Wann die Umsatzsteuer entsteht
Praxis-Hinweis: Sale-and-lease-back – wann die Umsatzsteuer entsteht
Der Gang zu den Finanzgerichten ist oftmals mühsam und langwierig. So auch hier. Das Streitjahr war 2006, erst im Jahr 2019 gab der BFH der Klägerin abschließend Recht. Bedeutung hat die Entscheidung dabei vor allem deshalb, weil der BFH (BFH Urteil vom 27.11.2019 - V R 25/18) klargestellt hat, wann bei einer Sale-and-lease-back-Gestaltung die Mitwirkungsleistung der Leasinggeberin erfolgt ist.
Eine solche Gestaltung wird aus verschiedenen Gründen immer wieder gewählt. Der wichtigste Grund ist hierbei, bestimmte Bilanzkennzahlen zu gestalten. Insbesondere die Eigenkapitalquote, also der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme, kann beeinflusst werden.
Neben diesen bilanzpolitischen Erwägungen werfen Sale-and-lease-back-Gestaltungen aber auch einige umsatzsteuerliche Fragestellungen auf. Hierbei ist besonders auf die Ausgestaltung im jeweiligen Einzelfall zu achten. So kann es durchaus Gestaltungen geben, in denen man dazu gelangt, dass von einer umsatzsteuerfreien Kreditgewährung auszugehen ist. Dies hat dann die Folgen, die das Finanzamt im Klageverfahren angenommen hat:
- Die Klägerin hätte keine Vorsteuer aus dem Erwerb des Leasinggegenstandes geltend machen können und
- hätte zudem Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen,
- so dass eine Haftung nach § 14c UStG angezeigt gewesen wäre.
Der BFH sah dies allerdings anders als das Finanzamt. Er nahm eine umsatzsteuerpflichtige Leistung der Klägerin an. Strittig war dann allerdings, wann diese Leistung der Klägerin erbracht worden ist. Erst dann muss nämlich die Umsatzsteuer gezahlt werden.
Nach Ansicht des BFH
- ist bei einem Vertrag, der Elemente verschiedener Verträge aufweist, bzw.
- einer Vielzahl von verschiedenen Verträgen, die als Einheit anzusehen sind,
- auf die allgemeinen Grundsätze abzustellen,
- die für zeitlich begrenzte Dauerleistungen gelten.
Nach Ansicht des BFH ist in der Leistung der Klägerin keine Lieferung zu sehen, sondern diese bestand im Kern darin, an einer bilanziellen Gestaltung mitzuwirken. Wann aber ist die Mitwirkungspflicht erbracht? Der BFH kam zu dem Schluss, dass bei diesen Verträgen die Mitwirkungspflicht erst mit der Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt ist, wenn es keine ausdrückliche vertragliche Abrede hierzu gibt. Da eine solche hier nicht bestand, endete die Mitwirkungspflicht frühestens mit der Kündigung im Jahr 2008. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn Teilleistungen vereinbart worden sind. Solche Teilleistungen verneinte der BFH hier aber, da er keine wirtschaftliche Teilbarkeit der Leistungen der Klägerin erkennen konnte. Das Urteil des BFH bietet insofern Rechtssicherheit. Gleichzeitig sollte es aber auch Anlass geben, bestehende Leasingverträge dahingehend zu prüfen, ob die vom BFH angenommene Rechtsfolge auch wirklich gewollt ist. Mithin gilt es zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall die Mitwirkungspflicht auch tatsächlich erst mit der Beendigung der Leistung als erbracht angesehen werden soll – und auch die Umsatzsteuer dann anzumelden und zu zahlen ist. Falls dies nicht gewollt ist, muss eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung getroffen werden.
Finanzamt: Leasinggeber hat wegen Umsatzsteuerfreiheit keinen Vorsteuerabzug
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die elektronische Informationssysteme erwarb und wieder an den Veräußerer zurück verleaste. Dies auch im Streitjahr 2006. Die Klägerin verleaste eine Anlage über 48 Monate zu einer monatlichen Leasingrate von 23.500,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Für den Kauf der Anlage erhielt die Klägerin hierbei ein Darlehen von der veräußernden Gesellschaft. Die Klägerin nahm hierbei an, dass sie eine umsatzsteuerpflichtige Leasingleistung erbrachte. In der ersten Rechnung für den Dezember 2006, die im März 2007 gestellt wurde, wurde die Umsatzsteuer entsprechend dieser Annahme offen ausgewiesen. Die Leasingnehmerin zahlte nur die erste Leasingrate nach Fälligkeit im Jahr 2007, abschließend leistete sie keine Zahlungen mehr. Die Klägerin kündigte daraufhin den Vertrag. In ihrer Umsatzsteuererklärung 2006 erklärte die Klägerin den Umsatz aufgrund des Leasingvertrages.
Das Finanzamt erkannte hingegen lediglich eine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung an,
- versagte den Vorsteuerabzug und
- nahm eine Haftung wegen unrechtmäßig ausgewiesener Umsatzsteuer nach § 14c UStG an.
Die hiergegen nach einem erfolglosen Klageverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg, der BFH hob die Entscheidung allerdings auf. Im zweiten Rechtsgang gab das Finanzgericht sodann der Klage statt. Nun war es an dem Finanzamt sich an den BFH zu wenden.
Entstehung der Steuer mit Beendigung des Rechtsverhältnisses
Der im Wege der Revision angerufene BFH wies diese jedoch als unbegründet ab. Das Finanzgericht hat nach Ansicht des BFH nunmehr zutreffend geurteilt. Die Klägerin hat demnach ihre Leistung bei der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung des sale-and-lease-back als zeitlich begrenzte Dauerleistung nicht im Streitjahr 2006 erbracht, sondern erst mit der Beendigung des maßgeblichen Rechtsverhältnisses. Teilleistungen sind nicht gegeben, auch eine Anzahlung ist nicht erfolgt. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG entsteht die Steuer bei der Berechnung nach vereinbarten Entgelten mit dem Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Bei einer zeitlich begrenzten Dauerleistung (wie hier) entsteht die Steuer erst mit der Beendigung des maßgeblichen Rechtsverhältnisses. Bei dem zeitlich begrenzten Leasingvertrag war dies frühestens mit der Kündigung im Jahr 2008 der Fall.
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