3 Fragen an VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler

Powerpoint-Folien nach 17 Uhr, Ex-Geheimagenten, die zu Verwaltern sprechen, während Honorare nicht mehr am Tresen verhandelt werden und bei Eigentümergemeinschaften Damenwahl gilt – ein Berufsbild wandelt sich. 3 Fragen an VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler.

Wenn man sich die Themen beim Verwaltertag anschaut, hat man den Eindruck, als wäre es wieder eine ganz normale Zeit – alles so wie früher?

Martin Kaßler: Wenn ich im Programm lese "Schlussmachen mit Stil, wie Verwaltungen smart ihr Amt niederlegen", kann das durchaus unterhaltsam werden. Wie Verwaltungen häufige Fehler vermeiden, geht in die Richtung. Okay, das hatten wir schon immer, weil nicht jede Verwaltung am Markt hochprofessionell ist. Leider immer noch.

Aber, wenn ich dann den Vortrag sehe "Geheimwaffen der Kommunikation: Sanfte Strategien mit durchschlagender Wirkung" – da spricht ein Ex-Geheimagent, Kriminalist und Vernehmungsexperte zu den Verwaltungen – ich glaube, das gibt Raum für Kreativität und Fantasie. (...) Wir haben versucht, ein Programm zu stricken, das viele Facetten umfasst. Von daher kommen viele Themen vor, die auch in den vergangenen zehn, 15 Jahren immer mal wieder auf der Agenda standen.

Aber de facto ist es so, dass wir an einem Scheideweg stehen, was die Zukunft der Immobilienverwaltung betrifft. (...) Ich gehe davon aus, dass wir vor einer sehr guten Zukunft stehen, aber dass wir die eine oder andere Herausforderung zu leisten haben. Da ist der Klassiker, das Thema Honorierung, und da ist das neue Thema Mitarbeiter – Fachkräftemangel und Digitalisierung. (...) Wir haben die virtuelle Eigentümerversammlung jetzt durchbekommen und die nächste Herausforderung steht vor der Tür: 'Wie gelingt es uns, gemeinsam mit Politik, Gesellschaft und Eigentümern bei den anstehenden Sanierungsaufgaben, dass möglichst kein Eigentümer sein Eigentum verliert?' Das ist für mich das große Fragezeichen der nächsten zehn Jahre.

"Eine Verwaltung muss sich das bezahlen lassen"

Ihr sagt immer wieder, dass Verwalter unterbezahlt sind. Warum denn eigentlich? Ihr könnt jetzt, wo es doch so wenig Verwaltungen gibt, Kunden mehr denn je aussuchen. Ihr könnt doch die Preise bestimmen.

(...) Die Verwaltungen wissen, dass sie an der Preisschraube drehen müssen. Wobei ich das nicht negativ sehe in dem Moment, wo ich einen besseren Service für die Eigentümergemeinschaften anbieten kann, (...) mit Versammlungen, die virtuell sind. Umso mehr Ausgaben und Kosten habe ich, und die gilt es umzusetzen. Das war lange Zeit ein Problem der Immobilienverwaltungen: Die Transparenz der eigenen Kosten.

Ich empfehle immer – da bin ich dann bei der klassischen Excel-Tabelle –, in jeder Eigentümerversammlung ganz klar aufzuzeigen: 'Was kostet eigentlich Immobilienverwaltung?' Das fängt in dem Moment an, wo ich einen Mitarbeiter zur Weiterbildung schicke, weil der Gesetzgeber eine neue Maßnahme beschlossen hat. Das ist das Umsetzen von Vorgaben im Sinne der Eigentümer. Und selbstverständlich muss eine Verwaltung sich das bezahlen lassen.

Wir hatten früher immer das Thema, so habe ich es auch noch kennengelernt, als ich anfing in der Branche: Eine Eigentümergemeinschaft sucht einen Verwalter. Dann stehen da drei, vier Verwalter in der Bar an einem Tresen – so war es früher – und haben eine Cola getrunken und sich gegenseitig gesagt, dass sie 15, 18 oder 22 Euro anbieten. Wenn heute eine Gemeinschaft ein Verwalter sucht, geht es weder an den Tresen in einer Kneipe noch stehen vier in einer Reihe, die sich austauschen und einen Preis anbieten.

