Auch nur gelegentliche Nutzung kann Eigenbedarf begründen
Hintergrund
Der Vermieter einer 5-Zimmer-Wohnung in bevorzugter Lage in Wiesbaden verlangt vom Mieter nach einer Kündigung die Räumung.
Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, ist seit Langem im Familienbesitz und im Wege der Erbfolge auf die drei Kinder des Vermieters übergegangen. Dem Vermieter steht ein Nießbrauchsrecht zu.
Der Vermieter lebt in Finnland, ebenso seine drei Kinder, die ihrerseits insgesamt sechs Kinder haben. Zwei der Wohnungen in dem Haus nutzen der Vermieter und seine Kinder für gelegentliche Aufenthalte in Wiesbaden. Zweimal jährlich finden dort für jeweils ein bis zwei Wochen Familientreffen statt. Insgesamt hat die Familie eine starke Bindung zu Wiesbaden.
Im August 2014 erklärte der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs. Er benötige eine weitere Wohnung in dem Haus für die Familien seiner Kinder, um deren Aufenthalte in Wiesbaden sicherzustellen. Die bisher hierzu von seinen Kindern und deren Familien genutzte Dachgeschosswohnung sei für sechs Erwachsene und vier Kinder zu klein. Zudem würden nach der Familienplanung für die nächsten Jahre weitere vier (Enkel-)Kinder erwartet.
Wegen der mehrere Generationen übergreifenden Beziehung der Familie zu Wiesbaden und der über Generationen wiederkehrenden Aufenthalte der Familie in Wiesbaden liege ein zulässiger Eigenbedarf vor. Dieser sei nach der individuellen Lebensgestaltung des Vermieters und seiner Familie auch nicht überhöht.
Entscheidung
Der geltend gemachte Eigenbedarf ist begründet. Die Kündigung ist wirksam.
Die Kinder und Enkel des Vermieters sind Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Der Vermieter kann daher die Eigenbedarfskündigung auf die beabsichtigte Nutzung der Wohnung durch diese Personen stützen.
Die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung der Wohnung als Zweit- und Ferienwohnung stellt einen zulässigen Eigenbedarf dar. Ein Benötigen der Räume als Wohnung setzt nicht voraus, dass der Vermieter oder eine sonstige Bedarfsperson in der Wohnung den Lebensmittelpunkt begründen will. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Eigennutzungswunsch von vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen getragen wird und nicht rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist hier der Fall.
Angesichts der besonderen Verbundenheit des Vermieters und seiner Familie mit Wiesbaden und mit dem dortigen, schon seit langer Zeit im Eigentum der Familie stehenden Anwesen sowie angesichts der Größe der Familie und deren wirtschaftlicher Verhältnisse ist der Eigennutzungswunsch von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen und nicht missbräuchlich. Insbesondere ist der geltend gemachte Wohnbedarf nicht weit überhöht.
(BGH, Beschluss v. 21.8.2018, VIII ZR 186/17)
Lesen Sie auch:
Bundesverfassungsgericht: Eigenbedarf auch für Zweitwohnung möglich
Eigenbedarf: BGH stärkt Vermieter
BGH: Eigenbedarfskündigung kippt durch Verletzung der Anbietpflicht nicht mehr
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
2.137
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.827
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
1.212
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.153
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
1.145
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.124
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
977
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
858
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
811
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
810
-
Vermieter können DDR-Mietvertrag nach BGB kündigen
08.01.2025
-
Prozesse im Wohnungseigentum: Gesetzgeber ist oft überfordert
06.01.2025
-
BGH segnet Berliner Mietpreisbremse ab
23.12.2024
-
Betriebskosten um zehn Prozent gestiegen
20.12.2024
-
GdWE muss Haus errichten, wenn es zumutbar ist
20.12.2024
-
Gedenkstein darf im WEG-Ziergarten stehen
11.12.2024
-
Anfechtungskläger muss bei langsamem Gericht nachhaken
04.12.20241
-
BGH-Urteile zu Betriebskosten
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu Schönheitsreparaturen und Mängeln
01.12.2024
-
BGH-Urteile zu Kündigung
01.12.2024