BGH: Für WEG-Sachen immer zentrales Berufungsgericht zuständig

Ob für die Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts das zentrale WEG-Berufungsgericht zuständig ist, richtet sich allein danach, ob es sich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit handelt. Es ist unerheblich, wenn am Amtsgericht nicht die für solche Verfahren zuständige WEG-Abteilung entschieden hat.

Hintergrund

Zwei Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft streiten über die Art und Weise der Nutzung von Parkplätzen, die im Gemeinschaftseigentum stehen.

Das AG Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 15.7.2014 abgewiesen. Dabei hat nicht die Abteilung für Wohnungseigentumssachen, sondern die für allgemeine Zivilsachen zuständige Abteilung entschieden.

Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil bezeichnet das Landgericht Frankfurt (Oder) als zuständiges Berufungsgericht. Das Landgericht Frankfurt (Oder) ist im dortigen Bezirk zentrales Berufungsgericht für wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten. Das Urteil ist dem unterlegenen Eigentümer am 21.7.2014 zugestellt worden.

Am 8.8.2014 hat der Kläger beim LG Potsdam Berufung eingelegt und mitgeteilt, dass er von dessen Zuständigkeit ausgehe. Es handele sich um eine allgemeine Zivilsache, weil in erster Instanz nicht die Abteilung für Wohnungseigentumssachen, sondern das Prozessgericht tätig geworden sei. Zugleich bat er darum, vorab über die Zuständigkeit zu entscheiden, den Rechtsstreit ggf. an das für Wohnungseigentumssachen zuständige Landgericht Frankfurt (Oder) zu verweisen oder einen rechtzeitigen richterlichen Hinweis zu erteilen.

Am 13.10.2014 hat das LG Potsdam auf seine Unzuständigkeit hingewiesen und angekündigt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Daraufhin hat der Kläger am 29.10.2014 beim LG Frankfurt (Oder) Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Beide Gerichte haben die Berufung als unzulässig verworfen - das LG Potsdam mangels Zuständigkeit, das LG Frankfurt (Oder) wegen Versäumens der Berufungsfrist.

Entscheidung

Auch vor dem BGH hat der Kläger keinen Erfolg. Beide Landgerichte haben die Berufung zurecht als unzulässig verworfen.

Ob das zentrale Berufungsgericht für WEG-Sachen zuständig ist, richtet sich allein danach, ob es sich inhaltlich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 bis 4 oder Nr. 6 WEG handelt. Dagegen ist es unerheblich, wenn - wie hier - in erster Instanz nicht der nach dem Geschäftsverteilungsplan für diese Streitigkeiten zuständige Amtsrichter entschieden hat.

Zuständig für die Entscheidung über die Berufung ist somit das erst nach Ablauf der Berufungsfrist angerufene LG Frankfurt (Oder), weil der Streit der Parteien eine Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG ist. Zu den Wohnungseigentumssachen gehören Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Um eine solchen Streitigkeit geht es hier, weil die Parteien über die Nutzung des Gemeinschaftseigentums zum Parken streiten.

Das LG Frankfurt (Oder) hat zurecht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Rechtslage war eindeutig und die Rechtsmittelbelehrung des Amtsgerichts richtig. Die Versäumung der Berufungsfrist wurde somit vom Anwalt des Klägers verschuldet.

Das zuerst angerufene LG Potsdam musste die Sache auch nicht an das LG Frankfurt (Oder) verweisen. Eine Verweisung wäre nur angezeigt gewesen, wenn die Frage, ob eine Streitigkeit im Sinne der genannten Regelungen vorliegt, für bestimmte Fallgruppen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und man über deren Beantwortung mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein kann. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

(BGH, Beschluss v. 12.11.2015, V ZB 36/15)

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Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht, Berufung