Auch „Ein-Euro-GmbH“ kann WEG-Verwalter sein
Hintergrund: Eigentümer bestellen UG zum Verwalter
Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen die Bestellung eines neuen Verwalters.
In einer Eigentümerversammlung am 26.9.2009 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich, eine im April 2009 gegründete Unternehmergesellschaft – kurz: UG - (haftungsbeschränkt) zum Verwalter zu bestellen. Die Gesellschaft verfügt über ein Stammkapital von 500 Euro. Der Geschäftsführer der UG, der nach eigenen Angaben seit langem als Verwalter tätig ist, war nicht bereit, die persönliche Haftung für die Gesellschaft zu übernehmen. Auch eine Haftpflichtversicherung wies die Gesellschaft nicht nach.
Ein Wohnungseigentümer hat den Bestellungsbeschluss angefochten.
Entscheidung: UG kann grundsätzlich Verwalter sein
Der BGH gibt der Anfechtungsklage statt. Die Bestellung der UG als Verwalter entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters ist am Maßstab einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu messen. Die Eigentümer haben nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Tätigkeit der Verwaltung diesen Grundsätzen entspricht, sondern auch darauf, dass der Verwalter selbst diesen Anforderungen genügt. Daran fehlt es, wenn ein wichtiger Grund gegen die Bestellung spricht. Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, bestimmt sich nach den für die Abberufung des Verwalters geltenden Grundsätzen. Dabei steht den Eigentümern ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.
Vorliegend haben die Eigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschritten. Die Verwalterwahl widerspricht aber nicht schon deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil eine haftungsbeschränkte UG zum Verwalter gewählt worden ist. Zwar muss eine UG nicht das für eine GmbH erforderliche Mindeststammkapital von 25.000 Euro haben, sondern nur das in der Satzung vorgesehene Stammkapital, das auch nur 1 Euro betragen kann. Hieraus folgt aber nicht, dass einer UG generell die für einen geordneten Geschäftsbetrieb als WEG-Verwalter erforderliche finanzielle Ausstattung abzusprechen ist.
Rechtsform allein ist nicht entscheidend
Ob der vorgesehene Verwalter seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, bestimmt sich nicht nach der Rechtsform, sondern nach den finanziellen Mitteln, über die er verfügt, nach dem Kredit, den das Unternehmen in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die es stellen kann. Eine UG kann auch bei einem sehr niedrig angesetzten Stammkapital eine ausreichende Bonität haben, etwa weil sie selbst ausreichende andere Mittel hat oder weil sich der Geschäftsführer für die Gesellschaft verbürgt hat. Diese Bonität kann bei einem Einzelkaufmann, der nicht über ausreichendes Vermögen oder über Sicherheiten verfügt, ebenso fehlen wie bei einer „normalen“ GmbH, deren Bestellung als Verwalter aber nicht schon an der Rechtsform scheitert.
Im Zweifelsfall müssen Eigentümer Bonität prüfen
Im vorliegenden Fall widersprach die Verwalterbestellung deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Eigentümer nicht hinreichend geprüft hatten, ob die UG über die erforderliche Bonität verfügt. Wie sich die Wohnungseigentümer Gewissheit verschaffen, ob das als Verwalter in Aussicht genommene Unternehmen diesen Anforderungen genügt, bestimmen sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst. Sie sind deshalb einerseits nicht gezwungen, stets einen Bonitätsnachweis einzuholen; sie könnten darauf etwa bei einem eingesessenen als solide bekannten Unternehmen gleich welcher Rechtsform verzichten. Andererseits dürfen die Wohnungseigentümer ein Unternehmen nicht aufs Geratewohl bestellen und sich über Zweifel an der Bonität ohne weiteres hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität des als Verwalter vorgesehenen Unternehmens gleich welcher Rechtsform zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt.
Diesen Anforderungen sind die Wohnungseigentümer hier nicht gerecht geworden. Der Geschäftsführer der UG wollte seine Dienste nicht als Einzelkaufmann, sondern durch eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft anbieten, die erst wenige Monate zuvor errichtet worden war. Er war auch nicht bereit, die persönliche Haftung für die Gesellschaft zu übernehmen. Die Stammeinlage der Gesellschaft von 500 Euro reichte für sich genommen nicht aus, um einen dauerhaft ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb und Ersatz im Haftungsfall sicherzustellen. Eine Haftpflichtversicherung war bei der Beschlussfassung über die Bestellung nicht nachgewiesen.
Eigentümer hätten Bonität klären müssen
Das alles muss nicht bedeuten, dass die als Verwalter bestellte UG tatsächlich keine ausreichende Bonität hat. Die Wohnungseigentümer durften aber die Bonität nicht unterstellen. Sie mussten sie vielmehr klären. Wie sie zu dem erforderlichen Kenntnisstand gelangen, entscheiden sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst. Hier lagen ihnen nur Erkenntnisse vor, die Zweifel an der Bonität weckten. Sie durften deshalb die Bestellung auf dieser Grundlage nicht beschließen.
(BGH, Urteil v. 22.6.2012, V ZR 190/11)
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