

Der Kläger führte im Streitjahr 2017 einen Gewerbebetrieb, dessen Gewinn er durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ermittelte. Die Umsatzsteuer für die Zeiträume Mai - Juli 2017 zahlte er erst am 9.1.2018. Trotzdem machte er diese in seiner EÜR für das Jahr 2017 als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt erkannte dies nicht an. Der Kläger verwies darauf, dass regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, die kurz nach dem Ende des Jahres erfolgt sind, dem vorherigen Jahr zuzurechnen seien. Das Finanzamt blieb bei seiner Rechtsauffassung, auch das FG München bestätigte diese. Der Kläger wandte sich deshalb im Wege der Revision an den BFH.

BFH bestätigte den Betriebsausgabenabzug im Jahr 2018

Der BFH wies jedoch die Revision gegen das Urteil zurück. Das Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass die Umsatzsteuer nicht dem Streitjahr 2017 als Betriebsausgabe zuzurechnen ist. Grundsätzlich sind Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei Gewinnermittlung nach EÜR dem Jahr der Zahlung zuzurechnen.

Von dieser Regelung gibt es insofern eine Ausnahme als nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, sofern der Steuerpflichtige kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung jenes Kalenderjahres geleistet hat.

Die Umsatzsteuervorauszahlungen sind unstrittig grundsätzlich solche regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Ausgabe auch kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres fällig geworden ist. Dies ist hier nicht erfüllt, da die Umsatzsteuer Mai - Juli 2017 bereits im Laufe des Jahres 2017 fällig geworden ist und nicht erst zu Beginn des Jahres 2018. Das Fälligkeitserfordernis ergibt sich dabei aus dem Gesetzeszweck. Würde man auf dieses verzichten, könnten Nachzahlungen von längst fällig gewordenen Verpflichtungen steuerlich auch bei einer Gewinnermittlung nach EÜR geltend gemacht werden, sofern die Zahlung nur innerhalb von 10 Tagen nach dem Ende des Kalenderjahres erfolgt. Dies widerspricht dem Wesen der EÜR.


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