BGH: Kündigung auch bei unverschuldeter Geldnot zulässig

Der Vermieter einer Wohnung darf auch dann fristlos kündigen, wenn der sozialhilfeberechtigte Mieter die Miete nicht pünktlich zahlen kann, nachdem er zwar rechtzeitig Sozialhilfe beantragt hat, diese aber nicht rechtzeitig bewilligt worden ist.

Hintergrund

Der Vermieter verlangt vom Mieter die Räumung einer Wohnung. Das Mietverhältnis über die Wohnung mit 140 Quadratmetern Wohnfläche besteht seit Dezember 2010. Die Nettomiete liegt bei 1.100 Euro, zuzüglich Betriebskosten von 180 Euro sowie 50 Euro Miete für eine zugehörige Garage.

Seit Oktober 2011 bezog der Mieter Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Seit Januar 2013 leitete er die für seine Wohnung bestimmten Zahlungen nicht mehr an den Vermieter weiter, woraufhin dieser das Mietverhältnis im April 2013 wegen Zahlungsverzuges fristlos kündigte und Klage auf Räumung sowie Zahlung der Mieten für Januar bis Mai 2013 erhob. Nach Zustellung der Klage gab das Jobcenter eine Verpflichtungserklärung ab, dass es die aufgelaufenen Mietschulden übernehmen werde.

Nachdem seit Juli 2013 das Sozialamt für den Mieter zuständig geworden worden war, beantragte er bei diesem Sozialhilfe einschließlich der Übernahme der Wohnungskosten, was das Sozialamt ablehnte. Schließlich verpflichtete das Sozialgericht die Stadt per einstweiliger Anordnung am 30.4.2014, die Mieten von September 2013 bis Juni 2014 zu zahlen.

Zwischenzeitlich hatte der Vermieter, gestützt auf rückständige Mieten für Oktober 2013 bis März 2014, am 12.3.2014 erneut die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt.

Entscheidung

Der BGH gibt dem Vermieter Recht. Der Mieter muss die Wohnung räumen.

Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigung vom 12.3.2014 beendet. Zu diesem Zeitpunkt war der Mieter mit den Mieten für Oktober 2013 bis März 2014 in Verzug, sodass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung bestand.

Dem Verzugseintritt steht nicht entgegen, dass der Mieter auf Sozialleistungen angewiesen war, um die Miete zu entrichten, und diese rechtzeitig beantragt hatte. Zwar kommt der Schuldner nur in Verzug, wenn er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten hat. Bei Geldschulden befreien jedoch wirtschaftliche Schwierigkeiten den Schuldner auch dann nicht von den Folgen verspäteter Zahlung, wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruhen. Vielmehr hat jedermann nach dem Prinzip der einer Geldschuld zugrunde liegenden unbeschränkten Vermögenshaftung  ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen. Das Prinzip „Geld hat man zu haben“ gilt auch für Mietschulden.

Bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges findet auch keine Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter statt. Vielmehr geht das Gesetz davon aus, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist, sobald Verzug in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB genannten Höhe vorliegt. Der Schutz des (nicht rechtzeitig zahlenden) Mieters vor dem Verlust der Wohnung wird vielmehr ausschließlich dadurch sichergestellt, dass der Mieter einmalig innerhalb von zwei Jahren eine fristlose Kündigung durch vollständige Zahlung der Rückstände unwirksam machen kann (§ 569 Abs. 3 BGB). Vorliegend war bereits die Kündigung vom April 2013 durch die Verpflichtungserklärung des Jobcenters unwirksam geworden, sodass die Kündigung vom 12.3.2014 nicht mehr durch Zahlung beseitigt werden konnte.

(BGH, Urteil v. 4.2.2015, VIII ZR 175/14)


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