Fragen bei der Anwendung des Nullsteuersatzes
Praxis-Hinweis: Komplexe Regeln prüfen und ausgeübte Wahlrechte dokumentieren
Die gesetzliche Neuregelung zur Anwendung eines Nullsteuersatzes bei bestimmten Photovoltaikanlagen hat naturgemäß eine Vielzahl von rechtlichen Zweifelsfragen ausgelöst, die bereits Gegenstand des BMF-Schreibens vom 27.2.2023 (III C 2 – S 7220/22/10002:010) gewesen sind. In diesem Schreiben wurden bereits verschiedene, zentrale Aspekte der neuen Gesetzeslage dargestellt, insbesondere im Hinblick auf den Übergang vom alten zum neuen Recht (vgl. insbesondere auch Abschnitt 12.18 UStAE, der neu in den UStAE eingefügt wurde).
Das nunmehr vorliegende Schreiben ( BMF, Schreiben v. 30.11.2023, III C 2 – S 7220/22/10002:012) ergänzt das vorherige Schreiben um weitere Ausführungen und trifft insbesondere eine Regelung zur Entnahme von Altanlagen, also solchen, die vor dem 1.1.2023 angeschafft worden sind. Die entsprechenden Ausführungen sind zu beachten. Dabei ist es wichtig, die durchaus komplexen Regelungen stets sauber zu prüfen und die Ausübung der gewährten Wahlrechte zu dokumentieren. Hierbei können sich recht schwierige steuerliche Fragestellungen vor allem deshalb stellen, weil Erwerber von kleineren Photovoltaikanlagen in der Vergangenheit regelmäßig auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet haben, um den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können.
Als grundsätzliche Anmerkung zur Rechtslage ist allerdings zu machen, dass die sog. Energiewende ein erstrebenswertes Ziel sein mag. Der Betrieb von kleinen Photovoltaikanlagen dürfte dabei im Hinblick auf die Lösung des Gesamtproblems allerdings nur ein winziger Schritt sein, der im globalen Zusammenhang außer Acht gelassen werden kann. Insofern stellt sich schon die Frage, ob der erhebliche bürokratische Aufwand, der in diesem Zusammenhang betrieben wird, angesichts dringenderer Probleme im nationalen und internationalen Kontext derzeit angemessen ist. Eine Entbürokratisierung, die zur Belebung der Wirtschaft und Verbesserung der Stimmung im Lande beiträgt, sieht sicherlich anders aus.
Hintergrund:
Durch das Jahressteuergesetz 2022 (BGBl. I 2022, S. 2294) wurde die umsatzsteuerliche und die ertragsteuerliche Behandlung des Betriebs von bestimmten, kleineren Photovoltaikanlagen vollständig geändert. Umsatzsteuerlich führen die Änderungen insbesondere dazu, dass ab 1.1.2023 ein Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UstG für Photovoltaikanlagen mit einer maximalen Bruttoleistungen von 30 kWp vorgesehen ist.
BMF-Schreiben:
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens (zunächst Ausführungen in einem allgemeinen Teil, im zweiten Teil Änderungen des UStAE und abschließend Anwendungsregelungen) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Einleitend führt das BMF aus, dass das Schreiben das BMF-Schreiben v. 27.2.2023 ergänzt. Dies gilt zumal im Hinblick auf die Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Rz. 5 des BMF-Schreibens aus dem Februar 2023. Diese Rz sieht ein Wahlrecht im Hinblick auf die umsatzsteuerlichen Folgen einer Entnahme der Photovoltaikanlage aus dem Betriebsvermögen (mit Vorsteuerabzug) vor, wenn 90% des erzeugten Stroms voraussichtlich für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird. Die Ausübung des Wahlrechts ist zu dokumentieren, z.B. durch eine Erklärung gegenüber dem Finanzamt.
- Die Verwendung für nichtunternehmerische Zwecke kann durch eine nicht nur gelegentliche Ladung eines E-Fahrzeugs, dass nicht dem Unternehmen zugeordnet ist, erfolgen.
- Grundsätzlich kann die Entnahme nicht rückwirkend erfolgen. Aufgrund der zuvor ungeklärten Rechtslagen kann ausnahmsweise die Entnahmeerklärung gegenüber dem Finanzamt bis 11.1.2024 rückwirkend zum 1.1.2023 erfolgen.
- Nach Entnahme ist ein Vorsteuerabzug nur in Höhe der unternehmerischen Nutzung und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen möglich.
- Eine gleichzeitige Anschaffung einer Photovoltaikanlage und eines Stromspeichers in einem Werkvertrag stellt eine Sachgesamtheit dar (Abschnitt 3.1. Abs. 1 Satz 4 UStAE). Dies ist in der Aussage neu. Grundsätzlich gilt hier für die Gesamtanlage der Null-Steuersatz. Dies gilt auch für Nebenleistungen (Abschnitt 12.18 Abs. 1 Satz 4 und 5 UStAE).
- Haben Steuerpflichtige vor dem 1.1.2023 zur Regelversteuerung optiert, können sie nicht vor Ablauf der Frist von 5 Jahren die Kleinunternehmerregelung anwenden. Wechseln sie zur Kleinunternehmerregelung nach Ablauf der Frist, liegt - so das BMF -, eine Änderung der Verhältnisse nach § 15a UStG nur dann vor, wenn sich die Anlage zum Zeitpunkt der Option noch im Unternehmen befindet. Dies ist nach wohl überwiegender Ansicht so zu verstehen, dass die Anlage entnommen werden kann, um dann zur Kleinunternehmerregelung zu optieren. Eine anteilige Vorsteuerrückzahlung ist dann bei dieser Reihenfolge nicht erforderlich.
- Grundsätzlich gilt das neue Schreiben in allen offen Fällen. Für bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit der Erweiterung oder Erneuerung des Zählerschranks wird es für Leistungen bis 31.12.2023 nicht beanstandet, wenn die vorherige Verwaltungsauffassung angewendet wird.
Weitere Änderungen des UStAE sind wie folgt erfolgt:
- Der UStAE 12.18 Abs. 1 Satz 1 und 8 wird ergänzt um Ausführungen zu Solar-Dachport- und Solar-Terrassenüberdachungen. Satz 10 und 12 treffen Ausführungen zu Annahmen aus Vereinfachungsgründen für Speicher mit einer Kapazität von mindestens 5 KWh. In Abs. 8 Satz 5 finden sich Ausführungen zur Erweiterung bzw. Erneuerung eines Zählerschranks. Eine Erweiterung des Zählerschranks unterliegt dem Null-Steuersatz. Letztere Aussage ist neu im UStAE.
- Nach Absatz 9 Satz 2 gehören Stromverbraucher für den neu erzeugten Strom zu den wesentlichen Elementen einer Photovoltaikanlagen.
- Boden- und Dacharbeiten unterliegen dem Regelsteuersatz (Abs. 10 Satz 6). Das Beispiel dort wird neu gefasst.
- Abschnitt 14.5. Abs. 8 sieht eine Erleichterung in der Rechnungstellung für Fälle vor, in denen sich der Betrieb ausschließlich auf den Betrieb einer Photovoltaikanlage und steuerfreie Vermietung beschränkt
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