ESG und New Work: Was Investoren von Büroimmobilien erwarten

Die aktuellen Krisen wirken sich weniger auf den noch robusten Büroimmobilienmarkt aus als das Thema Nachhaltigkeit: Zwei Drittel der von Colliers befragten Projektentwickler sehen ESG derzeit als eine der größten Herausforderungen. Auch der New-Work-Trend hat Auswirkungen auf Neubauten.

Die aktuellen Krisen wirken sich auf den Büroentwicklungsmarkt aus, aber noch zeigt dieser sich robust, die Nachfrage bleibt stabil. Die dominierende Herausforderung ist vielmehr die Nachhaltigkeit, wie eine Umfrage von Colliers zeigt. Der Immobiliendienstleister hat die größten deutschen Entwickler und Bestandshalter befragt, die zusammen ein Projektvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro und rund 1,7 Millionen Quadratmeter Bürofläche realisieren.

Trotz der massiven Veränderungen des Marktumfeldes seit Anfang des Jahres sind die Entwickler optimistisch. Insgesamt sei die Flächennachfrage stabil geblieben: Rund zwei Drittel der Befragten registrierten eine weiterhin hohe Nachfrage nach Büroflächen. Projektverzögerungen von mehr als einem Jahr seien eher eine Ausnahme, Renditeaufschläge blieben bei Top-Objekten am geringsten.

Büroprojekte: Trotz hoher Kosten – Qualität geht vor

Gefragt sind laut der Umfrage vor allem Flächen im kleineren und mittleren Segment. Flächen bis 1.000 Quadratmeter hätten sich zu "Stabilisatoren" in der aktuellen Marktphase entwickelt, sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight Germany bei Colliers. Diese hätten seit Jahresbeginn eine weitgehend stabile Nachfrage – anders als Segmente ab 5.000 Quadratmetern, wo die Hälfte der Befragten eine Zurückhaltung spüre. Dies liege an großen Corporates und der öffentlichen Hand, die sich im volatilen Marktumfeld eher abwartend verhielten, so Trumpp. Der Ausblick bis zum Jahresende sei aus Sicht der Befragten insgesamt positiver.

Trotz der Zuversicht: Die steigenden Kosten machen vielen Befragten zu schaffen. So spüren fast drei Viertel die steigenden Baukosten stark. Für zwei von drei Teilnehmern der Umfrage sind die erhöhten Finanzierungskosten ein Problem. Für die Hälfte der Projektentwickler stellen Lieferengpässe eine Belastung dar. Kosteneinsparungen durch geringere Bau- und Ausstattungsqualität stehen für die meisten Entwickler dennoch nicht zur Diskussion. Im Gegenteil, erklärt Stephan Bräuning, Head of Office Letting Germany bei Colliers: "Jeder Fünfte plant die Qualität zu erhöhen, schließlich wollen Arbeitgeber ihre Angestellten mit hochwertigen Flächen zurück ins Büro locken."

ESG und New-Work-Konzepte prägen Büromarkt

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit zeigt sich laut Bräuning in der erhöhten Nachfrage entsprechender Gebäudezertifikate. Das stellt viele Projektentwickler vor große Herausforderungen. Zwei Drittel der Befragten sehen dadurch starke Auswirkungen auf Neubauten und auf Revitalisierungsmaßnahmen im Bürosegment. Auch das mobile Arbeiten verändere die Anforderungen an Büros und stelle knapp die Hälfte der Entwickler vor neue Aufgaben. New-Work-Konzepte haben für rund 40 Prozent der Befragten starke Auswirkungen auf ihre Büroentwicklungen oder Revitalisierungen.

Veränderungen durch die grundsätzliche Unsicherheit im Markt bemerken die Befragten durch längere Mietvertragsverhandlungen: Knapp die Hälfte der Umfrage-Teilnehmer berichtet von einer Zunahme der Verhandlungsdauer über alle Größenklassen hinweg.

Büros: Höhere Mieten, Gleitklauseln, Indexierungen

Zur Kompensation der gestiegenen Kosten erhöht die Mehrzahl der befragten Projektentwickler die Mietpreise. So heben zwei von drei Befragten die Büromieten an. Eine Absenkung kommt bei keinem Entwickler in Frage und nur jeder Zehnte hält eine Anpassung der Mieten für nicht notwendig, bei weiteren zehn Prozent ist dies nicht möglich. Verstärkt zum Einsatz kommen zudem sogenannte Gleitklauseln, bei denen gestiegene Lohn- und Baupreise weitergegeben werden können.

Mehr als ein Drittel der Entwickler plant der Umfrage zufolge, Projekte zu verschieben, besonders bei ausbleibenden Vorvermietungen. Auch aufgrund schärferer Anforderungen der Banken werden die Vorvermietungsquoten heraufgesetzt. Zudem akzeptieren Mieter auch bei neu abgeschlossenen Verträgen Indexierungen: Fast drei Viertel der Befragten greifen derzeit auf dieses Instrument zurück. Als häufigste Alternative wird die Vereinbarung einer Staffelmiete von den Befragten genannt.

"Besonders in den angespannten Büromärkten der Top 7 mit einer hohen Nachfrage und niedrigen Leerständen lassen sich die Angebotsmieten anheben", sagt Trumpp. Die Mehrheit der befragten Entwickler setze diese aber moderat  –zwischen fünf und zehn Prozent – an und orientiere sich dabei an der Inflation. Hohe Mietpreisanpassungen über zehn Prozent blieben eher die Ausnahme.

Büroprojekte: Klein ist "marktgängiger" als groß

Gefragt nach einer Verzögerung von Bau- und Revitalisierungsprojekten im aktuellen Marktumfeld zeigt sich eine angespannte, aber planbare Lage. Dabei kommt es bei in Planung befindlichen Projekten tendenziell häufiger zu Verzögerungen als bei bereits im Bau befindlichen. Hier werden über ein Drittel der Projekte um bis zu ein Jahr nach hinten gestellt. Bei lediglich sechs Prozent planen die befragten Entwickler mit einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren.

Für die befragten Entwickler waren kleinere Objekte seit Jahresanfang marktgängiger als Großprojekte. "Der Markt bleibt auch weiterhin abwartend. Die Befragten rechnen nicht mit einer schnellen Erholung der Investorennachfrage bis Jahresende", sagt Bräuning. Insbesondere bei Anlageobjekten über 100 Millionen Euro erwarteten rund 70 Prozent der Entwickler noch eine weitere Eintrübung, während für geringere Investitionssummen das Stimmungsbild tendenziell positiver sei.

Im Durchschnitt prognostizieren die Büroentwickler bei Core-Investments einen Renditeaufschlag von rund 50 Basispunkten. Core-Plus-Opportunitäten werden bei rund 60 Basispunkten gesehen. Bei Value Add- (plus 94 Basispunkte) und Opportunistic-Deals (plus 126 Basispunkte) werden die höchsten Renditeaufschläge erwartet. Käufer sind nur noch bei steigenden Renditen zum höhere Risiko bereit.


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