Das Finanzamt muss eine Wohnungsbesichtigung vorher ankündigen
Wenn der Postmann zweimal klingelt
so hieß schon ein Film-Drama Anfang der 1980er Jahre. Im Alltag löst ein solches Klingeln bei vielen Menschen heute jedoch erst einmal freudige Erwartung aus. Immerhin könnte eine schöne Überraschung auf sie warten. Anders sieht das dagegen aus, wenn das Finanzamt in Gestalt des Steuerprüfers vor der Tür steht und Einlass begehrt. In einem solchen Fall läuten bei den meisten eher die Alarmglocken und – egal ob berechtigt oder nicht – sie sehen Ärger auf sich zukommen.
Kontrolle des häuslichen Arbeitszimmers
Unangekündigten Besuch eines sog. Flankenschutzprüfers erhielt eine Frau in ihren privaten Räumen, die selbstständig als Geschäftsführerin eines Restaurants und als Unternehmensberaterin tätig ist. Grund dieser Wohnungsbesichtigung war, dass sie erstmals bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht hatte. Zur weiteren Überprüfung hatte der zuständige Sachbearbeiter Informationen angefordert, worauf die Frau eine Wohnungsskizze eingereicht hatte. Da darin zwar ein Zimmer als Arbeitszimmer bezeichnet wurde, aber kein Schlafzimmer erkennbar war, schickte der Finanzbeamte einen Beamten der Steuerfahndung zur Wohnungsbesichtigung vorbei.
Nachdem der Steuerfahnder sich ausgewiesen hatte, ließ die Unternehmensberaterin ihn schließlich widerspruchslos in ihre 4 Wände. Im Anschluss klagte sie allerdings vor dem Finanzgericht Münster auf Feststellung, dass dieser Wohnungsbesuch ohne vorherige Terminabsprache rechtswidrig war. Die Richter wiesen ihre Klage jedoch ab. Denn sie deuteten den fehlenden Widerspruch an der Haustür als Einwilligung der Frau und konnten daher keine schwerwiegende Grundrechtsverletzung erkennen. Auch ein Feststellungsinteresse lag damit also nicht vor.
Wiederholungsgefahr sorgt für berechtigtes Feststellungsinteresse
Anders sah dies jedoch der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung zum Fall (BFH Urteil vom 12.07.2022 - VIII R 8/19). Denn die Richter sahen die Gefahr einer Wiederholung, da die Frau den Umzug in eine Nachbarwohnung plante. Dies hatte der Steuerfahnder bereits mit dem Hinweis in den Akten vermerkt, dass die dortige Raumaufteilung abzuwarten sei. Mit Blick auf diese Notiz setzten die Richter die Anforderungen mit Blick auf die Wiederholungsgefahr eines erneuten Besuchs niedrig an und kamen so zu dem Ergebnis, dass die Unternehmensberaterin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
Schutz der Wohnung ist zu berücksichtigen
Außerdem sah der Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall die Wohnungsbesichtigung durch den Steuerfahnder als unverhältnismäßig an. Nach ihrer Einschätzung hätten dem Finanzamt mildere Mittel zur Verfügung gestanden, um die offenen Fragen zum Arbeitszimmer zu prüfen. Immerhin hatte die Unternehmensberaterin bereits an der Aufklärung zur Sache mitgewirkt. Zudem war sie steuerlich in der Vergangenheit noch nie negativ aufgefallen.
Da der Schutz der Wohnung schon im Grundgesetz festgelegt wird und somit hohe Priorität genießt, umfasst dies auch das häusliche Arbeitszimmer. Daraus folgt, dass das Finanzamt einem Steuerpflichtigen die Belastung aus einer Wohnungsbesichtigung möglichst ersparen muss. An erster Stelle muss daher immer die Anhörung stehen. Im Anschluss reicht es meist aus, wenn der Sachbearbeiter seine Schlüsse aus den mitgeteilten Informationen zieht. Ist ein Besuch vor Ort dennoch unvermeidbar, sollte dieser vom Veranlagungsbeamten selbst und nicht von einem Steuerfahnder durchgeführt werden, da dies die Betroffenen weniger belastet. Generell gilt dabei, dass eine Besichtigung vorher angekündigt werden muss.
Praxis-Tipp: Was beim häuslichen Arbeitszimmer zu berücksichtigen ist
Steuerpflichtige können ein Arbeitszimmer in ihrer privaten Wohnung unter bestimmten Voraussetzungen in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Das gilt sowohl für Unternehmer wie auch für Arbeitnehmer, wenn sie außerhalb der eigenen 4 Wände über keinen Arbeitsplatz verfügen. Im eigenen Zuhause muss dann jedoch ein abgeschlossener Raum zur Verfügung stehen, der ausschließlich als Arbeitszimmer dient und den Mittelpunkt der Tätigkeit bildet. Ist dies der Fall, können alle Kosten angesetzt werden, die sich auf das häusliche Büro beziehen. Allgemeine Kosten wie Strom und Heizung werden anteilig berücksichtigt. Steht kein Raum in der Wohnung bereit, der den strengen Kriterien eines Arbeitszimmers genügt, können Steuerpflichtige die Home-Office-Pauschale geltend machen. Diese beträgt maximal 600 EUR pro Jahr.
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