Bauliche Veränderung - Ohne Zustimmung keine Zahlungspflicht
Hintergrund
Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine Jahresabrechnung, in der er mit Kosten für eine bauliche Veränderung belastet wird.
Die Eigentümer hatten im November 2007 beschlossen, das gemeinschaftliche Schwimmbad zu sanieren. Zusätzlich sollte dieses um einen Ruheraum erweitert werden. Zur Finanzierung wurde eine nach Miteigentumsanteilen bemessene Sonderumlage beschlossen. Der nun klagende Eigentümer stimmte diesen Beschlüssen nicht zu.
In der Eigentümerversammlung 2010 beschlossen die Eigentümer die Jahresabrechnung 2009. In dieser waren die Kosten der Schwimmbadsanierung und -erweiterung ohne entsprechende Differenzierung enthalten und wurden nach Miteigentumsanteilen auf die Eigentümer verteilt.
Der klagende Eigentümer, auf den 8.600 Euro entfallen, richtet eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung, soweit dieser die Einzelabrechnungen 2009 bezüglich der Verteilung der Gesamtkosten für die Schwimmbadsanierung und -erweiterung betrifft. Er meint, für die Kosten der Schwimmbaderweiterung müsse er nicht anteilig aufkommen, weil er der Maßnahme nicht zugestimmt habe.
Entscheidung
Der BGH gibt der Anfechtungsklage statt. Der Eigentümer muss sich nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG nicht an den Kosten für die Schwimmbaderweiterung beteiligen.
Eine Kostenbefreiung nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG setzt voraus, dass die Schwimmbaderweiterung eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist. § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG ist nämlich weder auf Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandsetzung und Instandhaltung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG (BGH, Urteil v. 13.5.2011, V ZR 202/10) noch auf Maßnahmen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG (Modernisierung bzw. Anpassung an den Stand der Technik) anwendbar. Die Erweiterung des Schwimmbads war hier als eine solche bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG einzustufen.
Ob die in § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG vorgesehene Kostenbefreiung auch zugunsten derjenigen Wohnungseigentümer eintritt, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben, obwohl dies gemäß § 14 Nr. 1 WEG erforderlich gewesen wäre, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, die Vorschrift sei nur auf diejenigen Wohnungseigentümer bezogen, die der Maßnahme mangels Beeinträchtigung nicht zustimmen mussten.
Nach Auffassung des BGH hängt die Kostenbefreiung aber nicht davon ab, ob die Zustimmung des Wohnungseigentümers zu der Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich war oder nicht. Maßgeblich ist nur, dass der Wohnungseigentümer einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht zugestimmt hat, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird oder nicht.
Zwar wird die Kostentragung häufig erst nach Durchführung der Maßnahme im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung geregelt. Auch kann die Kostenbefreiung einzelner Wohnungseigentümer Folgeprobleme im Hinblick auf den Gebrauch der baulichen Maßnahme nach sich ziehen. Eine Differenzierung, ob ein Eigentümer zustimmungspflichtig ist oder nicht, hätte aber zur Folge, dass ein Wohnungseigentümer, der besonders beeinträchtigt wird, durch einen rechtswidrigen Beschluss Kostennachteile hinnehmen müsste.
Für die Anwendung von § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG ohne Differenzierung spricht auch, dass es dann nicht auf die oft schwierig zu beantwortende Frage ankommt, ob ein Wohnungseigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus beeinträchtigt wird. Auch muss dann der Beschluss über die bauliche Maßnahme nicht allein im Hinblick auf die Kostenfolge angefochten werden.
Schließlich ist zu bedenken, dass § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG einen begrenzten Anwendungsbereich hat, weil sich die Norm allein auf bauliche Veränderungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bezieht.
Ohnehin steht es den Wohnungseigentümern frei, gemäß § 16 Abs. 4 WEG mit qualifizierter Mehrheit eine Kostenverteilung zu beschließen, die dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs Rechnung trägt; auch in diesem Fall ist § 16 Abs. 6 Satz 1 WEG unanwendbar (§ 16 Abs. 6 Satz 2 WEG).
(BGH, Urteil v. 11.11.2011, V ZR 65/11)
§ 16 Abs. 6 WEG:
Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden.
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