Wir haben einen Wandel. So, wie wir einen Arbeitnehmermarkt haben und keinen Arbeitgebermarkt mehr. Wenn es um die Einstellung oder um Berufswege geht, haben wir heute einen Verwaltermarkt und keinen Eigentümermarkt mehr. Das heißt, die Gemeinschaften suchen sich ihre Verwalter nicht mehr aus, sondern umgekehrt ist es der Fall. Und dafür habe ich hart gekämpft, dass es so kommt. Ein großer Meilenstein war die WEG-Reform mit der Änderung des § 27, dass die Rechte und Pflichten des Verwalters nicht mehr auf Ewigkeit in Stein gemeißelt sind.

Das bietet uns viel mehr Möglichkeiten, betriebswirtschaftlich zu denken und entsprechende Angebote an die Gemeinschaften zu offerieren. Und von daher glaube ich, dass wir – unabhängig vom Fachkräftemangel – in der Vergütungsstruktur deutlich nach oben gehen werden und auch müssen, damit alle beteiligten Parteien am Ende des Tages zufrieden sind. (…) Wir sind in einer freien Marktwirtschaft. Und es obliegt der Verwaltung, ihr Angebot zu unterbreiten. Oder auch nicht.

Ich kenne verrückte Sachen. In Hamburg gibt es einen Verwalter, der bietet nur noch mit 1.000 Euro monatliche Grundgebühr an (...). Und er hat von 60 Prozent, wo er sich beworben hat, einen Zuschlag bekommen, auch unabhängig von der Größe der WEG. Zunächst klingt das völlig irre, aber der Markt ist auch im Preis im Wandel. Und eigentlich ist es auch schön, das zu sehen.

"Eigentümerversammlung nicht vor 17 Uhr: falscher Ansatz"

Das deutet darauf hin, dass der Beruf des Verwalters eigentlich immer attraktiver wird. Auf der anderen Seite steht unter anderem noch das Thema Beginn einer Wohnungseigentümerversammlung im Raum mit den ganzen Pros und Cons – siehst Du da eine Möglichkeit?

Die Attraktivität steigt so, weil wir in den vergangenen Jahren viele Dinge umsetzen konnten. Das ist die Reform, das ist die virtuelle Versammlung, die ein absoluter Meilenstein ist – auch im Blick auf den Fachkräftemangel. Und das nächste Thema, das wir uns ausgeschaut haben, ist eben das Thema Versammlungszeiten, weil die herrschende Meinung immer noch davon ausgeht, bis auf wenige Ausnahmefälle: Erst ab 17 Uhr.

Ich bin immer wieder erschüttert, wenn mir Verwaltungen einzelne Powerpoint-Folien als Fotografie zuschicken von einem Vortrag, bei dem der Referent sagt: 'Hey, ihr dürft eure Versammlung erst nach 17 Uhr beginnen.' Da frage ich mich doch, wer hier für wen spricht. Und wenn auf Veranstaltungen, wo Verwalter sitzen, immer noch Juristen sagen, nicht vor 17 Uhr, dann ist es der falsche Ansatz. Man muss darüber nachdenken, was geht, um die Versammlung vor 17 Uhr durchführen zu können und sich fragen: 'Wie kann ich das einrichten?'

(...) Bereits heute machen ungefähr 35 bis 36 Prozent der Verwaltungen ihre Gemeinschaften vor 17 Uhr. Und auch diese Möglichkeit gibt es: Mehr als 90 Prozent der Verwaltungen, die eine neue Gemeinschaft annehmen, machen es zur Pflicht, dass die Versammlung vor 17 Uhr stattfindet.

(...) Wenn wir einen exorbitanten Fachkräftemangel haben, wenn wir sehen, dass mehr als 40 Prozent der Stellen nicht besetzt werden können in der Immobilienverwaltung, dann muss ich über einen neuen Ansatz nachdenken. Das ist mein Job. Und mein Job sagt mir in diesem Fall: 'Hey, wir haben wenig Mitarbeiter, wir haben einen hohen gesetzgeberischen Anspruch.' Es stellt sich auch die Frage, ob eine jährliche Versammlung überhaupt noch ausreichen wird in den nächsten Jahren. Ich glaube, nein. Also müssen wir doch gemeinsam schauen mit den Gemeinschaften. Wie bekommen wir das geregelt? Und in Zeiten von mobilen Arbeiten, Teilzeitarbeit, Work Life Balance ist es durchaus vermittelbar, dass auch Eigentümergemeinschaften sich vor 17 Uhr treffen. Und sie können das jetzt, wenn sie wollen, virtuell tun.



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